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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Invasoren offenbar wieder bestrebt waren, einen Brückenkopf zu errichten, um eine Nachschubbasis aufzubauen. Die Sphärenflotte hielt sich gut, sagten die offiziellen Berichte. Slap aber wusste, dass die Tentakel derzeit ungleich vorsichtiger vorgingen als noch bei ihrem ersten Versuch. Sie hatten gelernt, besser geplant, waren in größerer Stärke gekommen und preschten nicht mehr so ungestüm vor. Sie wollten es kein drittes Mal versuchen müssen, und das war es, was nicht nur Slap Angst machte.
    Als man ihn aus der Kapsel führte, hatte er ihr einen Namen gegeben: Er nannte sie schlicht »Dicke«, weil nichts ihre gedrungene Form und ihren wuchtigen Eindruck besser beschrieb. Die verantwortlichen Offiziere hielten nichts von solchen Verniedlichungen und Vermenschlichungen, also behielt er die Bezeichnung für sich. Dennoch fühlte er sich irgendwie besser, als er sich noch einmal umsah und die Dicke im Hangar betrachtete. Die Kapsel hatte etwas an Bedrohlichkeit verloren.
    Das galt nicht für die Mission selbst. Und mit jedem Tag, der verstrich, wurde ihm dies bewusster, was durch die Tatsache, dass die Zeit subjektiv immer schneller zu vergehen schien , nur noch verstärkt wurde. Eine Woche vor dem Abstieg wurde seine Ausbildungsroutine durch eine kleine Zeremonie durchbrochen: Die Flottenführung hatte beschlossen, den Kandidaten Slap vor seinem großen Abenteuer noch zu einem der ihren zu machen, damit alles seine Ordnung hatte; er sollte zum Sous -Lieutenant befördert werden, aller Wahrscheinlichkeit nach die letzte Beförderung seiner militärischen Karriere.
    Es war nur ein kurzer Festakt. Zusammen mit ihm wurde ein weiterer Aspirant in den Adelsstand versetzt, außerdem zwei ältere Unteroffiziere befördert. Es gab eine kurze Rede, ein recht karges Buffet und unerträgliche Tanzmusik vom Band, die niemand dazu animierte, sich zu bewegen. Slap hatte keine Lust zu tanzen, er hielt sich nur an einem Glas fest, den ersten Alkohol, den er seit Monaten zu sich nehmen durfte, und er war ihm sogleich zu Kopf gestiegen. Sein Ausbilder hatte ihn vor bösen Wechselwirkungen eines Katers mit dem NeuroLAN-Implantat gewarnt, aber das war Slap derzeit egal, und morgen gab es ohnehin nur theoretische Trainingseinheiten, sodass er Gelegenheit haben würde, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Als er sich ein zweites Bier holte, fiel ihm eine der Zivilistinnen auf, Forschungspersonal, das sich bei diesen Anlässen immer gerne unter die Feiernden mischte. Sie war sicher zehn Jahre älter als er, was aber angesichts der Tatsache, dass Slap keine 25 Jahre alt war, nicht richtig ins Gewicht fiel. Auch sonst fiel wenig ins Gewicht, sie war eher schmal gebaut, hatte aber nach Slaps vorsichtiger Einschätzung Körbchengröße D, eine Kombination, die seine Fantasie normalerweise sofort anregte. Doch diesmal ließ es ihn seltsam kalt, sei es, weil die emotionalen Nachwirkungen seiner letzten sexuellen Begegnung noch präsent waren, sei es, weil er schlicht zu müde und ausgelaugt war, um ernsthaftes Interesse zu zeigen. Die Frau stellte sich als Mirinda vor, Teilchenphysikerin, was genau das auch sein mochte. Sie kannte Slap und wusste seine Mission sofort zuzuordnen, es stellte sich heraus, dass sie zu dem Team gehörte, das die Emissionen aus dem Jupiter ständig überwachte und zu interpretieren versuchte. Slaps Aufmerksamkeit erhöhte sich. In seiner bisherigen Ausbildung war dieser Aspekt eher vernachlässigt worden. Slap hatte kaum eine formale Schulbildung genossen und galt bei den Wissenschaftlern eher als eine Art motorisch besonders begabter Affe bei dieser Mission. Niemand hatte es je für nötig gehalten, ihm richtig zu erklären, was da eigentlich passierte, und auch Slaps Hacks hatten ihm da nicht weitergeholfen, da die Abhandlungen in den Dateien für ihn weitgehend unverständlich geblieben waren.
    Mirinda aber war in der Laune, mit ihm zu reden, und Slap war in der Laune, ihr Fragen zu stellen. Vielleicht würde er nun ein wenig mehr von dem erfahren, dessen Kenntnis seine Vorgesetzten offensichtlich nicht für allzu wichtig hielten, zumindest für den Piloten.
    Mirinda hatte schon den einen oder anderen Drink intus, als sie sich für ihr Lieblingsthema zu erwärmen begann, und interessanterweise tat das ihrer Artikulationsfähigkeit keinen großen Abbruch. Zivilisten lebten auf der Station unter einem etwas liberaleren Regime, was den Konsum von Alkohol anging, aber nichtsdestotrotz gab es nur wenig Gelegenheit

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