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Terra Madre

Terra Madre

Titel: Terra Madre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Petrini
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Wagen« betrachtet werden, sich wichtig und verbunden fühlen. Die Bedeutung dieser Menschen wurde immer unterschätzt. Man sah in ihnen ein Stück Welt, das zurückgeblieben ist, nicht mit der Zeit Schritt halten konnte. Kleinbauern und andere Erzeuger von nachhaltigen Lebensmitteln behandelte man fast wie Aussätzige. Für das wirtschaftliche und politische System der Welt kann es sich jedoch als fatal erweisen, diese Menschen so negativ zu beurteilen.
    Die Politik hat die Bauern aus dem demokratischen Prozess ausgeschlossen: im reichen Westen, weil es dort nur noch sehr wenige Bauern gibt, im Süden, weil die Landarbeiter zwar bei Wahlen willkommenes Stimmvieh sind, aber nicht als würdig erachtet werden, ein Minimum an Lebensqualität zu besitzen. Trotzdem haben sie ihr überliefertes Wissen bewahrt und produzieren weiterhin gut und in Harmonie mit der Erde. Sie halten an jenen Werten und Arbeitsweisen fest, die wir viel zu früh auf dem Altar unserer Konsummentalität geopfert haben.
    Die Lebensmittelbündnisse von Terra Madre werden das retten, was wir längst aufgegeben haben: Nachhaltigkeit, Genügsamkeit, eine menschlichere, realere Wirtschaft. Das Schicksal unserer Lebensmittel liegt in ihren Händen. Alles, was sie fordern, ist, gehört und respektiert zu werden und gemäß ihren Traditionen und Fähigkeiten weiterleben zu können.
    Unsere Nahrung ist Politik, der Respekt vor der Andersartigkeit und der Vielfalt ist Politik, die Art und Weise, wie man sich um die Natur sorgt, ist Politik: Terra Madre ist Politik. Und dass diese Politik farbenfroh ist und mit einem Sinn für Poesie betrieben wird, dass sie das Schöne und Edle mit dem Ernsthaften und dem Konkreten mischt, schmälert ihren Wert keineswegs. Ethik und Ästhetik sind nicht voneinander zu trennen, sondern müssen Hand in Hand gehen. Poesie und Politik von Terra Madre müssen ein Zeichen setzen, um einer weiteren Verrohung der Welt entgegenzuwirken. Der Prozess der Gleichschaltung, der die Menschen entwürdigt und sie jeder Entscheidungsfreiheit beraubt, darf nicht fortgeführt werden.
    Terra Madre ist durchdrungen von revolutionären Werten, die unser Schicksal und jeden von uns in seinem Innersten verändern können. Terra Madre ist der einzige Weg, um den Übeln dieser Welt entgegenzutreten.
    Die Werte von Terra Madre
    Die Menschen von Terra Madre sind bescheiden und stolz, dabei ganz unterschiedlich. Sie befassen sich mit altem Wissen und modernsten Erkenntnissen, sind bunt und ausdrucksstark, inspirieren Poesie und politisches Engagement. Man läuft jedoch Gefahr, ihnen mit Vorurteilen zu begegnen, wenn man den Äußerlichkeiten zu große Beachtung schenkt. Eine allgemein gültige Definition für die Menschen von Terra Madre gibt es nicht, sie lassen sich nicht in Schubladen stecken und katalogisieren. Der äußere Anschein genügt nicht, man muss in die Tiefe vorstoßen, um die Werte dieser »Menschheit ohne Grenzen« zu entdecken und dabei zu erkennen, dass eine Definition überflüssig ist. Diese Menschen haben das Recht, so zu bleiben, wie sie sind. Niemand hat sie entdeckt. Wir haben nur ihr Zusammentreffen organisiert.
    Die Reise und das Treffen
    Die Idee der Reise und des Treffens war durchaus brisant. Die meisten derer, die als Vertreter ihrer Lebensmittelbündnisse an der ersten Terra-Madre-Zusammenkunft teilnahmen, waren noch nie aus ihrem Dorf, ihrer Region, ihrem Land herausgekommen. Weder hatten sie die Mittel oder die Zeit dazu gehabt, noch waren sie jemals darum gebeten worden. Wir hatten Terra Madre vor allem als ein Treffen geplant, das den Teilnehmern zeigen sollte, dass sie nicht allein waren, dass es andere Menschen mit ähnlichen Lebensgeschichten gab, dass sie Verbündete hatten. Jede Reise öffnet den Geist und bildet. Es war also nur fair, in unserer globalisierten Welt gerade diesen Menschen die Gelegenheit zu geben, sich zu treffen und von den Erfahrungen anderer Kulturen zu profitieren.
    Allein diese Reise zu ermöglichen erschien uns schon als Erfolg. Die eigene Identität wird geprägt und gestärkt durch die Begegnung mit dem Andersartigen, durch Austausch. Indem wir all diese Menschen nach Turin einluden, wo sie über sich selbst und die ihnen so eng verbundene Terra Madre, die Mutter Erde, sprechen konnten, war ein erster bedeutender Schritt getan. Ich erinnere mich zum Beispiel noch sehr genau an meine Gefühle, als ich die rudimentäre, aber sehr ausdrucksstarke Poesie einer alten Äthiopierin aus der

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