Terror von Rechts
Grundfesten der rechtsextremen Ideologie. Dementsprechend bezeichnete NPD-Bundesvize Pastörs die Partei wie erwähnt als »kleine Kampftruppe«, sprach davon, dieses »System anzugreifen«. Die Partei ist dabei nur Mittel zum Zweck. Eine Parole, bereits mehrfach in der NPD benutzt, bringt es auf den Punkt: »Unser Weg ist die NPD – Unser Ziel ist das Reich«. Auf internen Fotos von Veranstaltungen, die dem Autor vorliegen, steht dieser Spruch sogar auf Fahnen mit dem Parteilogo.
Die NPD ist in einer schwierigen Lage. Da sie sich als aktionistische Dachorganisation des »Nationalen Widerstands« etablieren wollte, musste sie auch den militanten Neonazis eine Heimat bieten, ideologisch unterscheiden sich Partei und gewalttätige Basis ohnehin nicht. Nur über das richtige Konzept, über die richtige Strategie bei der Außendarstellung entflammt immer wieder Streit. Zwischenzeitlich hatten viele Militante auch verstanden, wie die NPD funktionieren sollte: Bei Wahlen moderat auftreten, um Geld in die braunen Kassen zu spülen. Die Fraktionen in den Landtagen sind die Schaltzentren der Bewegung. Hier können die Funktionäre Neonazi von Beruf sein, ausgestattet mit Büros, Mitarbeitern und Geld. Die NPD ist eine Organisation, die die Privilegien einer Partei genießt, um das demokratische System »abzuwickeln«. Oder wie einst Joseph Goebbels propagierte: »Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selbst stellte, durch die sie vernichtet wurde.«
NPD und NSU sind zwei Knotenpunkte in einem braunen Netz, wie die gemeinsame Ideologie, die fehlende Ächtung von Gewalt und die personellen Überschneidungen zeigen. Die Partei akquiriert Geld für die Bewegung, zieht die Aufmerksamkeit auf sich – mit Erfolg, wie das Versagen der Sicherheitsbehörden beim braunen Terror gezeigt hat.
Pannen mit System
Die Liste der »Pannen« der Sicherheitsbehörden, speziell in Thüringen, Sachsen und Bayern, im Zusammenhang mit rechtsextremer Gewalt sowie der Terrorgruppe NSU ist lang – so lang, dass es schwerfällt, nur von Versäumnissen auszugehen, so lang, dass es nach einem System aussieht, zwar kein bewusstes, aber ein bestimmtes Muster, das auf gewisse Einstellungen einiger Beamter, die Ausrichtung der Arbeit sowie strukturelle Mängel schließen lässt. Der Verfassungsschutz ist Teil des Problems, meinen viele Kritiker, und nicht Teil der Lösung – eine These, für die zahlreiche Vorfälle sprechen.
Es war nicht irgendjemand, der im Jahr 2005 in Pößneck vor mehr als 1000 Neonazis auftrat: Michael »Lunikoff« Regener, Frontmann der verbotenen Rechtsrock-Gruppe Landser, stand im Schützenhaus auf der Bühne – und das, obwohl der Bundesgerichtshof die Band kurz zuvor als kriminelle Vereinigung eingestuft und eine mehrjährige Gefängnisstrafe für Regener bestätigt hatte. Bevor er die Haft antreten musste, durfte sich der Rechtsrocker mit seiner Band Die Lunikoff Verschwörung im Schützenhaus von den Fans verabschieden. Die Stimmung war einem Bericht der
taz
zufolge bestens. 50
Eigentlich hätte das Konzert gar nicht stattfinden dürfen, die Stadt hatte es im letzten Moment verboten. Doch die Polizei konnte das Verbot nicht durchsetzen. »Es gab vorab keine Hinweise des Verfassungsschutzes«, sagte der Leiter der Polizeidirektion Saalfeld, Jürgen Höhn, dem Blatt. Und weiter: »Wenn wir gewarnt worden wären, hätten wir ganz anders reagieren können.«
Der Geheimdienst tat indes das, was er in solchen Fällen am liebsten tut: keine Stellungnahme abgeben. Dabei war die Szene laut
taz
längst über das Konzert informiert. Möglicherweise wusste der Verfassungsschutz wirklich nichts, möglicherweise wollte er seine internen Quellen schützen. Der Effekt bleibt gleich: Die Aufgabe, Polizei, Politik und Öffentlichkeit zu warnen, wurde nicht erfüllt. Zudem ergibt sich ein Dilemma, denn wenn im Internet halböffentlich für eine Veranstaltung mobilisiert wird, könnte der Verfassungsschutz diese Informationen weitergeben – ohne Rücksicht auf seine Quellen in der Bewegung. Wird er von diesen Quellen jedoch informiert, halten die V-Leute, also vom Staat bezahlte Neonazis, die Informationen zurück. Vor dem Hintergrund, dass sich rechtsextreme V-Leute intern abstimmen, was sie dem Geheimdienst an Informationen liefern, ist das eine brisante Konstellation.
Ein anderer rechtsextremer Treffpunkt in dem Bundesland ist das Hotel
Romantischer Fachwerkhof
, auch
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