Tenebra 2 - Dunkle Reise
einer nach unten weisenden Pfeilspitze und eine quer darüber. Wir standen da und starrten lange das Zeichen an, während ich das gleiche Zeichen befingerte, das in meine Schwertklinge geätzt war.
»Ich machte mir Gedanken, woher Kaitief gewusst haben konnte, dass es eine alte Straße durch die Moore der westlichen Marken gab«, bemerkte Silvus schließlich.
»Die Unterirdischen waren ihre Erbauer?«
»Ich vermute, dass sie damals nicht die Unterirdischen waren«, erwiderte Silvus trocken.
Silvus zeigte mir, wie man die Wurzelknolle verwendete, um zu einem Abendessen zu kommen. Zuerst machte er Einschnitte rund um die Wurzelknolle, dann erwärmte er sie in einem Kochgeschirr mit Wasser über einem Feuer zu Badetemperatur. Es war ein sehr kleines Feuer, das erste, das wir uns erlaubten. Saft sickerte aus der Knolle und färbte das Wasser allmählich blassbraun wie Rainfarntee. Danach stellte Silvus das Kochgeschirr für eine Stunde beiseite, bevor er schließlich die Knolle herausnahm und das Kochgeschirr zum Tümpel trug und die Flüssigkeit in den Zulauf schüttete. Darauf warteten wir wieder.
Bald erschienen Fische an der Oberfläche des Tümpels. Döbel, Weißfische, Barsche, ein oder zwei Gründlinge. Alle bewegten sich schwach und zittrig. Wir brauchten nur einen langen Zweig, um sie ans Ufer zu holen.
»Sind sie vergiftet?«, fragte ich Silvus.
»Nicht ganz«, antwortete er. »Gelähmt. Wenn wir sie in Ruhe lassen, verliert es sich bald, und sie können wieder schwimmen. Wir sollten sie jedoch gut kochen, weil Hitze den Saft zersetzt. Aber da haben wir unser Abendessen.«
Wir holten die größeren Fische heraus und kochten sie, bevor wir sie an Stecken über dem Feuer brieten. Die warme Mahlzeit schmeckte nach der langen Zeit wundervoll.
Früh am Morgen waren wir bereit aufzubrechen.
Die Rollen mit dem Bettzeug und das Essgeschirr waren rasch verstaut, und ich hatte bereits einige Zeit damit verbracht, die Spuren der Feuerstelle so weit wie möglich unsichtbar zu machen, indem ich die Asche mit Erde und verstreuten Zweigen und Blättern bedeckte. Feuer sind in mehr als einer Hinsicht zweischneidige Schwerter und bedeuten immer ein Risiko. Nicht so sehr wegen der Gefahr, gesehen zu werden, solange es brannte, da wir es erst nach dem Dunkelwerden anzündeten und gut abschirmten, sondern weil die Feuerstelle vor einem erfahrenen Fährtensucher unmöglich zu verbergen war, der sie auch noch nach Tagen ausfindig machen konnte. Bevor ich die Überreste mit Erde und Streu bedeckte, hatte ich die Asche mit Wassergüssen auseinander geschwemmt, um dem Entdecker keine Möglichkeit zu geben, das Alter festzustellen, dann hatte ich die Asche mit einem Zweig auseinander gefegt und verstreut. Dieses Verfahren hinterließ wiederum eigene Spuren, aber es war das Beste, das ich tun konnte.
Dann zogen wir in der alten Marschordnung weiter. Zum Frühstück hatte es wieder Fisch gegeben, diesmal kalt, und dazu vom waffelartigen Brot. Es schmeckte nicht so gut, aber die wertvolle Nahrung musste aufgebraucht werden. Jede Vergeudung wäre ein Verbrechen gewesen.
Mittlerweile hatten unsere Augen sich daran gewöhnt, und wir konnten den Verlauf der überwachsenen alten Straße im Morgenlicht ohne Mühe überblicken. Sie zog sich den nächsten Hang hinauf zu einem niedrigen Sattel, und da das Gelände insgesamt nach Westen zu allmählich anstieg, war das Gefälle jenseits des Sattels weniger lang, so dass wir nicht viel an Höhe verloren. Noch immer waren wir im menschenleeren Land der Hochmoore und heidebewachsenen Hügel, aber die Steigungsstrecken wurden länger und steiler. Ich war froh, dass wir ausgeruht waren und den Pferden Ruhe gegönnt hatten.
Zur Mittagszeit hielten wir auf dem breiten Rücken einer Erhebung. Der Tag hatte sich kühl und frisch angelassen, der Wind auf West gedreht und zugenommen. Ich schnüffelte die Luft und beobachtete den Westhorizont, und es sah so aus, als sollte unsere Schönwetterperiode zu Ende gehen. Bis zum Abend Regen, vielleicht ein Gewitter. Das Aussehen des Himmels gefiel mir nicht.
Wir kauten Dörrfleisch und Trockenbrot und starrten über die graugrüne und gelblichbraune Landschaft hinaus. »Kannst du Adler sehen?«, fragte ich Arienne.
Sie bejahte, ohne aufzublicken. »Aber ich brauche Mana. Seit Tagen hat es keine Gelegenheit gegeben, etwas zu finden; der letzte Bach floss über lehmigen Schlamm, und der andere, an der Stelle, wo wir die Richtung änderten, führte viel
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