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Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Titel: Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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trug an der Körperspitze einen umlaufenden Kranz an offenbar visuellen Organen. Er ähnelte sehr dem Kriegertyp, den Haark bisher nur von Ferne gesehen hatte.
    »Geehrte Gesandte«, hob Olivier zur Begrüßung an. »Ehe wir mit den eigentlichen Verhandlungen beginnen, haben wir beschlossen, Ihnen einen Einblick in eine Realität zu geben, die möglicherweise nicht ganz Ihren bisherigen Erwartungen und, Sie mögen es mir verzeihen, Vorurteilen entspricht.«
    Splett sah den Tentakel erwartungsvoll an. In Haarks Ohren erklang die Warnung Toomas vom Vorabend.
    »Wir werden eine kurze Reise zum Dorf Pergon durchführen, ganz in der Nähe. Pergon ist eine Siedlung mit rund 5000 Einwohnern, davon etwa 800 aus unserem Volk. Sie werden erkennen, das hoffe ich zumindest, wie friedlich und vorbildlich eine Zusammenarbeit, ja ein Zusammenleben unserer Völker sein kann, wenn nur beide Seiten ein wenig guten Willen und die Bereitschaft zum Kompromiss mitbringen. Es ist nur ein winziger Ausschnitt, aber ein Blick in eine mögliche gemeinsame Zukunft. Bitte stellen Sie Fragen und sehen Sie sich um. Wir bleiben etwa zwei Stunden, ehe wir zu einem kleinen Imbiss in das Tagungszentrum zurückkehren, um die eigentlichen Konsultationen zu beginnen. Noch irgendwelche Fragen?«
    Niemand meldete sich. Bersson und Haark wechselten einen Blick. Sie würden die Aufforderung des Diplomaten, sich in Pergon genau umzusehen, sehr ernst nehmen.
    Der Gleiter hob bald darauf ab und flog in niedriger Höhe nordwestwärts. Der Flug dauerte keine fünf Minuten, dann erstreckten sich bereits vertraut aussehende Bauwerke unter ihnen. Haark ließ den Anflug auf sich einwirken. Das Bild, das sich ihm zeigte, war das einer typischen, kleinen Kolonialsiedlung, mit vielen vorgefertigten Gebäuden, aber alles sehr sauber, ordentlich, fast heimelig. Auf den Straßen herrschte reger Verkehr: Fußgänger, Fahrzeuge, eine Monorail. Auf dem Hauptplatz im Stadtzentrum, das sie vor ihrer Landung einmal umkreisten, schien ein Markt abgehalten zu werden. Es machte alles einen absolut und perfekt normalen Eindruck. Und unter den Schaulustigen, Einkaufenden und sonstigen Passanten sah man überall Tentakel flanieren. Es hatte etwas Unwirkliches, ein Eindruck, der durch Toomas eindringliche Warnung nur noch verstärkt wurde. Je mehr Einzelheiten Haark erkannte, desto mehr war er davon überzeugt, dass die Kontaktaufnahme Toomas kein Trick, keine Täuschung der Besatzungsmacht gewesen war. Die Tentakel hatten, sollte dies tatsächlich ein Potemkinsches Dorf sein, massiven Aufwand betrieben. Warum sollte sie sogleich den Samen des Zweifels in den terranischen Gästen säen? Das macht keinen Sinn.
    Der Gleiter landete vor einem Gebäude, das wie ein administratives Zentrum aussah. Auf den Stufen vor dem Haupteingang wartete eine illustre Gruppe aus Menschen und Tentakeln. Ein dickbäuchiger Mann trug so etwas wie eine Kette mit einem glänzenden Symbol um den Hals, Haark vermutete, dass es sich um seine Amtsinsignien handelte und er so was wie ein Bürgermeister war.
    Als die Delegation den Gleiter verlassen hatte, trat er auf sie zu, breitete seine Arme aus und zeigte ein fleischiges und hocherfreutes Gesicht.
    »Meine lieben Freunde!«, intonierte er. »Wie schön, wieder Kontakt zur Sphäre zu haben! Willkommen im schönen Pergon, der Perle von Lydos, und willkommen zurück auf unserer Welt! Mein Name ist Harald Fisk, ich bin der Bürgermeister dieser kleinen Gemeinde! Bitte, bitte, treten Sie näher!«
    Splett ließ es sich nicht nehmen, mit begeistertem Gesichtsausdruck die dargebotene Hand Fisks zu ergreifen und wie einen Pumpenschwengel auf und ab zu bewegen. Dann warf sie Soerensen einen triumphierenden Blick zu, der sicher nur so etwas wie »Ich habe es ja gewusst!« bedeuten konnte. Haark bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, als er dem Bürgermeister in das Rathaus folgte. Sie wurden in einen Ratssaal geführt, an dessen Wand das Wappen der Stadt hing. Auf den Tischen waren Erfrischungen aufgestellt, und junge Mädchen in den traditionellen Trachten der hier gesiedelten Kolonialisten – Neo-Bayern, wie Haark nach kurzem Blick feststellte – liefen mit kleinen Tabletts und darauf abgestellten Getränken hin und her.
    Alles hier schrie: »Es ist normal! Glaube mir!«
    Haark fühlte sich unwohl. Soerensen fühlte sich ersichtlich unbehaglich, lehnte die dargereichten Snacks ab und verzog sich mit einem Glas Mineralwasser in den Hintergrund. Der

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