Tenebra 3 - Dunkle Burg
die Lenkung fremden Denkens zum Vorteil der Magierin, und beide reagierten darauf wie auf das Öffnen einer Senkgrube.
»Ich nicht«, sagte sie mit angestrengter Stimme.
Ich räusperte mich. »Kannst du dem, was sie tut, nicht entgegenwirken? Verhindern, dass die Unterirdischen ihr helfen?«
Arienne verzog das Gesicht in einer Grimasse mit herabhängenden Mundwinkeln. »Nur wenn ich tue, was sie tut. Wenn ich das Denken der Unterirdischen wieder verändere – zu dem, was ich für richtig halte. Aber wer kann sagen, wie und was sie denken sollen? Wer bin ich, das zu entscheiden?«
Silvus nickte. »Es ist das Dunkel, die subtilste Versuchung von allen. Das Denken und Bewusstsein einer Person zum eigenen Vorteil zu lenken.« Er kehrte der Felsplatte auf dem Hügel den Rücken zu. »Niemals!«
Wir stiegen den Pfad wieder hinab, sehr viel langsamer, als wir ihn heraufgekeucht waren. Das junge Ehepaar, das ihr Unterkunft gegeben hatte, blickte uns fragend und besorgt entgegen. Schwester Berichterstatterin beantwortete ihre stumme Frage mit einem Kopfschütteln und die beiden sahen einander bestürzt an.
»Sie konnten es nicht wissen und Sie haben Ihr Bestes getan«, sagte Schwester Berichterstatterin. »Aber es scheint, dass Ihr Handel mit den Unterirdischen zu Ende gehen wird. Wahrscheinlich.«
Die junge Frau rang die Hände. »Wer hätte es gedacht?«, sagte sie. »Sie war so nett. Half uns im Haus und arbeitete im Gemüsegarten…«
»Ja.« Schwester Berichterstatterin blickte wieder hinauf zum Hügel. »Aber sie ist jetzt mit dem Dunkel, und wir sollten die Nachricht der Schwester Priorin so bald wie möglich überbringen. Zuvor aber müssen wir ein paar Stunden ausruhen und essen.«
»Bitte, kommen Sie in unser Haus. Wir haben zu essen.«
»Danke. Wir haben auch etwas bei uns und werden nicht von Ihren Vorräten nehmen. Aber wir wären Ihnen dankbar, wenn wir uns in ihrem Haus am Boden ausstrecken und ein paar Stunden ausruhen dürften.« Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Blick wieder den Hügel hinaufglitt. »Sie und Ihre Nachbarn müssten uns allerdings warnen, wenn Gefahr droht.«
»Würde das Mädchen uns angreifen? Sie schien dankbar und freundlich…«
»Wer weiß, was eine Magierin tun wird, die sich ihrer Macht über das Dunkel bewusst geworden ist? Und zu unserer Schande muss ich Ihnen sagen, dass der Orden Sie nicht schützen kann.« Schwester Berichterstatterin beugte den Kopf. »Lehnstreue gilt für beide Seiten. Wenn wir unsere Pflicht nicht erfüllen können, Sie vor Gefahren zu schützen, schulden Sie uns keine Gegenleistung.«
»Es ist noch nicht geschehen. Und Sie befahlen uns nicht, eine Magierin des Dunkels bei uns aufzunehmen. Also kommen Sie. Seien Sie willkommen in unserem Heim.«
Wir stiegen weiter den Pfad hinunter, müde und entmutigt. Die arme Hütte zwischen den Feldern begrüßte uns mit einem fröhlichen Feuer auf der Herdstelle und einem Frühstück aus dem Kochtopf mit Kartoffelsuppe. Wir aßen und versuchten uns ein wenig zu unterhalten. Dann rollten wir uns in unsere Decken und schliefen.
Um die Mittagszeit rüttelte mich jemand wach. Es war Silvus.
»Was, was?«, fragte ich schlaftrunken. »Geht es weiter?« Ich hatte so tief geschlafen, dass ich nicht gleich orientiert war.
»Nicht genau«, erwiderte er. »Sie will mit uns sprechen.«
»Wer? Schwester Berichterstatterin?« Sie und Arienne schliefen im benachbarten Haus, fünfhundert oder mehr Schritte entfernt.
»Nein.« Das war eine Stimme, die von der Tür kam. Ariennes Stimme.
Ich rappelte mich auf und fing an, zu mir zu kommen, während ich meine Schuhe suchte. »Wer dann?«
Silvus lächelte grimmig. »Was meinst du, wer es sein könnte?«
Draußen trillerten Lerchen, und die Luft war voll vom Duft der Erde, von Klee und Hasenglöckchen und Butterblumen. Die Sonne schien warm vom Himmel und lockte allenthalben frisches Grün hervor. Zusammen stiegen wir den Pfad zum Hügel hinauf, Silvus und Arienne und ich. Unweit von der breiten Kuppe stand Schwester Berichterstatterin in der Nähe eines Buschdickichts.
»Ich wurde frühzeitig wach und dachte mir, ich sollte ein paar Dinge heraufbringen, um zu sehen, ob der Handel aufrecht erhalten würde«, sagte sie. »Ein gutes Zeichen, wenn es dabei bliebe.« Sie wandte den Kopf und spähte hinauf. »Und stellen Sie sich vor, sie kam zur Tür und wollte verhandeln.«
»Die Magierin?«, fragte Silvus.
»Persönlich. Freies Geleit sei uns garantiert, sagt
Weitere Kostenlose Bücher