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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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des Kreuzes, birgt es nicht … gewisse Gefahren?«
    »Gefahren, Eure Eminenz?«
    »Nun ja … Den heiligen Texten der Kirche des Kreuzes ist zu entnehmen, dass der Gläubige stets in Willensfreiheit zu seinem Glauben gefunden haben muss«, entgegnete der Kardinal.
    »Die Willensfreiheit der Gläubigen steht überhaupt nicht infrage, Eure Eminenz. Es geht nur darum, schädliche Einflüsse von ihnen fernzuhalten, die sie daran hindern, die Offenbarung des Wahren Wortes zu erkennen. Das ist die einzige Aufgabe der heiligen Gedanken-Auslöscher.«
    »Natürlich … natürlich …«
    Der Kardinal stellte sich wieder vor das Fenster und betrachtete die in der roten Dämmerung daliegende Stadt. Obwohl er erst siebenundfünfzig Jahre alt war, fühlte er sich bereits am Abend seines Lebens.
     
    Die beiden Frauen kamen nur sehr langsam mit ihrer Arbeit in der riesigen Röhre voran. Seit Jahrhunderten verstopften Flechten das Rohrwerk. Sie hatten sich zu einem überdimensionierten Korken zusammengeballt, von dem sie nur kleine Plaggen ablösen konnten. Die Schwierigkeit bestand außerdem darin, immer nur mit einer Hand arbeiten zu können, da sie sich mit der anderen festhalten mussten.

    Da Oniki die Röhre bereits über mehrere hundert Meter gereinigt hatte und da die Flechten aus dem All durch den obersten Verschluss nicht mehr eindringen konnten, war sie frei geblieben.
    Beide arbeiteten am Rande ihrer Kräfte, schweißüberströmt und der völligen Erschöpfung nahe. Sie atmeten schwer und hatten das Gefühl, ersticken zu müssen. Es roch nach Fäulnis, die Luft war voller Staub und Pflanzenfasern. Kurz zuvor war Oniki nur dank ihrer Geistesgegenwart nicht abgestürzt, ehe eine neue Wehe sie überfiel und sie innehalten musste, bis der Schmerz abgeebbt war.
    Das Kind bewegte sich nicht mehr in ihr, als hätte es begriffen, seine Mutter jetzt nicht stören zu dürfen. Die Wehen kamen in regelmäßige Abständen, doch Oniki war darauf vorbereitet und presste sich dann jedes Mal gegen die Wand.
    Obwohl Soji weniger schnell als ihre junge Mitschwester war, leistete sie wertvolle Arbeit. Um ihre Angst und ihre Müdigkeit zu vergessen, sang sie. Nur zu gut konnte sie die Geräusche um sich herum deuten: das Rascheln, das leise Knacken, das Gleiten … Einmal hatte sie gesehen, wie eine Thutalin von einer Riesenschlange verschlungen wurde. Und das Bild dieses weit geöffneten Rachens mit den zappelnden Beinen der junge Frau darin verfolgte sie noch immer in ihren Albträumen.
    Der Gesang half ihr, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, und er war ein Ausdruck ihrer wiedergewonnenen Freiheit in den Korallen. Doch ihr untrainierter Körper schmerzte immer heftiger, es fiel ihr schwerer und schwerer, ihre Position beizubehalten und der Pfropfen aus Flechten über ihrem Kopf schien immer dicker zu werden.
    »Wir schaffen das nie«, sagte sie zu Oniki, plötzlich entmutigt.

    Auch Oniki war erschöpft. Sie hielt inne, an die Innenwand gelehnt. Plötzlich fühlte sie etwas Warmes ihre Schenkel hinunterrinnen.
    »Meine Fruchtblase ist geplatzt!«
    Dieser Hilfeschrei belebte Soji. Mit neuer Kraft machte sie sich an die Arbeit, riss und zerrte an den Flechten. Dann steckte sie die Hand in einen gewundenen Spalt – wohl der Gang einer Schlange – und ertastete etwas Klebriges. Wahrscheinlich ein großes Reptil, dachte sie, unterdrückte aber ihre Angst. Sie tastete weiter, und ihre Finger durchbohrten die weiche Materie – frische Luft strömte herein. Wärme strömte herein und rötliches Licht.
    »Nur noch zwanzig Zentimeter!«, rief sie.
    Das waren ihre letzten Worte. Sie war so voller Freude, dass sie nicht aufpasste und einen brüchigen Vorsprung ergriff, der unter ihrem Griff zerbröckelte.
    »Soji! Nein!«, schrie Oniki. »Klammere dich fest!«
    Doch die alte Thutalin fiel nach hinten, ihre Füße verloren den Halt. Sie versuchte, sich an den Flechten über ihrem Kopf festzuhalten. Doch der mächtige Pfropfen brach mit einem dumpfen Krachen auseinander. Purpurnes Licht fiel in die Röhre. Oniki war geblendet und sah nicht, wie ihre alte Mitschwester in die Tiefe stürzte. Sie hörte nur den Todesschrei, der nicht enden wollte.
    Zeit zu weinen hatte sie nicht. Mit letzter Kraft zog sie sich auf den plattformartigen Gipfel der Korallen hoch und legte sich keuchend auf den Boden, über sich den dunklen, sternenübersäten Himmel, sie aber war in rotes Licht gebadet.
    Sie winkelte die Beine an und hielt sie mit den Händen

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