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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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keinen Hinweis auf die eigentlichen Absichten zu geben – bestand diese Gefahr auch für die Mannschaft. Doch Haark ging sicher das größte Risiko ein, inklusive der Gefahr, es gar nicht mehr bis zur Kapsel zu schaffen.
    Beck wusste, dass jede weitere Diskussion unnötig war. Haark hatte ihm bereits vorher bedeutet, was genau seine Absicht war und Beck wusste, dass der Kommandant Recht hatte. Es musste niemand unnötig gefährdet werden, und nach Ansicht Haarks war die Gefährdung Becks unnötig.
    Es dauerte keine dreißig Sekunden, da kamen die ersten Klarmeldungen aus den Rettungskapseln. Die Malu leerte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Niemand an Bord hatte Haarks Entscheidung bezüglich des Kollisionskurses in Frage gestellt – der Kommandant selbst hatte dies mit leichter Verwunderung zur Kenntnis genommen, er war nicht davon ausgegangen, so viel Loyalität bei seiner Crew erzeugt zu haben –, aber das hieß nicht, dass alle Männer und Frauen von Patriotismus und Suizidgedanken erfüllt waren. Wenn es eine Chance gab, diese Wahnsinnsaktion zu überleben, würde man sie nutzen. Nibelungentreue war etwas anderes als Loyalität, vor allem war es etwas, was Haark von seinen Untergebenen gar nicht erst verlangte. Es genügte, wenn er selbst dumm genug war, einem System zu dienen, das ihn ausgespuckt hatte wie eine faule Frucht.
    »Beck, Sie verlassen mich jetzt auch!«, sagte Haark, als sich die Brücke ebenfalls geleert hatte.
    »Capitaine, ich …«
    »Muss ich den ›Capitaine‹ wirklich herauskehren, um Sie hier wegzubekommen?«
    Beck zögerte einen Moment, las dann die verzweifelte Entschlossenheit im Gesichtsausdruck seines Kommandanten und fügte sich. Ohne ein weiteres Wort, aber nicht ohne seine Hand kurz schwer auf Haarks Schulter zu legen, verließ er die Brücke. Der Kommandant war allein.
    Er setzte sich in den abgewetzten Sessel des Piloten. Hier hatte er schon lange nicht mehr Platz genommen. Er runzelte die Stirn, als er die vielen Kaugummireste erkannte, die unter der Konsole festgeklebt waren.
    Alle Hilfsschirme waren aktiviert.
    Die Telemetrie des Liners tröpfelte mit starker Zeitverzögerung rein, ließ sich aber gut extrapolieren. Das Schiff mit den Flüchtlingen beschleunigte bis an die Grenzen der Belastbarkeit, wenn die Angaben stimmten. Admanto mochte ein dummer Schleimer sein, aber er schien den Ernst der Lage erkannt zu haben und hatte wahrscheinlich selbst mehr als nur die Hosen voll. Er trieb seinen mächtigen Liner mit allem auf den Sprungpunkt zu, was er hatte, nicht zuletzt, um seine eigene Haut zu retten. Haark musste sich darum keine Sorgen machen. Sein Job war es jetzt, den Feind so zu beschädigen, dass dieser nicht mehr in der Lage sein konnte, Admanto noch einzuholen.
    Nur noch drei Minuten. Jeden Moment erwartete Haark, dass der Gegner das Feuer eröffnen würde. Doch die Waffen schwiegen. Haarks Blick fuhr über den Kursschreiber. In spätestens 120 Sekunden würde er die entscheidende Kurskorrektur durchführen, die die Malu direkt auf den Rumpf des Feindes zurasen lassen würde. Jetzt sah es noch wie ein Vorbeiflug aus. Die übrigen 60 Sekunden würden für den Gegner zu knapp sein, die Masseträgheit genügend weit zu überwinden, um ein ausreichendes Ausweichmanöver zu fliegen. Er würde nur noch seine Waffen abfeuern können, in der Hoffnung, die Malu in Stücke zu schießen, ehe sie auftraf. Doch diese Chance war nur klein. Und das war exakt das, worauf Haark seine ganzen Hoffnungen setzte.
    Er fühlte eine bemerkenswerte Ruhe in sich aufsteigen. Fast schien es so, als habe er das Gefühl, exakt am richtigen Ort und zur richtigen Zeit zu sein. All der Frust seiner misslungenen Karriere fiel in diesem Moment von ihm ab.
    Dies war, das erkannte er mit plötzlicher Klarheit, genau der Grund, warum er sich zum Dienst in der Flotte beworben hatte. Es war auch der Grund, warum er diesen nicht quittiert hatte. Er dachte an die 40.000 Frauen und Kinder im davoneilenden Liner und dann huschte ein feines Lächeln über seine Lippen. Egal, was Leute wie Sikorsky von ihm halten mochten, er war sich sicher, dass diese Menschen seinen Namen in Erinnerung behalten würden, und zwar so, wie er sich immer gerne selbst gesehen hatte: Als jemand, der sich zwischen eine Gefahr und ihre potentiellen Opfer stellt, weil er exakt dafür ausgebildet und bezahlt wurde.
    Sein Griff um den Steuerknüppel entspannte sich. Er sah den Countdown runterzählen, und er nahm die kleiner

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