Terra Science Fiction
ihm nicht, auch nur ein Stäubchen des Zivilisationsschmutzes in die neue Welt mitzunehmen. Kein Prana-Jünger, der dies als Nachteil erachtete, obwohl diese Auflage dem einen oder anderen das Leben kostete. Aber alles in allem waren die wenigen Opfer kein zu hoher Preis.
Diese unsere Meinung änderte sich auch nicht, als sich herausstellte, daß drei Mitglieder unserer Großfamilie den Übertritt ins Paradies nicht geschafft hatten. Das heißt, sie gelangten zwar auf diese Welt, aber sie kamen als Tote an.
Einer von ihnen – wir nannten ihn »Säckel«, weil er drüben der Plutokrat par excellence gewesen war, bevor er durch Prana bekehrt wurde – war aufgrund eines Herzversagens gestorben. Er hatte einen Schrittmacher gehabt, den er beim Übertritt zurücklassen mußte …
Die Weisheit des Schöpfers wurde dennoch nicht angezweifelt. Wer konnte überhaupt noch daran zweifeln, daß es eine lenkende Kraft gibt, die den schwachen Menschen führt? Ich kam nie in die Gefahr, durch solche Erkenntnisse religiös oder gar bigott zu werden. Keiner von uns geriet in solcher Weise auf Abwege. Nicht einmal die Schwächeren und Wankelmütigen, die auch durch Prana nicht völlig gefestigt werden konnten.
Das ließen die Realitäten einfach nicht zu.
Adam und Eva mal zwei Milliarden durften ins Paradies zurückkehren.
Und nun stellte sich heraus, daß Wanda im Besitz eines Kassettengeräts gewesen war!
»Wie ist das möglich?« fragte ich Mudra. »Glaubst du, daß sie selbst stärker als du warst, du, unser Meister, der uns Prana lehrte?«
Mudra schüttelte den Kopf.
»Es paßt gar nicht zu Wanda, daß sie irgend etwas von der irdischen Zivilisation hätte mitnehmen wollen, selbst wenn ihr das möglich gewesen wäre«, sagte er und sprach damit genau meine Überlegungen aus. Aber dann sagte er etwas, an das ich nicht gedacht hatte, vielleicht, weil ich eine solche Möglichkeit einfach nicht wahrhaben wollte.
Mudra sagte: »Es kann nur so sein, daß dieses Paradies bewohnt ist. Daß es hier bereits eine technische Zivilisation gibt. Damit ließe sich auch Wandas Verzweiflungstat erklären.«
Mudra sprach diese Worte mit einer Überzeugung, als handle es sich nicht nur um eine Vermutung, sondern um eine feststehende Tatsache. Aber ich wollte und konnte mich mit einer solchen Erklärung nicht anfreunden. Ich verbannte dieses Thema aus meinen Gedanken und flüchtete mich in den Schmerz über Wandas Verlust.
Ich wollte umkehren und zu den anderen gehen, die Wanda umstanden. Aber Mudra versperrte mir den Weg mit einem Gedankenschild.
Wanda gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Nur die ungeordneten Gedankenimpulse des Ungeborenen, unseres gemeinsamen Kindes, waren zu hören.
Wir werden das Kind retten. Mudras Gedanken klangen sehr zuversichtlich. Er deutete auf das Kassettengerät. Lenke du dich damit ab. Irgendwie hat es ja zu Wanda gehört. Vielleicht gibt es Antwort auf manche Frage.
Er wandte sich ab und ließ mich mit meinen Gedanken und dem schwarzen Kästchen allein. Sicher war es besser so. Ich konnte mich sammeln und von dem schweren Schlag erholen.
Prana hatte aus uns Gefühlsmenschen gemacht. Diese Disziplin verhalf uns aber gleichzeitig dazu, unsere Emotionen besser zu kontrollieren, wie wir durch Prana überhaupt lernten, uns besser zu beherrschen. Auch psychosomatisch, ganz generell.
Und doch war ich wie erschlagen.
Ich schlenderte fort. In den Wald hinein. Das Laub raschelte unter meinen Schritten. Es war Herbst im Paradies. Hier fanden sich nur unsere eigenen Spuren und die der einheimischen Tierwelt. Vor unserem Eintreffen war die Natur dieser Welt unberührt gewesen. Zumindest hatte es so geschienen. Sollte das alles nur Trug gewesen sein?
Da war die Baustelle.
Wir hatten die Löcher für die Pfosten des Pfahlbaus mit den primitivsten Hilfsmitteln gegraben, obwohl wir sie auch kraft unseres Geistes hätten ausheben können. Aber Wanda hielt uns dazu an, uns auch stets unserer Körper bewußt zu sein.
Wir wollten ein Rundhaus bauen mit einem einzigen großen Raum für die ganze Familie. Wenn es sich später ergab, konnten weitere Rundhäuser gebaut werden. Im Augenblick hätten wir jedoch mit einem einzigen unser Auskommen. Wir verstanden einander prächtig, wir waren wirklich eine große Familie. Dank Prana.
Wir wollten im Schweiß unseres Angesichts den Grundstein für eine neue Welt setzen. Alle legten mit Hand an, keiner drückte sich vor körperlicher Arbeit, obwohl jeder die
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