Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
regelmäßig in seinen Klamotten.
Kopfüber beugte ich mich in das Taxi und räumte den Beifahrersitz von Essensresten frei. Dabei fielen mir ein paar leere Schrothülsen im Fußraum auf.
»Richard Pfeiffers Leiche wurde gestern für die Beerdigung freigegeben«, sagte Gregor. Auch er war nicht der Frischeste. Er schien verkatert. Seine Augenlider hingen zäh über seinen Pupillen und die Tränensäcke lagen tief in seinem Gesicht.
Ich sah schlimmer aus. Ich war mit Hämatomen besprenkelt und hatte letzte Nacht keine Sekunde geschlafen. Doch ich rang nach Normalität.
»Und wann soll die Beerdigung sein?«, fragte ich.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Gregor. Ein unheilschwangeres Lächeln umschmeichelte seine Lippen. »Fragen wir doch die Witwe.«
Die Fahrt verlief träge, weil Gregor unentwegt auf der Windschutzscheibe starrte. Wir plauderten drei Minuten lang über die Baustelle vor dem Donezk-Ring. Ein Lkw hatte unabsichtlich auf der Begrenzungsinsel gewendet. Mehr gab es nicht zu sagen.
Gregor parkte den Mercedes quer auf der Garageneinfahrt. Die Garage selbst war abgeschlossen. Vor dem Haus war es ruhig. Ein rostiger Container drückte den Vorgarten platt und fahle Asche bedeckte das Gras. Gregor marschierte zielstrebig und ich hatte Probleme, ihm mit dem Gips zu folgen.
»Sie werden sie doch nicht auch mit der Waffe bedrohen, oder?«, fragte ich vorsichtig.
»Das kommt ganz auf sie an«, sagte er und ich stöhnte angesichts des arroganten Untertons leise auf.
Ulrike Pfeiffer öffnete nach dem zweiten Klingeln die Tür. Zuerst beäugte sie Gregor und als sie mich abgefertigt hatte, kniff sie argwöhnisch die Augen zusammen. Mechanisch verschränkte sie die Arme vor der Brust und stellte sich breitbeinig in den Hauseingang. Ihr Dekolleté war zugeknöpft. Sie trug Schwarz.
»Verschwinden Sie von meinem Grundstück«, zischte sie.
Gregor faltete ein Stück Papier auseinander und hielt es unter ihr dominierendes Kinn. »Ist das Ihre Unterschrift?«
Ihre Pupillen weiteten sich. »Woher haben Sie das?«
Gregor breitete seine Schultern aus, schritt an ihr vorbei in das Haus und stieß sie dabei unsanft zur Seite. Schnell hinkte ich in seinem Windschatten hinterher.
» Sie haben die Detektive angeheuert. Nicht Richard.« Gregors harter Ton hallte im freigelegten Treppenhaus.
Die Pfeiffer stellte sich ihm in den Weg und flatterte mit ihren Armen. »Sie haben nicht das Recht, hier zu sein! Ich erlaube es Ihnen nicht. Also verschwinden Sie!« Gallsüchtig zerrte sie mich am Arm und ich torkelte.
Sofort packte Gregor sie am Handgelenk und drückte zu. Dann ließ sie von mir ab.
Er suchte ihren Blick. »Wozu die Detektive?«
»Gehen Sie oder ich rufe die Polizei!«, drohte sie erneut.
»Warum wollen Sie Sachs unbedingt dafür büßen sehen?«
»Weil er es war! Er hat meinen Mann umgebracht.«
»Woher wissen Sie das?«
Sie stockte. »Ich weiß es eben.«
Gregor näherte sich ihr bis auf wenige Zentimeter. Sie schreckte zurück, doch er folgte ihr und hauchte ihr seine Worte bedächtig ins Ohr. »Sie wissen es, weil Sie ihn geschickt haben, nicht wahr? Sie waren Ihres Mannes überdrüssig und haben Sachs mithilfe der Unterlagen die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder entledigt er Sie Ihres Mannes oder Sie gehen mit den Informationen an die Öffentlichkeit. Dann haben Sie ihn in die Wohnung gelassen und sich für ein Weilchen verdrückt, während er die Drecksarbeit für Sie erledigte.«
Ich hörte Gregor aufmerksam zu und war erstaunt. So weit wie er hatte ich längst nicht gedacht. Eigentlich hatte ich noch gar nicht gedacht. Aber ich hatte es geplant. Bedauerlicherweise kamen mir die kaputte Tür und die zerdepperte Wohnung in die Quere und ich konnte seitdem keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Pfeiffer verharrte stoisch in der Mitte des Raumes und zählte die Bodenfliesen. Dann begannen ihre Hände zu zittern und das Schlottern griff auf ihre Arme über. Ihre Unterlippe bebte und schließlich überflutete ein ganzes Tränenmeer ihr faltiges Antlitz. Ich legte eine Hand über meine Augen. Das hält man ja im ganzen Leben nicht aus.
»So ist es nicht gewesen!«, jammerte sie, schleppte sich aufs Sofa und vergrub ihr rotes Gesicht in den Händen. Ihr spitzes Kinn lugte zwischen den Händen hervor und sie war kaum zu verstehen, als sie weitersprach. »Richard hatte eine Geliebte. Er wollte sich von mir scheiden lassen.« Sie fummelte sich eine baumwollene Rotzfahne aus der Hosentasche
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