Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
mich an der Beifahrertür des Mercedes auf. Gregor schritt mit durchgestreckten Beinen zum Taxi, ich fühlte seinen Blick im Nacken und hatte das Bedürfnis, irgendwo in Deckung zu gehen.
»Ich habe vor Ihrem Haus gewartet«, sprach er mit strenger Stimme.
»Und Sie sind nicht zum vereinbarten Zeitpunkt gekommen«, argumentierte ich.
Gregor nahm Schwung und schlug mit geballter Faust auf das Autodach. Ich zuckte zusammen und betrachtete die Beule. Er riss die Fahrertür auf. »Fahren wir, bevor er wiederkommt«, sagte er und starrte auf meine Kehle, die sich postwendend zuschnürte. »Ich möchte die Unterhaltung mit Ihrem Vater nicht fortsetzen.«
Ich versank im verrunzelten Ledersitz und ließ die Tasche zwischen meine Füße fallen. Mit einem dumpfen Rumpeln schlug die Knarre in der Tasche auf dem Boden auf. Meine Augen wanderten zu Gregor, während der Rest meines Gesichts starr ausharrte. Ich roch den Kräuterlikör, den er sich in der Nacht zuvor in den Hals gekippt hatte. Vielleicht kam es aus den Klamotten, vielleicht trieb sich der Duft schon seit Stunden in der Fahrerkabine herum. Vielleicht hatte Gregor aber auch ordentlich einen im Tee. Er ließ die Zündung an und würdigte mich oder die Tasche keines Blickes. Stattdessen ging er ganz darin auf, das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten, gleich nachdem er die Handbremse gelöst hatte.
»Sind Sie irgendwie sauer auf mich?«, wollte ich vorsichtig wissen. Gregor schoss mit dem Taxi um die Kurve und ich flog gegen die Beifahrertür.
»Ich mag es nicht, wenn mich jemand versetzt.«
»Aber wir hatten neun Uhr abgemacht.« Kaum hatte ich es ausgesprochen, bereute ich es schon. Gregors Blick bohrte sich wie eine heiße Nadel durch meine Schädeldecke. Er ging in die Eisen und vermutlich wäre ich nach vorn geflogen, hätte ich mich mit den Händen nicht am das Armaturenbrett abgestützt.
Wir standen mitten auf der Hauptstraße. Autos begannen bereits zu hupen. Ich glotzte ihn an und keuchte wie ein ausgemergelter Windhund. Ich horchte in mich hinein, ob mein Herz noch schlug. Gott sei Dank. Ich lebte noch.
»Schnallen Sie sich an«, forderte er mich auf.
Ich tat es sofort, auch aus Rücksicht auf die wartenden Fahrer hinter uns. Ich wollte nicht riskieren, dass auch nur einer von ihnen ausstieg, um Gregor die Leviten zu lesen. Für solche Sperenzchen wäre er nicht zu haben gewesen.
Gregor legte den ersten Gang ein und zog beherrscht den Fuß von der Kupplung. Dicke Adern zeichneten sich auf seinen Unterarmen ab und seine Lider waren durch Krähenfüße gequetscht. Daher schob ich es auf, ihn auf die Pistole in meiner Tasche anzusprechen, insbesondere auf die Frage, wie die Wumme ihren Weg dorthin gefunden hat. Es wäre eine Lüge gewesen, hätte ich gesagt, dass mir eine Pistole in der Tasche etwas ausmachen würde. Und wenn Gregor meinte, ich müsse mich schützen, musste ich seinen Willen respektieren.
Gregor verließ noch vor Wattenscheid die Autobahn und steuerte auf die Stadtmitte zu. Ein paar Schilder wiesen in Richtung Tierpark und Bergbau-Museum und mir schwante langsam, wohin die Reise überhaupt ging.
Das Polizeipräsidium Bochum war ein rotbrauner, verwinkelter und spätexpressionistischer Bau mit zahllosen Fenstern, einem Eckturm und einem Innenhof. Hinter dem Gebäudekomplex ragte das grünblau schimmernde Fördergerüst des Deutschen-Bergbau-Museums empor. Vom Polizeiparkplatz aus sah der Doppelbock wie ein imposantes, 70 Meter großes A aus. Gregor stellte das Taxi in einer Parklücke ab und machte keine Anstalten, auszusteigen. Stattdessen ging sein Blick schnurgerade zum Löwenzahn, welcher sich drei Meter vor dem Wagen aus einer Steinfuge quälte. Ich drückte die Beifahrertür auf.
»Lassen Sie Ihre Handtasche im Auto«, befahl er mir und ich tat es, wohl wissend, dass es ihm um die Knarre ging. Ich stakste über den Parkplatz, glimmende Sonnenstrahlen auf der Kopfhaut fühlend. Ungelenk stieß ich die Eingangstür auf, erfreute mich kurz an der klimatisierten Luft und kam vor einer Theke mit Hochsicherheitsdurchreiche zum Stehen. Eine Uniformierte mit streng gebundenem Pferdeschwanz nahm mein Erscheinen wortkarg zur Kenntnis, ließ sich die Personalien durchgeben und rief Ansmann per Kurzwahl auf den Plan. Eine Minute später kam Edgar Ansmann aus dem Keller heraufspaziert. Sein Hemd quoll lässig aus dem Hosenbund und besaß die typischen Quetschfalten eines langen Arbeitstages im Bürostuhl. Saschas Hemden hatten
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