Terror von Rechts
ist so schwer zu identifizieren, es kriecht so aus der Mitte und die drei Täter von der NSU waren ›so nette Nachbarn‹. Es gibt immer wieder Reportagen darüber, ›wie nett die waren‹, als sie in Zwickau gewohnt haben – und wie unauffällig. Das entspricht auch unserer Beobachtung, dass sich Rechtsextreme gerade in den neuen Bundesländern in vielen Regionen immer noch wie die Fische im Wasser bewegen, also unauffällig sind, und in vielen Punkten auch durchaus mit Mehrheitsmeinungen anschlussfähig.« Rechtsextreme sind nicht immer an ihren Meinungen zu erkennen, auch andere Menschen, die sich politisch nicht rechts verorten, vertreten in einigen Positionen exakt die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Ansichten, beispielsweise wenn es um Flüchtlinge, die innere Sicherheit, Israel oder drakonische Strafen gegen Sexualstraftäter geht. Auch wenn es sich in der öffentlichen Debatte zumeist nur um das Für und Wider in Sachen NPD-Verbot dreht, stellt sich das Phänomen bei näherer Betrachtung weitaus komplexer und verzweigter dar.
Wie würden Rechtsextreme wohl versuchen, das Problem mit dem Rechtsextremismus zu lösen, würden sie es als Problem sehen? Sie würden diesem sicherlich mit härteren Strafen begegnen, schärferen Gesetzen, mehr Kompetenzen für einen autoritären Staat. Solche Forderungen können Symptome von Problemen zwar möglicherweise temporär lindern, Ursachen aber nicht beseitigen. NSU, NPD und Rechtsextreme sind Symptome von Missständen, nicht deren Ursache. Um aber gesellschaftliche Fehlentwicklungen zu korrigieren, sind eindimensionale Antworten – konkret: mehr Repression – gänzlich ungeeignet, oft werden die Probleme dadurch noch verschärft. Dennoch wurden genau diese Konzepte nach dem Bekanntwerden der NSU-Terrorserie einmal mehr ausgepackt und als Antwort der Politik auf die rechtsextreme Gefahr präsentiert – was von der Öffentlichkeit dankbar angenommen wurde. Besonders die ewige Debatte um ein NPD-Verbot hat schon Tausende Nachrichtenmeldungen produziert, in denen immer und immer wieder die gleichen Textbausteine und Positionen wiederholt werden. Obendrein werden Strategien zur Bekämpfung des Rechtsextremismus immer wieder mit »klugen« Anmerkungen garniert, wonach einzelne Maßnahmen nichts brächten, wenn es kein Gesamtkonzept gebe. Nicht falsch, deswegen aber auch noch lange nicht richtig. Es wäre neu, wenn beispielsweise einzelne Maßnahmen gegen den islamistischen Terrorismus mit der Begründung abgelehnt würden, dass das Problem Islamismus dadurch nicht verschwinde. Und wenn sämtliche Maßnahmen und Bemühungen ohne Gesamtkonzept ohnehin nichts taugten, könnte man auch die Hände in den Schoß legen und abwarten, bis irgendjemand ein solches Konzept erarbeitet und beschlossen hat. Wer auch immer. Es sind aber überhaupt keine Anzeichen dafür zu erkennen, dass sich beispielsweise ein Bundesministerium um ein Gesamtkonzept bemühen würde. Aber so funktioniert Demokratie ohnehin nicht, eine demokratische Planwirtschaft von oben mit verordnetem Engagement kann nicht das Ziel einer freien Gesellschaft sein.
Nein, irgendwo muss ein Anfang gesetzt werden – und einzelne Maßnahmen können sehr wohl etwas gegen rechtsextreme Umtriebe bringen, beispielsweise die Zerschlagung der NPD, dem legalen Arm des »Nationalen Widerstands«, die für so manchen Beobachter eher wie eine halbkriminelle Vereinigung mit den Privilegien einer Partei wirkt als eine demokratische Organisation. Ein NPD-Verbot ist zwar eine Maßnahme von oben, würde aber verdeutlichen, dass das Grundgesetz nicht bloß für Sonntagsreden taugt, sondern eben auch wehrhaft ist. Ein NPD-Verbot würde, selbstverständlich, nicht sämtliche Probleme lösen – gerade weil kein Gesamtkonzept existiert, das demokratisches Engagement als Prävention gegen Rechtsextremismus fördert und welches die Maßnahme eines NPD-Verbots durch weitere Weichenstellungen ergänzt. Aber eine solche Messlatte ist eben auch deutlich zu hoch gehängt. Zudem hätte das Verbot der NPD einen weiteren positiven Effekt: Die Debatte darüber könnte nicht mehr bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit geführt werden, um den Blick von den eigentlichen Problemen, die weit tiefer sitzen, abzulenken.
Ablenkend wirken bisweilen auch viele Medien, die nicht genau genug hinschauen und hinhören. Sie müssen kontinuierlicher und fundierter berichten, sie müssen die Angaben von staatlichen Stellen hinterfragen – und nicht
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