Teranesia
Ursprung zurückführt, muss es für jede Spezies mindestens einen Vorfahren gegeben haben, der zu einem bestimmten Zeitpunkt demselben Mutagen ausgesetzt war. Ich meine, was auch immer der Grund sein mag, wäre es nicht etwas weit hergeholt zu glauben, dass an mehreren verschiedenen Orten dieselben Bedingungen geherrscht haben?«
Grant zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich haben Sie Recht.« Aber sie klang nicht sehr überzeugt.
Prabir versuchte in ihrem Gesicht zu lesen. Wenn es nicht die Tiere waren, die einen Ortswechsel vornahmen, was dann? Eine chemische Kontamination, die so schwerwiegend war, dass sie sich über eine Fläche von vielen tausend Quadratkilometern auswirkte, konnte unmöglich so lange unbemerkt geblieben sein. Ein vertuschter Unfall mit radioaktivem Material war sogar noch unplausibler.
»Meinen Sie, dass es ein Virus sein könnte?«, fragte er. »Aber wenn er sich über die gesamten Molukken ausbreitet, wird es völlig unbegreiflich, warum wir bisher nur lebensfähige Mutanten beobachten konnten. Und ist es nicht ziemlich unwahrscheinlich, dass er so viele unterschiedliche Spezies infiziert?«
Grant hatte immer noch den unergründlichen Gesichtsausdruck einer Sphinx. Prabir verschränkte die Arme und musterte sie mit gerunzelter Stirn. Jetzt schlug er nicht mehr nur die Zeit tot, jetzt war er wirklich neugierig geworden. Er hatte die Frage bisher als irrelevant abgetan, aber was Felix als seine Lügengeschichte bezeichnet hatte, war nicht völlig falsch: Es ging um Radhas und Rajendras Lebenswerk, und unter anderem interessierte es ihn wirklich, was sie entdeckt hätten, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätten, ihr Werk zu vollenden.
»Es sei denn«, sagte er, »diese zwei Rätsel haben ein und dieselbe Erklärung. Dass der Faktor, der diese Tiere so unwahrscheinlich erfolgreich macht, auch für den Erfolg des Virus verantwortlich ist.«
»Wir werden Daten sammeln und dann sehen, was wir feststellen«, sagte Grant entschlossen. »Ende der Diskussion. Einverstanden?«
*
Prabir lag auf seiner Koje, hatte die Kopfhörer seines Notepads aufgesetzt und frischte seinen indonesischen Wortschatz auf. Es war nach Mitternacht, doch Grant war offenbar immer noch wach und beschäftigt. Der Blick in die Kabine wurde ihm größtenteils durch die Schränke vor der Koje versperrt, und das diffuse Licht, das in sein Quartier drang, hätte genauso vom phosphoreszierenden Notausgangsschild stammen können, doch jedes Mal, wenn er seine Lektion unterbrach, konnte er das unverkennbare metallische Quietschen des ›Kapitänssessels‹ hören. Er hatte keine Ahnung, was sie trieb. Wenn die mit Radar und Sonar arbeitende Automatik zur Vermeidung von Kollisionen eingeschaltet war, gab es keinen zwingenden Grund, dass irgendjemand Wache hielt.
Seine Konzentration ließ nach. Er stoppte das Audioprogramm und nahm die Kopfhörer ab. Die Luftfeuchtigkeit war fast unerträglich geworden; der Schlafsack, den er als Matratze benutzte, war klitschnass, und die Luft war so dick, dass er das Gefühl hatte, sie durch einen Strohhalm einzuatmen. Vielleicht wäre es angenehmer, auf Deck zu schlafen, nachdem sie jetzt weit genug draußen waren, um sich nicht mehr wegen Insekten sorgen zu müssen. Die genetische Eigenart, die es erforderlich gemacht hatte, dass er seine Kindheit als wandelnder Moskitokiller verbringen musste, hatte keine Auswirkungen auf den modernen Impfstoff – ein weiterer Triumph der Biotechnik. Aber wenn sie eine der Inseln mit noch nicht trockengelegten Sümpfen erreichten, würde er sich wahrscheinlich wünschen, insektenabweisenden Schweiß zu produzieren.
Er rollte seinen Schlafsack zusammen und verließ seine Nische. Grant saß an der Konsole und studierte eine Karte der Banda-See, die die gesamte Region bis hinunter nach Timor zeigte. Prabir erklärte ihr, was er vorhatte. »Haben Sie damit irgendwelche Probleme?«
»Nein, natürlich nicht. Gehen Sie nur.« Sie wandte sich wieder der Seekarte zu. Prabir kam etwas verspätet in den Sinn, ob er vielleicht ihre Privatsphäre beeinträchtigte. Die Kabinenfenster hatten keine Vorhänge, sodass zwischen ihnen beiden nun kein perfekter Sichtschutz mehr vorhanden war – im Gegensatz zu den Schränken vor seiner Koje. Aber sie hatte keine Einwände erhoben, und wenn sie die Konsole ausschaltete, würde sie für ihn ohnehin praktisch unsichtbar.
Als er seinen Schlafsack auf dem Deck entrollte, überlegte er, ob er verpflichtet war, Grant mitzuteilen,
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