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Terakon

Terakon

Titel: Terakon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maria Klima
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zwischen zwei Fremden zu sitzen?"
    Ich antwortete nicht. Abermals ließ Nikelaus sich keinerlei Emotionen anmerken.
Josef stellte eine blaue verschnörkelte Flasche auf den Tisch und Heidi holte
vier Gläser aus dem Küchenschrank. Ich kannte dieses Getränk, als ich noch ein
Kind war, trank es mein Vater hin und wieder. Es enthält Alkohol, daher durfte
ich es nie kosten. Er wusste, wie neugierig ich darauf immer gewesen war und
daher spendierte er mir an meinem achtzehnten Geburtstag ein Glas. Es schmeckte
hervorragend, leicht nach Honig, dennoch nicht übermäßig süß. Nach langem
bitten und betteln genehmigte  mir Vater ein zweites Glas. Nie war ich
besoffener gewesen, als in jener Nacht. Ich erzählte meinem Vater von all
meinen kleinen Vergehen und verbrachte anschließend die restliche Nacht am Klo.
    Josef schenkte Heidi, Nikelaus und sich selbst ein Glas ein. Während er erklärte,
"tut mir leid Kleine, das ist nichts für dich", legte er eine Hand
auf meine Schulter und reichte mir eine Cola.
    "Schon gut. Incendium schmeckt gut, aber beim letzten Mal habe ich nach
zwei Gläsern die ganze Nacht gekotzt. Zugegeben, ich hatte zuvor noch etwas
Rotwein getrunken, aber dieses Zeug gab mir den Rest."
    Beiläufig fragte Josef: "Wann war das?"
    "An meinem achtzehnten Geburtstag. Mein Vater wollte mir nur ein Glas
geben, aber ich schwatzte ihm ein zweites ab. Das war ein Fehler."
    "Wenn das so ist." Josef warf einen kurzen Blick zu Nikelaus, dieser
nickte und er schenkte mir auch ein Glas ein. Betrunken in Nikelaus‘
Gesellschaft, war das klug? Wohl eher nicht. "Nein danke."
    "Komm schon, stoße mit uns an. Vielleicht nimmt es dir ein wenig deine
Angst."
    Ich schüttelte den Kopf und mein Blick fiel auf Nikelaus. Seine Gäste lachten
und Heidi sagte sarkastisch: "Nikelaus, sie scheint dir ja wirklich zu
vertrauen."
    Furchteinflößend erklärte sie: "Wenn du ablehnst mit uns zu trinken, fasse
ich es als persönliche Beleidigung auf. Ein Glas, mehr geben wir dir ohnehin
nicht."
    Widerwillig griff ich nach dem Incendium, sagte, "zum Wohle", und
nahm einen Schluck, die anderen taten es mir gleich. Sie beobachteten mich
erwartungsvoll. Der Alkohol war irgendwie angenehm. Zum ersten Mal seit Tagen
fühlte ich mich annähernd entspannt. Etwas irritiert hob Heidi ihr Glas und
trank erneut. "Mochte deine Mutter dieses Getränk auch?"
    "Keine Ahnung, ich habe sie es nie trinken gesehen. Sie trinkt aber
praktisch nie Alkohol."
    "Nikelaus alter Freund, es könnte sein, dass du einen Halbling
beherbergst."
    "Was ist ein Halbling?"
    "So nennen wir alle, die einen übernatürlichen und einen menschlichen
Elternteil haben."
    "Und ihr vermutet das, weil?"
    Diesmal entschloss sich Nikelaus zu antworten. "Weil Incendium für
Menschen nicht zugänglich ist. Wärst du nur ein Mensch, hättest du inzwischen
wahrscheinlich eine Alkoholvergiftung. Ist dir noch nie aufgefallen, dass
Michael und die anderen von menschlichen Getränken praktisch nicht betrunken,
sondern höchstens etwas angeheitert werden."
    Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. "Mein Vater ist ein
Mensch!"
    "Schon klar. Heidi erzähl uns, wie geht es deinem Vater. Hat er sich
inzwischen erholt?"
    Für eine Weile sprachen die drei über dieses und jenes, kurz über Dinge, die
ich nicht zuordnen konnte. Unterdessen leerte ich langsam mein Glas und
bemerkte das Nikelaus seinen Autoschlüssel vor sich am Tisch abgelegt hatte.
Mehr und mehr verlor ich meine Furcht. Heidi legte ihren Arm um mich:
"Herrlich, welche Energie. Du hattest Recht, sie vor Michael zu
retten."
    Die Art, wie sie über meinen Freund sprachen, mochte ich nicht. "Wo liegt
eigentlich der Unterschied zwischen meiner Energie und der Energie der
anderen?"
    "Um das zu verstehen, müsstest du schon ein Peri sein."
    Josephs Antwort half mir nicht weiter. Ich war betrunken, der Alkohol machte
mich unvorsichtig und ließ meine Angst weiter schwinden. Die Peris hatten
inzwischen mehrere Gläser geleert, dennoch war ich nach meinem mit Abstand am
besoffensten. "Meine Energie ist also stärker. Ihr könntet doch einfach
mehrere Menschen anzapfen und euch den Ärger mit mir ersparen."
    Diesmal antwortete Heidi: "Deine Energie ist reiner, köstlicher, wenn du
es so willst. Es gibt einen großen Qualitätsunterschied zwischen dir und den
anderen. Glaub mir, du bist eine Menge Ärger wert."
    Diese Information ordnete ich in die Kategorie - nicht darüber nachdenken -
ein. Es war Zeit für einen Themenwechsel.

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