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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Handschuhfach zu öffnen. Dabei streifte sein Ellenbogen meine Brust. Er warf das Walkie-Talkie ins Fach.
    »Haben Sie was gefunden?« Fickerig flatterten meine Finger in Richtung der Papiere, doch sofort stieß er geschmeidig, aber nachdrücklich meine Hände fort.
    »Sie waren im Papierkorb. Im beschissenen Papierkorb«, sagte er leise und schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Haben Sie schon rein gesehen?«
    »Nein, aber eines kann ich Ihnen schon mal sagen.« Er bekam Schlitzaugen. »Für mich werden Sie nie wieder Schmiere stehen.«
     
    Der ›Bumskopp‹ war eine Eckkneipe am Rande der Innenstadt. Es war mittlerweile kurz vor drei und ein paar Alkoholleichen schlummerten schnarchend über dem Holztresen. Die Bar war mit kaltweißen Leuchtstoffröhren ausgeleuchtet, die Toiletten wiederum flimmerten im schreienden Blau, um den Fixern das Spritzen von irgendwelchen Drogen zu erschweren. Ich hasste das Licht, weil es mein Veilchen herrlich zur Geltung brachte.
    Gregor hatte sich mittlerweile ein paar Bier und zwei Pinchen Tequila rein gepfiffen und seinen Alkoholpegel auf mittlere Alarmstufe gebracht. Zur Feier des Tages trank ich ein Gemisch aus 20 Prozent Bier und 80 Prozent Limonade und hatte das Gefühl, mein Kopf sei um einige 1.000 Gramm schwerer geworden. Ich war todmüde.
    »Überall taucht Richard Pfeiffers Name auf«, sagte Gregor und warf frustriert die zerknitterten Blätter auf den Tisch. »Er wurde geschmiert. Genau wie die anderen.« Gregor saß auf einem halb hohen, mit Kunstleder bezogenem Barhocker. Sein Rücken war an die Wand gelehnt und die Füße in den Stuhlbeinen verankert. Auf diese Weise schafften es Kampftrinker oder Flatrate-Gäste, während ihres Trinkgelages nicht vom Stuhl zu fallen.
    Ich zog die Blätter zu mir. Sie schienen aus dem Ordner herausgerissen worden zu sein, denn die Lochungen waren buchstäblich zerfetzt. Ich überflog den Inhalt. Es handelte sich um betriebswirtschaftliches Zeug, von dem ich nichts verstand, und die Namen, die ich las, waren mir nicht neu. Es waren die drei Manager der Audit-Abteilung: Pfeiffer, Sachs und van Houten. Ich legte meinen Kopf zwischen die Hände und drückte mir mit den Handballen die Augen zu. »Aber dann ergibt alles keinen Sinn mehr.« Ich war frustriert. »Diese Papiere hätten nicht nur Sachs und van Houten, sondern auch Pfeiffer in den Knast gebracht. Damit hätte er doch unmöglich jemanden erpressen können.«
    »Das ist die eine Sache«, sagte Gregor. »Die andere Sache ist, warum Pfeiffer einen Detektiv anheuern sollte, der ihn im Endeffekt nur selbst belastet.«
    Mit Schwung warf er sich nach vorn und begann, den Papierhaufen zu zerwühlen. Kurz darauf angelte er ein einzelnes Blatt heraus. Seine Pupillen huschten in schnellen Bewegungen über den Inhalt. Dann legte er es auf den Tisch zurück und grinste. »Darauf hätte ich viel eher kommen müssen«, sagte er.
    Prompt nahm ich die Seite zwischen die Finger und klapperte jede Zeile ab. Es dauerte eine Weile, bis ich es begriff. Aber zu guter Letzt fand ich mich in Gregors Lächeln wieder. Feierlich kippte ich den Inhalt seines letzten Pinchens hinunter. Der Tequila rann wie Brennspiritus meinen Hals hinab und ich spürte, wie sich die Flüssigkeit nach und nach auf der inneren Magenhaut absetzte. »Schön, wenn man ein Ziel hat.«
     
    Nach einer halben Woche war ich es mittlerweile gewohnt, von einem Betrunkenen nach Hause gefahren zu werden. Ich war damit aufgewachsen, mich anhand von Indizien durch die Zeit zu hangeln. Ich hatte gelernt zu erkennen, an welchen Tagen Mutti ausreichend angesäuselt war, um meine schlechten Noten ohne Rüge gegenzuzeichnen und wann sie den Pegel erreicht war hatte, an dem sie einen Stift von einer Stricknadel nicht unterscheiden konnte. Auch Gregor hatte sicherlich seine Stricknadeltage. Doch wäre es so weit gewesen, hätte ich es eher vorgezogen, in sein Auto zu steigen, anstatt ihm eine Waffe zu überlassen.
    »Ich sähe es lieber, wenn ich in Ihrer Nähe bliebe«, merkte Gregor an. »Sie können auch bei mir übernachten.«
    Ich rümpfte die Nase. Vielleicht war ich zu betrunken oder zu müde, um klar und logisch zu denken. Doch bei dem Gedanken, Gregor würde zwei bis zehn Meter von mir entfernt die Nacht mit mir verbringen, bildete sich Angstschweiß auf meinem Nacken. Vielleicht war er einer von diesen mordenden Schlafwandlern. Vielleicht wurde er von bösen Poltergeistern verfolgt, die ihn nachts heimsuchten. Vielleicht möchte er

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