Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
künftigen Bewohnern des Pavillons nutzen zu können, wer immer das auch sein mochte.
Vielleicht würden Soldaten darunter sein, möglicherweise sogar Marinesoldaten. Dann würde das alles kein Problem werden.
Ein weiterer Sprung und sie wandelte wieder auf dem Kiesweg. Verstohlen blickte sie sich um. Niemand schien sie beobachtet zu haben. Keine heraneilenden Tentakel, keine Alarmsirenen. Ruhe und Frieden.
Rahels Blick fiel auf den Tempel, dann wanderte er zu den Grenzanlagen in der Richtung, in die sie zu entfliehen gedachte. Es war noch Zeit und obgleich sie mit ihren Fortschritten schon sehr zufrieden war, galt es, noch mehr herauszufinden. Jedes Stück Information, das sie erlangte, vermochte sich später als wesentlicher Vorteil entpuppen. Ihre Augen verengten sich unmerklich, als sie das niedrige Gebäude erblickte, das sich etwa dreihundert Meter vor ihr befand. Es hatte Lüftungsöffnungen und wirkte sehr funktional. Als sie langsam näher schlenderte, vernahm sie das leise Summen aktiver Aggregate. Für sie sah das nach einer Energiestation aus.
Ein weiterer Plan bildete sich in Rahels Kopf. Das Risiko wurde dadurch zunehmend unkalkulierbar – aber der mögliche Nutzen war enorm.
Unter den weiten Gewändern presste sich ihre Hand um die kleine Packung Plastiksprengstoff in ihrer Tasche.
Es sollte doch möglich sein …
20 Terra
Als Josef Beck aufwachte, stellte er fest, dass es zu früh war. Die grün schimmernde Zeitanzeige über seiner Koje flimmerte ein hämisches 5:04 Bordzeit auf ihn herab. Der Diensttag begann erst in rund 25 Minuten und er wurde nicht vor 6:30 auf der Brücke erwartet. Er hatte keine fünf Stunden geschlafen, und doch fühlte er sich hellwach.
Wie auch schon am Tag davor.
Und davor.
Und davor.
Er setzte sich auf, sorgsam darauf bedacht, sich nicht den Kopf an der niedrigen Decke über seiner Schlafstatt zu stoßen. Er hatte eine Kabine für sich und sie war auch relativ geräumig. Nur die hoch gelegene Koje, unter der sich noch einiges an Stauraum befand, bereitete ihm manchmal Probleme.
Es lag allerdings nicht am Bett, dass er keinen Schlaf fand und immer viel zu früh aufwachte. Er wusste, warum das so war. Es waren die Probleme, die im Räderwerk seines Verstandes hin- und her gewälzt wurden, und das ohne Unterlass.
Selbst im Schlaf, in seinen grellen, kondensierten Träumen, kamen die Themen vor, die ihn die ganze Zeit beschäftigten. Seit die neuesten Erkenntnisse DeBurenbergs in der Flotte die Runde gemacht hatten, herrschte Aufbruchstimmung. Alle rechneten damit, dass es den Aliens nicht gelingen würde, Ambius wieder zurückzuerobern oder Entsatz für die angegriffene Besatzung zu entsenden – denn entgegen aller bisherigen Vermutungen beherrschte der Feind gar keine überlichtschnelle Raumfahrt! Jahrhunderte vermochten vergehen, ehe ein Angriff auf Ambius gesühnt werden konnte, mehr als genug Zeit, sich diesmal richtig vorzubereiten.
Es schien, als habe sich das Blatt gewendet.
Das gehörte zu den positiveren Gedanken, die Beck beschäftigten. Er stellte sie nicht in Frage, obgleich ein schlechtes Gefühl blieb. Es war etwas, das sich sehr positiv auf die Moral der Besatzungen auswirkte, auch auf die seines eigenen Schiffes. Und das war mehr als nur nötig.
Die zusammengewürfelten Mannschaften und die schlechte Qualität der meisten Offiziere hatte sich in den letzten Tagen als katastrophales Erbe einer über Jahrzehnte schlecht geführten und politisierten Streitkraft erwiesen. Bei den virtuellen Manövern hatten sich die Defizite bereits deutlich erkennen lassen: Schlechte Ausbildung, fehlende taktische Kenntnisse, Unbeholfenheit im Umgang mit der Technik, mangelnde Motivation, fehlende Führungsqualitäten – Offiziere, die an Bord ihrer Schiffe Partys feierten, die weiblichen Dienstgraden nachstellten (oder umgekehrt), die besonders wertvolle Ersatzteile auf dem Schwarzmarkt verschacherten. Admirale, denen das offenbar egal war oder die vor allem dafür sorgten, dass sie ihren Anteil an Spaß und Schmuggel erhielten und dafür dann beide Augen zudrückten.
Beck hatte damit gerechnet, aber nicht, dass es so schlimm werden würde. Selbst auf der Malu war es zwar immer wild durcheinander gegangen, aber die Leute waren einigermaßen bereit gewesen, seine Befehle auszuführen und hatten es verstanden, in ihrem fliegenden Schrotthaufen das notwendige Engagement zum Überleben aufzubringen. Hier war auf niemanden Verlass und es schien kaum
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