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Tentakelblut (German Edition)

Tentakelblut (German Edition)

Titel: Tentakelblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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zubilligte, was er mit ihnen tat. Das ganze Gerede des Tentakels war sinnlos gewesen. Er betrachtete Mirinda als Objekt und er hatte sie benutzt.
    Wahrscheinlich hatte es ihm auch noch Spaß gemacht. Und er hatte ihr die Gnade eines Vergessens geschenkt, das ihr weitere Details dieser maschinellen Vergewaltigung vorenthielt, nur das ferne, dauernde Gefühl einer Lust, die sie nicht wollte, und einer Erniedrigung, die ihr mit jedem Erinnerungsfetzen, dessen sie habhaft werden konnte, schmerzhafter zu Bewusstsein kam.
    Mirinda verbrachte zwei Tage ohne weitere Experimente, was sie sehr freute, denn die Bilder des ersten und die damit verbundenen Emotionen erfüllten ihr Bewusstsein trotz der scheinbaren Distanz und der großen Lücken darin. Die Hilflosigkeit, die sie dabei empfunden hatte, war dermaßen eindringlich, dass allein der wiederholte Gedanke daran beinahe körperliche Reaktionen bei ihr auslöste, und es waren keine angenehmen, trotz der künstlich induzierten sexuellen Erregung, die das Experiment bei ihr ausgelöst hatte. An diese erinnerte sie sich ohne Freude, und seit sie aus dem Labor gebracht und in eine beengte Unterkunft gesteckt worden war, kreisten ihre Gedanken allein um eine Sache: wie sie den Tentakeln des ganz offensichtlich völlig verrückten Wissenschaftlers entkommen konnte.
    Ihre unmittelbare Umgebung lud nicht dazu ein, ihr für diesen Plan allzu große Anhaltspunkte zu geben. Die Kammer, in der sie steckte, bestand aus einem weißen Plastikmaterial, mit einer Liege, die in die Wand eingegossen worden war und auf der das Plastik etwas abfederte und eine Art Matratze bildete. Es war warm – beinahe zu warm – und die Reinheit der weißen Farbe, verstärkt durch indirekte Beleuchtung, wirkte fast blendend. Es gab eine Lamelle im Boden der Kammer und Mirinda vermutete, dass diese sich öffnen würde, um Körperabfälle aufzunehmen. Obgleich Actinotroch zahlreiche Mechanismen ihrer Körperbeherrschung abgeschaltet hatte, um seine Experimente durchzuführen, hatte er es glücklicherweise nicht für notwendig gehalten, alles zu deaktivieren. Solange sich das nicht änderte, würde Mirinda die Lamelle ignorieren.
    Ansonsten war die Kammer völlig leer, von glatter Oberfläche, ohne irgendwelche weiteren Merkmale. Hätte Mirinda sich nicht daran erinnert, wie sie hierher gekommen war, wüsste sie nicht einmal, wo sich die Tür befand.
    Es bedurfte keiner besonderen analytischen Fähigkeiten, um herauszufinden, dass ihre Optionen begrenzt waren. Sie hatte es schnell aufgegeben, die Wände zu untersuchen, sondern lag nur noch auf der Pritsche und wartete auf eine Gelegenheit, die ihr die notwendigen Werkzeuge in die Hand geben würde, um ihre Situation zu verbessern.
    Leider blieb ihr der ultimative Ausweg bis auf Weiteres verbaut. Actinotroch war sehr sorgfältig dabei gewesen, alles in ihrem Körper abzuschalten, was ihr einen leichten Suizid ermöglichen würde. Natürlich konnte sie sich immer noch tödliche Verletzungen beibringen, doch dafür fehlten ihr die Werkzeuge.
    Wieder lief also alles auf Hilflosigkeit hinaus. Mirinda empfand es als sehr schwer, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten, jetzt, wo ihr dazu nicht mehr zur Verfügung stand als jedem anderen menschlichen Wesen auf diesem Planeten, das keine Hilfsmittel einsetzen konnte.
    Mirinda neigte nicht zu Arroganz. Sie hielt sich aufgrund der außergewöhnlichen Fähigkeiten ihrer Konstruktion nicht für etwas Besseres als »normal« geborene Lebewesen. Ihre Sympathie für Slap, an dessen Tod sie sich weiterhin mit großer Trauer zurückerinnerte, war durch die Tatsache, dass sie über so viele zusätzliche Fähigkeiten mehr verfügte, nicht weniger stark gewesen. Dennoch war sie sich ihrer besonderen Segnungen, die ihr mit auf ihren Lebensweg gegeben worden waren, durchaus bewusst und hatte sie geschätzt. Sie waren Teil ihrer Identität. Ihr Fehlen war eine Verletzung, und sie bemerkte jetzt erst, wie tief diese für sie war. Es fiel ihr sehr schwer, mit dieser Situation umzugehen.
    Nach einigen Stunden öffnete sich die Tür, und ein Tentakelsoldat trat herein. Unwillkürlich spannte Mirinda ihre Muskeln an, erwartete sie doch, zu weiteren Experimenten abgeholt zu werden. Stattdessen stellte der Soldat nur ein Tablett auf dem Fußboden ab, drehte sich um und verschwand. Die Tür schloss sich geräuschlos hinter ihm.
    Mirinda schaute auf das Tablett und erkannte, dass es vom exakt gleichen, hellen Weiß war wie ihre Umgebung

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