Teranesia
fallen.
Plötzlich fluchte Grant.
Prabir blickte auf. »Was ist?«
Mit beiden Armen drückte sie Zweige und Blätter beiseite; vielleicht ärgerte sie sich, weil sie auf diese Weise nicht an das herankam, was sie gefunden hatte. »Kommen Sie her und schauen Sie sich das an!«, sagte sie.
Prabir tat wie befohlen. Kleine schwarze Ameisen wimmelten auf dem reglosen Geschöpf, das bereits mehr rosa als schwarz war. Es war schon fast zur Hälfte aufgefressen.
»Sah das Tier nach Aas aus, als es den Boden erreichte?«
»Wohl kaum.« Prabir griff vorsichtig nach unten; er wollte den Ameisen nur ungern ihre Mahlzeit streitig machen, aber es würde in Schwerstarbeit ausarten, wenn sie aufgeben und nach einem neuen Exemplar suchen wollten und damit rechnen mussten, dass dasselbe immer wieder geschah.
»Seien Sie vorsichtig«, riet Grant ihm überflüssigerweise.
Er ergriff einen Flügel mit Daumen und Zeigefinger und versuchte, die Ameisen vom Kadaver zu schütteln. Sofort stürzten sich die Insekten auf seine Hand. Er ließ den toten Vogel fallen und schlug nach den Ameisen. Die meisten konnte er innerhalb weniger Sekunden zerquetschen, aber die wenigen Überlebenden fügten ihm weiterhin extreme Schmerzen zu. Ob es Stiche oder Bisse waren, konnte er aufgrund ihrer Winzigkeit nicht feststellen.
Grant holte das Insektenmittel heraus und besprühte damit seine Hand; keiner von ihnen hatte daran gedacht, dass solche Gründlichkeit nötig wäre. Das Lösungsmittel schmerzte auf seiner Haut, die an hundert winzigen Stellen verletzt war.
»Alles in Ordnung?«
»Ja, es geht.« Er spürte ein Pulsieren in seiner Hand, doch ansonsten schien es keine systemische Reaktion auf die Stiche zu geben.
Grant besprühte ihre rechte Hand und den Kadaver, dann brach sie einen Zweig vom Gebüsch ab und benutzte ihn als Angel. Am Vogel war nicht mehr viel Fleisch vorhanden, aber es würde in jedem Fall für eine DNS-Analyse reichen.
»Wenigstens waren es keine Treiberameisen«, scherzte sie. »Dann hätten wir uns glücklich schätzen können, wenn überhaupt noch etwas übrig geblieben wäre.«
Prabir beobachtete nervös den Boden. »Richtig, aber ich glaube nicht, dass wir uns in Guatemala befinden.« Sein altes Implantat mochte wie eine rosarote Brille gewirkt haben, was seine Einschätzung der Insekten Teranesias betraf, aber er war sicher, dass es dort keine Arten gegeben hatte, die so aggressiv wie diese waren.
»Wenn die ganze Angelegenheit eine Reaktion auf DNS-Schäden ist, warum ist es bisher noch nie bei einem Experiment aufgetreten?«, fragte er. »Fruchtfliegen wurden seit hundert Jahren mit jeder beliebigen Dosis bestrahlt.«
Grant war ihm bereits einen Schritt voraus. »Vielleicht ist es tatsächlich aufgetreten. Doch ein oder zwei zurückentwickelte Merkmale ließen sich nicht ohne weiteres von rein zufälligen Mutationen unterscheiden. Es ist ja nicht so, dass der gesamte Organismus die Regression zu einer archaischen Form vollzieht, die jeder kompetente Paläo-Entomologe sofort identifizieren könnte. Ich glaube, die Veränderung der Organe in manchen Mutanten ist darauf zurückzuführen, dass ein Teil der Embryologie asynchron zu allem Übrigen modifiziert wurde; es wirkt sich nicht nachteilig aus, weil sich noch so viele andere Dinge aus der Urform erhalten haben, doch insgesamt führt es zu einer Anatomie, die im Detail weder modern noch archaisch ist.«
»Richtig.« Prabir verstand immer noch nicht, wie sich die Zähne des Kakadus mit solcher Perfektion entwickeln konnten, aber er wusste zu wenig über das Thema, um sinnvoll darüber diskutieren zu können.
»Aber wenn Sie sich die originale DNS der Tauben ansehen, die früher auf Banda Neira lebten, können Sie dann erkennen, woher die rekonstruierten Merkmale stammen? Können Sie die Sequenzen identifizieren, die bei den Vögeln, die wir beobachtet haben, aktiviert oder deaktiviert wurden?«
Grant schüttelte den Kopf. »Ich erwarte überhaupt nicht, dass ich dazu in der Lage bin, bevor ich verstanden habe, wie der Reparaturmechanismus funktioniert. Die ursprüngliche Sequenz könnte herausgeschnitten und an neuer Stelle eingefügt worden sein – selbst wenn ich das gesamte Genom nach partiellen Übereinstimmungen absuche, müsste ich nicht unbedingt fündig werden.«
Prabir dachte darüber nach. »Also müssten Sie den Vorgang einmal bei der Arbeit beobachten können. Und nicht nur den Vorher- und Nachher-Zustand des Genoms. Wenn wir ein Tier finden
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