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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Soldaten aufmarschiert, hatten die johlenden Plünderer das Feuer eröffnet, um ihr Revier zu markieren. Dieses bestand aus einem Einkaufszentrum, einem tollen Ort für einen zünftigen Gebäudekampf auf mehreren Ebenen. Dafür waren sie ausgebildet worden, keine Frage, aber offenbar war jemand der Ansicht, es sei nicht übel, unerfahrenen Truppen eine Feuertaufe zu verpassen.
    Roby fand die Idee völlig bekloppt.
    Der Capitaine, dessen Hand, um den Griff des Megafons geklammert, leicht zitterte, lugte um die Ecke und kam ebenso wie Roby zu dem Schluss, dass es keine gute Idee war, die Deckung zu verlassen. Er schaltete den Verstärker mit einem Knackgeräusch ein und war so dumm, sich erst zu räuspern und »Äh …« zu sagen, als er das Megafon bereits aktiviert hatte. Erwartungsgemäß antwortete ihm lautes Gelächter.
    Roby blieb ergeben liegen. So würde es nicht funktionieren.
    Ein Schuss knallte und der Capitaine ließ vor Schreck das Megafon fallen, sodass es scheppernd zu Boden fiel und Plastikteile auf dem Boden verstreute . Roby beschloss, den Mann zu ignorieren und die Position seiner Untergebenen zu kontrollieren. Alle lagen in ordentlicher Deckung, wie es ihnen beigebracht worden war, und keiner machte Anstalten, mit wehender Fahne aufzustehen und sich dem Feind entgegenzuwerfen. Niemand wollte für dieses beschissene Vaterland sterben. Also hielt man sich bedeckt und hoffte, die Plünderer sahen ein, dass sie verloren hatten, ehe der Kampf überhaupt beginnen würde.
    Lautes Gejohle, ein paar Schüsse in die Luft. Flaschenklirren. Jemand stellte eine bauchige Flasche mit sündhaft teurem Whisky auf eine Barrikade. Es wurde gefeiert. Das warf einen Schatten auf die potenzielle Einsichtsfähigkeit ihrer Gegner.
    Roby holte die Betäubungsgranaten hervor. Neben ihm hockte Caporal Clayford, der Mörserschütze. Er hatte das Minigeschütz neben sich aufgebaut, das kurze Rohr schräg in die Luft gerichtet, und drehte am Stellrad für den Winkel. Clayford war nicht der hellste Intellekt auf Gottes Erdboden, aber er konnte Winkel fast schon intuitiv berechnen. Als man herausgefunden hatte, dass er diese Begabung besaß, bekam er sofort die Ausbildung am Mörser verpasst, und er hatte seitdem noch nie ein Zielgebiet verfehlt. Clayford summte leise vor sich hin, als er eine Gasgranate neben das Rohr legte. Roby warf einen Blick auf die Markierung. Das Zeug war übel, verursachte heftiges Erbrechen, Magen-Darm-Krämpfe und massiven Durchfall – in kürzester Zeit. Es war nicht tödlich, aber ein Folterinstrument, das abschreckend wirken sollte. Das Gejohle drüben hinter der Barrikade wurde lauter. Roby empfand nur begrenzt Mitleid.
    Sie selbst benötigten keine Gasmasken. Alle Soldaten waren gegen die Wirkung des Gases geimpft worden. Für sie würde es nur etwas streng riechen , wenn sie durch die Ausscheidungen ihrer Gegner wateten. Roby erfreute diese Aussicht nicht besonders.
    Im Helmradio knackte es, dann die Stimme des Capitaines.
    »Gruppenführer, Sie übernehmen!«
    Roby runzelte die Stirn. Ein plötzlicher Anfall von Einsicht und Weisheit bei einem Offizier? Heute war wirklich ein ganz besonderer Tag.
    Außer ihm gab es noch zwei weitere Gruppenführer, beides Kameraden aus der Ausbildungszeit. Roby verstand sich gut mit ihnen, es waren anständige Soldaten, weder wilde Schleifer noch ausgetickte Möchtegernhelden. Sie wollten alle heute Abend die Beine hochlegen und das eklige Bier in der Kantine trinken. Beide Beine, wenn sich das einrichten ließ. Keine Probleme.
    Roby sprach ins Mikro. »Mörser auf mein Signal. Habt ihr eure Ziele?«
    »Zielgebiet eins, bestätigt.«
    »Zielgebiet zwei, bestätigt.«
    »Ich bestätige Gebiet drei«, schloss Roby ab. »Zehn Sekunden ab … jetzt.«
    Es gab drei parallel ertönende, dumpfe Geräusche, als die drei Mörserschützen die Granaten in die Röhren fallen ließen und die kleinen Geschütze sie sofort wieder ausspuckten. Clayford schaute nicht einmal prüfend in die Richtung seines Schusses. Er war sich seiner Sache wie immer ausgesprochen sicher und legte die zweite Granate zurecht.
    Großes Geschrei überdeckte das bisherige Gejohle, als die drei Granaten einschlugen und giftgrünes Gas ausspuckten. Die Militärdiktatur hatte umfangreiche Erfahrungen in der Niederschlagung von Aufruhren und Demonstrationen gesammelt, und diese Plünderer waren nur deswegen besonders gefährlich, weil sie bis an die Zähne bewaffnet waren. Es war andererseits sehr

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