Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
ähnliche Falten. Wir gaben uns die Hand. Ansmann lächelte nicht, schien aber auch nicht unglücklich über mein Kommen zu sein. Ohne große Floskeln deutete er mir, ihm in den Keller zu folgen, was ich nicht unbedingt begrüßte. Ich kannte das Bochumer Polizeipräsidium nicht so gut; ich war mehr bei der Wattenscheider Wache zu Hause. Aber ich wusste, dass sich im Keller die Arrestzellen und Verhörsäle befanden.
»Werde ich jetzt verhört?«, fragte ich Ansmanns Rücken, während ich versuchte, mit meinem Gipsfuß auf den Treppen Schritt zu halten.
»Nur eine Zeugenbefragung.« Ansmann winkte mich durch eine Tür mit Doppelverglasung und wies mit einem Fingerzeig in den ersten Raum des Ganges. Das Zimmer hatte weiß verputzte Wände, einen turnhallengrauen Linoleumboden sowie karge weiße Möbel, bestehend aus zwei rücklings aneinander gestellten Schreibtischen und zwei Paar weißen Plastikstühlen. Die Tische waren abgenutzt, die Stühle mit Kratzern übersät, in denen sich über die Jahre trüber Dreck abgesetzt hatte. Ich roch essighaltiges Putzmittel.
»Setzen Sie sich.« Ansmann bot mir einen Stuhl an und ich nahm nur widerwillig Platz. Die Metallbeine rutschten über den PVC und quietschten schrill. Unbeeindruckt ließ er einen Bleistift unter seinem Zeigefinger hin und her rollen, während er in losem Papierwerk, das ausgebreitet vor ihm auf dem Tisch lag, schmökerte.
»Esther Roloff. 34 Jahre alt, ledig, kinderlos. Derzeitige Beschäftigung: Private Ermittlerin.« Er sah auf und ich nickte zustimmend. »Mildes Strafmaß für den Tatbestand der falschen Verdächtigung. Das Urteil wurde im März ausgesprochen«, sagte er und blätterte in seinen Papieren.
Ich spürte, wie ich langsam rot anlief.
»Eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro. Ausgesetzt als Spende für mildtätige Zwecke?«
Ich nickte erneut. Eine tolle Zeugenbefragung war das.
Ansmann federte seinen Oberkörper gegen die Stuhllehne. »Sie verdächtigen gern irgendwelche Leute, oder?«
Ich sah ihn mit tellergroßen Augen an, doch sein Blick blieb stoisch auf meinem Scheitel haften.
»Das ist ja auch mein Job.« Ich fand meine Antwort amüsant, doch Ansmann lachte nicht.
»Bei allem Respekt. Wenn es für Sie dazugehört, Geldbußen und Vorstrafen einzuheimsen, scheinen Sie entweder einen miserablen Job zu haben oder Sie machen ihn nicht gut.«
Seine Argumentation schnürte mir die Kehle zu, denn ich musste zugeben, dass er recht hatte.
»Wie dem auch sei.« Er richtete sich auf. »Am Freitag haben wir miteinander telefoniert. Bei dieser Gelegenheit verdächtigten Sie Ulrike oder Richard Pfeiffer eines Gewaltverbrechens.«
Ich schluckte, doch ein Klumpen Luft blieb mir im Halse stecken.
Daher wehte also der Wind. »So war es doch gar nicht gemeint!«
»So oder so«, unterbrach er mich. »Jetzt ist einer von ihnen tot.« Sein rechter Mundwinkel zuckte. »Entweder haben Sie einen guten Instinkt – und das glaube ich nicht – oder Sie haben schon am Freitag von der Tat gewusst.«
Hitze strömte über meine Schädeldecke und floss wie heißes Wasser an mir herunter. Schweißperlen trieben aus meinen Poren und meine Hände waren binnen Sekunden feucht und rot. Ich wusste selbst nicht, ob ich wütend war oder Angst hatte. Vielleicht war es auch eine Kombination aus beidem. Tränenwasser stieg mir hoch und es störte mich gewaltig. Ich wusste nicht, was mit mir geschah. Doch vor allem wollte ich nicht vor einem Polizisten losheulen. So etwas täte meiner Karriere überhaupt nicht gut.
»Ich weiß nicht, wer Richard Pfeiffer ist! Ich habe ihn nie zuvor gesehen. Ich war wegen des Hundes in seinem Haus, diesem invaliden Scheißköter, den ich immer noch finden muss. Es war nur seine Frau da. Sie hat die obere Etage halb leer geräumt und wollte mich nicht lange da haben.«
Ich rieb mir die Tränen von den Wangen. Ansmanns Blick ruhte abgeklärt auf meinen Händen. Wahrscheinlich tastete er meine Körpersprache auf weitere verräterische Signale ab.
»Und dann hab ich dieses Blut gesehen. Getrocknetes, dunkles Blut in den Ritzen auf dem Schlafzimmerboden.«
In seinem versteinerten Gesichtsausdruck deutete sich eine Regung an.
»Vielleicht war es auch kein Blut«, gestand ich schnell ein. »Ich weiß es nicht mehr. Metin ist mir fast an die Kehle gegangen, als ich es ihm erzählte.«
»Metin Tozduman? Warum?«
»Weil es nicht mein Job ist, in Angelegenheiten herumzuwühlen, für die ich nicht bezahlt werde.«
Ansmanns
Weitere Kostenlose Bücher