Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
oben und die Dame verschwand von dem Fenster.
»Was wird das?«, fragte Thorsten.
»Ich will oben noch mal klopfen«, sagte ich. Einige Sekunden später surrte der Türöffner und ich drückte die Klinke. Prompt überholte Thorsten mich und rannte nach oben. Er nahm zwei Treppenstufen auf einmal.
»Welche Etage?«, rief er zu mir herunter.
»Ganz oben. Die rechte Tür«, keuchte ich und kam nur mit knapper Mühe und Not voran. Die Geschichten von dem Adrenalin, das einen Menschen zu unglaublichen Taten verhelfen konnte, hielt ich für eine Mär. Mein Adrenalinpegel war bis zum Bersten voll und ich war trotzdem nicht schneller als sonst. Außerdem musste ich darauf achten, dass mein verkrüppelter Gips nicht den Hausflur vollkrümelte.
Ich hörte, wie Thorsten auf der obersten Etage klingelte und gegen die Tür hämmerte.
»Aufmachen, Polizei!«, rief er, doch es kam keine Antwort. Ich wartete auf den Knall, aber nichts geschah. Ächzend betrat ich das letzte Stockwerk und sah Trenkelbach an seinem Telefon.
»Was machst du da?«
»Ich rufe den Schlüsseldienst.«
»Bist du verrückt? Tritt die Tür ein!«
»Sag mal, spinnst du? Hast wohl zu viel Cobra 11 geguckt.«
Ich rollte mit den Augen, setzte mich auf die Treppenstufe und rief Gregor an. Wieder bekam ich keine Antwort. Was zur Hölle trieb er nur?
Thorstens Gespräch war sehr kurz. Kaum zwei Minuten später setzte er sich zu mir.
»Der Schlüsseldienst ist unterwegs«, tat er kund.
»Was hilft das schon. Ohne Anordnung.« Wir seufzten beinahe gleichzeitig.
»Die kommt bald«, versicherte Thorsten.
Ich nickte. »Wann wird Hugo Sachs freigelassen?«, fragte ich.
Er sah auf die Uhr. »Sieht wohl so aus, als hätte sich sein Alibi bestätigt. Die dürften ihn eigentlich rausgelassen haben. Bei so etwas sind die Anwälte immer recht schnell.«
Die Anwälte. Bei dem Gedanken rutschte mir das Herz in die Hose. Wenn Sachs auf freiem Fuß war, hatte er es hauptsächlich mir zu verdanken. Immerhin war ich es, die sein Alibi identifiziert hatte. Aber Gregor würde ihn zu Hause abfangen, dessen war ich mir todsicher. Dann würde der Spuk endlich ein Ende haben. Marisa Nowak würde ihrer Freundin Ulrike Pfeiffer in der Haftanstalt Gesellschaft leisten. Was allerdings Sachs und seine dubiosen Kollegen betrifft, war ich mir nicht ganz so sicher. Der Sammelordner der Detektei müsste als Beweismittel vorgeführt werden. Ganz zu schweigen von dem Maulwurf und dem Anwalt, Roald Schuster, dessen korrupte Motivation man erst einmal nachweisen musste. Alles in allem war ich aber zuversichtlich, dass diese Menschen ihrer rechtlich angemessenen Bestimmung zugeführt werden würden. Anders als bei Bolker, bei dem ich nicht wusste, welches Schicksal ihn erwartete. Doch wie auch immer dieses Schicksal aussah, ich hoffte, er würde diesem begegnen, bevor unsere Wege sich ein zweites Mal kreuzten.
»Willst du nicht runtergehen und den Funk abhören?«, fragte ich Thorsten.
»Ich habe ein Gerät hier.« Er zeigte auf einen klobigen Kasten an seinem Halfter, dann schlang er seine Hände vor den Knien ineinander. Im direkten Vergleich hatte Thorsten relativ kurze Beine, dafür aber umso größere Füße. Seine Schuhe waren abgelatscht, die Spitzen verkratzt.
»Was soll das sein? Hast du den Gips selbst gemacht?«, erkundigte er sich, nachdem er offensichtlich ebenfalls meine unteren Gliedmaßen begutachtet hatte.
»Er ist nass geworden«, sagte ich knapp.
»Den solltest du mal erneuern lassen.«
Ich hatte es mir fest vorgenommen, wenn ich außer Lebensgefahr war.
»Warum will sich deine Frau eigentlich scheiden lassen?«, erkundigte ich mich.
»Sie hat einen Neuen kennengelernt. Einen viel Hübscheren, wie sie meinte.« Er rümpfte verächtlich die Nase und irgendwie tat er mir leid.
»Und wie lange wart ihr verheiratet?«
»Acht Jahre.«
»Das ist eine verdammt lange Zeit, um zu merken, dass es auf diesem Planeten noch hübschere Typen gibt. Daher scheint also die Anzahl jener, die schöner sind als du, sehr begrenzt zu sein.« Ich stupste ihn an und er grinste.
»Konntest du Ansmann weiterhelfen?«, fragte er.
»Ich denke schon.«
»Manometer. Wenn das alles stimmt, was man auf der Wache so über dich erzählt, dürfte Ansmann dir in Zukunft ordentlich das Leben versäuern.«
»Was erzählt man denn so über mich?«
»Dies und das«, sagte er nur und zwinkerte wieder.
Eine Viertelstunde später kam ein Handwerker im Blaumann herauf. Er schleppte einen
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