Terra Science Fiction
verbirgt sich Uwe Anton. Der Autor wurde 1956 in Remscheid geboren und lebt heute in Wuppertal. Seine erste Kurzgeschichte erschien bereits 1974 während seiner Schulzeit. Nach dem Abitur folgten erste Heftromane, von denen inzwischen ca. 50 bei verschiedenen Verlagen und unter verschiedenen Pseudonymen vorliegen. Nach dem Studium der Germanistik und Anglistik betätigt sich Uwe Anton als freiberuflicher Schriftsteller und Übersetzer. Neben rund einem Dutzend Kurzgeschichten ist eine wichtige Veröffentlichung (zusammen mit Thomas Ziegler) der Roman ZEIT DER STASIS (1979). Seit Beginn dieses Jahres ist der Autor darüber hinaus Redakteur der Fachzeitschrift SCIENCE FICTION TIMES. Bei TERRA ASTRA gab er mit dem Roman KINDER DES CHAOS (Band 519) sein Debüt. Als weitere Arbeit erschien bislang die Story-Sammlung VOR DEM ENDE DER WELT (TA-Band 537).
L. D. Palmer
Die Heldentat des Luke Smith
Daß wir nicht zu den Sternen fahren, sondern statt dessen verurteilt sind, bis in alle Ewigkeit auf einem Dreckklümpchen zu leben, das mit irrwitziger Geschwindigkeit um die Sonne rast und von seinen Bewohnern kurz und unprosaisch »Erde« genannt wird, verdanken wir einzig und allein Mr. Lucas Herebascus Smith aus Chickawoo, Alabama, heute überall bekannt als Luke Smith.
Daß man Mr. Smith weder teerte noch federte, liegt daran, daß seine Nachbarn mit dem, was er tat, absolut einverstanden waren. Obwohl die meisten Zeitungs- und Fernsehreporter ihm nicht gerade Sympathien entgegenbrachten, war die Zahl derjenigen, die nach seiner Offenbarung ausspuckten oder ihn in die tiefste Jauchegrube der Hölle verdammten, verhältnismäßig gering. Und was den überwiegenden Teil der Einwohner von Chickawoo (Betonung auf der letzten Silbe – aber das weiß heutzutage ja schon jedes Kind) angeht, so schert der sich sowieso den Teufel um die Raumfahrt. Es kümmert sie nicht, daß uns langsam das Erdöl ausgeht; und die Versuche, die Rohstoffquellen anderer Planeten zu erschließen, bezeichnen sie als »Teufelswerk« und »Quatsch«. Überhaupt reicht der Horizont der meisten Bürger von Chickawoo nicht über Chickawoo hinaus.
Mr. Augustine Pepper, Korrespondent der Tageszeitung Morning Star (Berkeley, Kalifornien), war dabei, als Luke Smith sein über alle Satelliten ausgestrahltes Interview gab. Sein Bericht beginnt am Morgen jenes Tages, an dessen Ende uns allen (die Einwohner von Chickawoo ausgenommen, aber die interessiert das ja sowieso nicht) klar wurde, daß für die Menschheit der Ofen im wahrsten Sinne des Wortes aus ist.
In der Redaktion des Morning Star war an diesem Morgen die Hölle los, wie an jedem Morgen, an dem der Chefredakteur einen Kater, der Lokalredakteur verschlafen und die Druckerei keine Druckerschwärze mehr hat. Hale, zuständig für die politischen Nachrichten und öfter in New York als in der Redaktion (er hat da eine Freundin sitzen, was seine Frau natürlich nicht wissen darf), rannte mit einer drei Meter langen Druckfahne an Pepper vorbei. Rickenbaker, seines Zeichens Kriminalreporter, saß in seinem Sessel und kaute an einem Bleistift. Rickenbaker eifert ständig seinem großen Vorbild Nero Woolfe nach und hat die Ruhe weg; an diesem Morgen wagte es jedoch niemand, ihn von seinem Platz zu scheuchen, denn seine Entschuldigung für seine Untätigkeit wog einige Pfund und prangte hellweiß an seinem Bein: Er hatte sich beim Verlassen seines Wagens, als er am Bordstein abgerutscht war, selbiges gebrochen und wartete jetzt auf seine besseres Hälfte, die ihn nach Hause fahren sollte. Einige Redaktionsmitglieder hatten schon ihre Unterschriften auf seinen Gipsverband gekritzelt.
Auch in den anderen Redaktionen tickerten die Fernschreiber. Überall waren schwitzende Reporter damit beschäftigt, geduldiges Papier mit Buchstaben zu bedecken. »Buchstaben«, sagte der Chefredakteur immer. »Auf Buchstaben kommt es an, nicht auf Wahrheiten.« Gelegentlich bewies ein lauter Freudenschrei aus der Glaskabine des Feuilletons, daß es Maynard gelungen war, die richtige Schreibmaschinentaste zu treffen.
Es war also ein ganz gewöhnlicher Morgen in der Redaktion des Morning Star, bis die rein sonaren Anzeichen der allgegenwärtigen Geschäftigkeit solch eine Lautstärke erreichten, daß auch Pepper sie nicht mehr ignorieren konnte. »Was’n hier los?« fragte er, eigentlich niemanden im besonderen ansprechend. Aber die Atmosphäre wies eindeutig darauf hin, daß irgendwo wieder einmal eine akute Krise
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