Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum

Titel: Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
gepflanzten Exemplare. Sie waren in etwa so groß wie Menschen, aber wie Rahel schnell feststellte, hatten sie die Tendenz, sich in der Gegenwart eines solchen klein zu machen: Sie schienen in der Lage, ihren Oberkörper etwas in den unteren Teil ihres Leibes zu versenken, und das variabel. Rahel konzentrierte sich auf dieses Phänomen und beobachtete die Tentakel-Menschenpaare, die ihr immer häufiger entgegen kamen. Der Tentakel justierte seine Größe immer auf etwa fünf Zentimeter weniger als sein Gesprächspartner. Rahel musste nicht lange überlegen, was das zu bedeuten hatte. Sie selbst war kein Riese, und die Art und Weise, wie hochgewachsene Vorgesetzte bewusst oder unbewusst gegenüber kleineren Untergebenen ein Gefühl von Überlegenheit projiziert hatten, war ihr mehr als bekannt. In diesem Falle simulierten die Tentakel bewusst eine Haltung der Unterlegenheit, und sie benutzten ihre menschlichen Puppen, um den richtigen Habitus einzuüben.
    Rahel beschloss, diese Kategorie der Tentakel als den »Diplomatentyp« zu klassifizieren. Sie war sich sicher, dass es noch viele weitere Typen gab. Und die Tatsache, solche Aliens hier vorzufinden, verstärkte ihre Überzeugung, dass die Aliens Besuch erwarteten und sich entsprechend vorbereiteten. Über die Art dieses Besuches konnte kein weiterer Zweifel bestehen: Menschen, und zwar welche, die nicht unter der Kontrolle der Aliens standen, mit freiem Willen, die es zu beeinflussen galt.
    Nein, korrigierte sich Rahel sofort. Zu täuschen. Dies war eine Scharade, ein Potemkinsches Dorf. Es sollte einen Eindruck erwecken, der nicht der Wahrheit entsprach. Es war ein Trick, ein elaborierter, gut vorbereiteter Trick.
    Rahel atmete tief durch. Das hatte für sie zwei Konsequenzen. Zum einen: Es gab vielleicht eine entfernte Fluchtmöglichkeit von Lydos. Und es stellte sich die Notwendigkeit, die Besucher zu warnen. Denn es konnte letztlich um nichts anderes als um Verhandlungen zwischen der Sphäre und den Tentakeln gehen, und es war deutlich genug, dass die Aliens nicht mit offenen Karten zu spielen trachteten.
    Beide Erkenntnisse versetzten Rahel in Unruhe.
    Sie musste sich ermahnen, um diese nicht offen zu zeigen. Und vielleicht gab es noch mehr herauszufinden. Das Problem war, dass sie nirgends erkennen konnte, ob und wo ein Mensch eines der Gebäude auch betrat – mit der Ausnahme eines offenen Bauwerkes, dessen Anlage es sofort als Kantine oder Restaurant erkennbar machte. Einige der Menschen schienen, sobald sie Hunger oder Durst verspürten, doch einzukehren und wurden, wie Rahel mit einem schnellen Seitenblick feststellte, von Tentakeln bedient, kleinen, wieselflinken Aliens, die sie vorher auch noch nie gesehen hatte, und unbewusst sofort als »Dienertyp« registrierte.
    Rahel hatte so lange das Treiben in der Kantine beobachtet, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wie sich ihr jemand näherte. Als sie ein schleifendes Geräusch hörte, zwang sie sich, ihren Kopf langsam und ruhig zur Seite zu drehen.
    Ein Tentakeldiplomat kam auf sie zu. Sein Unterkörper und seine herabfallenden Gewänder schleiften über den Kiesboden der Anlage. Rahel hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte, nur eines wusste sie: Spontan wegzulaufen wäre eine weniger gute Idee. Sie hatte von Ferne viele Menschen gesehen, scheinbar in Gespräche mit den Aliens vertieft. Redeten sie dann ähnlichen Blödsinn oder waren die Konversationen in Gegenwart der Invasoren gehaltvoller?
    Der Diplomatententakel kam vor ihr zu stehen und schaute sie aus seinem Augenkranz an. Dann sprach er. Seine Stimme klang erstaunlich menschlich, war schön moduliert, von angenehmem Timbre. Und dann justierte der Tentakel seine Körpergröße, für den normalen Beobachter wahrscheinlich nicht erkennbar, für Rahel aber aufgrund ihrer erhöhten Wahrnehmungsfähigkeiten gut nachzuvollziehen.
    »Na, du kleines Stück Dünger«, begrüßte der Tentakel sie mit ausnehmend freundlichem Tonfall. »Glaube mir, sobald die Große Täuschung vorbei ist, wird es mir eine Freude sein, dich zum Boden meiner Setzlinge zu machen.«
    Rahel neigte den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln. Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu versuchen, das zu tun, was sie bisher gelernt hatte: Blödsinn reden.
    »Nichts ist so, wie es war, aber alles wird, wie es kommen mag«, erwiderte sie ernsthaft. »Größe und Länge verhalten sich zueinander wie Schwere und Dichte.«
    »Natürlich, Dünger, natürlich«, sagte der

Weitere Kostenlose Bücher