Teranesia
könnten, bei dem die Veränderung noch nicht abgeschlossen ist…«
»Das wäre ideal«, stimmte Grant zu. »Auch wenn ich nicht weiß, woran wir es erkennen könnten. Ich wüsste nicht, wonach wir Ausschau halten müssten.«
Und er erst recht nicht. Aber vielleicht geschah es immer noch am häufigsten und am auffälligsten auf der Insel, wo es zuerst aufgetreten war.
Er wusste, dass er jetzt nichts mehr von Grant zu befürchten hatte; schließlich waren sie inzwischen Freunde geworden, nicht wahr? Selbst wenn sie mit Verärgerung darauf reagierte, dass er sie angelogen hatte, würde sie wohl kaum ohne ihn weiterfahren.
Aber Madhusree hatte versprochen, nichts zu sagen. Was würde sie denken, wenn er zuerst das Schweigen brach, ohne sich mit ihr abzusprechen? Und wenn Grant mit seiner Hilfe die Expedition ausstach, würde die Entdeckung niemals an die Öffentlichkeit gelangen, sondern zum Eigentum ihres Sponsors werden.
»Also können wir nur so viele Proben wie möglich sammeln und hoffen, dass wir Glück haben?«, fragte er.
Grant hob gleichmütig die Schultern. »So ist es. Wenn man nicht weiß, wonach man eigentlich sucht, gibt es keine Alternative zum Overkill.«
*
Sie blieben sechs Tage lang auf der Insel. Prabir konnte nicht gerade behaupten, dass er sich an die Plackerei gewöhnte, aber es war ein gewisser Trost, dass er sich jeden Abend so müde fühlte, um sofort einschlafen zu können, sobald er sich in die Horizontale begab. Sie fanden dreiundzwanzig Tier- und Pflanzenarten, die anscheinend neu waren, obwohl Grant auf die Möglichkeit hinwies, dass ein oder zwei es bislang einfach nur nicht geschafft hatten, in die taxonomischen Datenbanken aufgenommen zu werden.
Die zweite Insel lag eine halbe Tagesreise per Schiff entfernt. Nachdem sie an Land gegangen waren, konnten sie sich in kürzester Zeit davon überzeugen, dass hier anscheinend dieselben Dornensträucher, dieselben Fliegen und dieselben bissigen Ameisen lebten.
Sie drangen tiefer in den Dschungel vor, während sie ständig in Sichtweite blieben, aber unabhängig Proben sammelten. Prabir hatte eine Software installiert, die die Bilder von der Kamera seines Notepads überprüfte und die größeren Datenbanken nach visuellen Übereinstimmungen mit bereits beschriebenen Spezies absuchte. Grant blickte mit Verachtung auf seine Methode herab; sie besaß zwar kein enzyklopädisches Wissen über die ursprüngliche Flora und Fauna in dieser Region, aber sie schien ein besonderes Auge für subtile Hinweise im Bauplan und der Färbung von Lebewesen entwickelt zu haben. Als sie am Ende des Tages anhand der Resultate der Sequenzanalysen ihre Trefferquoten vergleichen konnten, stand es zwischen ihnen praktisch unentschieden.
Prabir hielt vor einer weißen Orchidee an, einer einzelnen glockenförmigen Blüte von fast einem halben Meter Durchmesser. Der dicke, grüne Stängel wand sich um einen Baumstamm und endete in einem Geflecht aus weißen Wurzeln, die sich an die Rinde klammerten, von einem Pilzmyzel überzogen, doch ansonsten an der freien Luft. Im Rachen der Blüte saß ein Insekt, ein Käfer mit schillernden, grünen Flügeln. Prabir ging in die Hocke, um ihn sich genauer anzusehen; er war sich ziemlich sicher, dass es sich um eine Spezies handelte, die Grant auf der vorigen Insel entdeckt hatte und die sich als modifizierte Art herausgestellt hatte. In diesem Fall wäre eine Vergleichsprobe zweifellos interessant.
Er besprühte den Käfer mit Insektizid und wartete ab. Doch die üblichen Zuckungen des Todeskampfes blieben aus. Schließlich fasste er ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und versuchte ihn anzuheben, doch er schien sich sehr fest an das Blütenblatt zu klammern.
Langsam begann sich die Blüte zusammenzuziehen und zu schließen. Prabir zog seine Hand zurück, doch die Blüte folgte der Bewegung. Das klebrige Sekret, dem der Käfer zum Opfer gefallen war, hatte gleichzeitig seine Finger am Panzer festgeklebt. Er lachte. »Füttre mich! Füttre mich!« Er griff nach dem Stiel der Orchidee und versuchte sich zu befreien, indem er mit beiden Händen zog, aber er war nicht stark genug, um die Adhäsionskraft zu überwinden oder die Pflanze zu zerreißen. Es war, als würde er an einem strapazierfähigen Tau kleben, das um einen Baumstamm geknotet war.
Als die Blüte bereits locker seinen Unterarm umschlossen hielt, hatte die Reflexbewegung immer noch nicht aufgehört. Er bemühte sich, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Weitere Kostenlose Bücher