Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
Verteidigung, der dann die sich in Position bringenden Großschiffe der Sphärenflotte folgen würden. Auf der taktischen Darstellung hatte das bunte Lichtspiel eine Leichtigkeit und Eleganz, die in der Realität nicht vorhanden war, aber es zeigte vor allem eines: Beck war bis jetzt zu pessimistisch gewesen, was die Kampfbereitschaft der Flotte betraf – offenbar waren auch die unfähigen Offiziere bereit und in der Lage, sich zusammenzureißen und zumindest bemüht, Befehle vom Flaggschiff zu befolgen.
»Kontakt erste Welle in zwanzig Sekunden!«, meldete der Ortungsoffizier. »Neunzehn …«
»Walters?«
»Capitaine?«
»Kein Countdown bitte.«
Walters verstummte. Die Sphärenflotte hatte ihren Parabelflug fast abgeschlossen, positionierte sich vor den heran kriechenden Raketentankern und ließ nur fest designierte Flugbahnen für die weiter im Sekundentakt abgeschossenen Raketensalven frei.
Als die ersten Salven breitflächig auf die Tentakelschiffe trafen und die blitzenden Funken der Jagdschiffe ihren Tanz begannen, hatte das finale Aufeinandertreffen der beiden Flotte begonnen. Auch die Apostata hatte sich in den Salventakt der anderen Schiffe eingefunden und leerte ihre Magazine mit erschreckender Geschwindigkeit. Eine zweite Chance für einen überwältigenden Einsatz von Fernwaffen würde es nicht geben, denn obwohl Tender im nächsten System bereitstanden, um die Vorräte wieder aufzufüllen, würde bis dahin sehr viel Zeit vergehen. Das eine oder andere Schiff würde möglicherweise die Magazine wieder auffrischen können, aber die Schlacht würde mehr oder weniger entschieden sein, wenn sich diese Möglichkeit ergab.
So oder so. Beck presste die Kiefer aufeinander und noch während die Flotte nun selbst auf die Tentakelschiffe hin beschleunigte und der Abstand immer mehr schmolz, je mehr gegnerische Raketen sich in die Panzerungen und kruden Magnetschirme der irdischen Einheiten fraßen, desto schneller schien der Balken der Raketenvorräte nach unten zu gleiten, bis die Apostata schließlich leer geschossen war.
Und dann kamen die Tentakelraumer, angeschlagen, Atmosphäre wie Blut in den Weltraum sprühend, manche humpelnd, manche nur noch vom Schwung ihrer längst ausgeglühten Antriebssektionen geleitet, manche nicht mehr als fliegende Wracks – aber mehr als genug, viel zu viele, in einem ganz offensichtlich kampffähigen Zustand.
»Standby Fusionslaser!«
»Ziele?«
»Wir folgen dem Feuerplan des Flaggschiffs.«
Es war dieser Moment, als Beck den Befehl gerade ausgesprochen hatte, als die Epouvantable , ihre Verteidigung durch heran schnellende Tentakelraketen gesättigt, in einer prächtigen, sich majestätisch ausbreitenden Feuerwolke verging.
28 Lydos
Als der Gleiter vor der Unterkunft eintraf, um sie auf die Besichtigungstour zur nahen Siedlung zu bringen – sie trug laut Olivier den Namen Pergon – blieben einige der Delegationsmitglieder zurück. DeBurenberg hatte sich mit seinen Gerätschaften in sein Zimmer eingeschlossen und Haark hatte einen Marinesoldaten direkt vor der Tür postiert mit dem Auftrag, jegliche Tentakelannäherung sogleich zu melden. Frazier war, getreu seinem Auftrag, damit ebenfalls zurückgeblieben, um eventuelle Wünsche des Wissenschaftlers zu erfüllen. Außerdem wurde er beauftragt, eventuelle Kontaktaufnahmen mit Rahel Tooma zu beantworten.
Niemand wäre so ruhig und gelassen gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass nur wenige Stunden von jetzt, in einem anderen Bereich der von Tentakeln okkupierten Sphäre, der Angriff auf Ambius beginnen würde. Haark hatte eine ungefähre Vorstellung vom Zeitplan, wusste aber auch, dass dieser ständigen Schwankungen unterlag. Er hoffte, sie würden noch verschwinden können, wenn es losging, war sich aber – im Gegensatz zu Splett und ihren Freunden – durchaus schmerzhaft der Tatsache bewusst, dass dies wirklich ein Himmelfahrtskommando war.
Und so bestand die Gruppe, die schließlich den luxuriösen Gleiter bestieg, neben Haark, Splett, Tamara Lik und Soerensen nur noch aus Bersson sowie drei der Gefolgsleute der Delegationsleiterin. Für Haark waren diese immer noch gesichts- und namenlose Gestalten, und sie selbst taten auch nichts, um diesem Eindruck entgegen zu wirken. Von Tentakelseite saß Olivier im Cockpit der schlanken Maschine, und ein Pilot, der sich nicht einmal umwandte, als die Terraner sich auf die tief gepolsterten Sessel verteilten. Wahrscheinlich musste er das auch nicht, denn er
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