Terror
papistische Pfarrer, französische Höflinge, Märchenfeen, scheckige Bettler, ein Leichnam im Totenhemd und zwei römische Legionäre in roten Tuniken, schwarzen
Masken und goldenen Brustharnischen winkten Fitzjames und Crozier nach vorn und verneigten sich, als die Offiziere vorübergingen.
Diggle persönlich, dessen mächtiger Chinesinnenbusen inzwischen unten an seinen Hüften wackelte, schnitt zuerst Crozier und dann Fitzjames ein besonders feines Stück ab. Le Vesconte reichte ihnen das gute Essbesteck und weiße Leinenservietten aus der Offiziersmesse.
Leutnant Fairholme schenkte zwei Becher Ale für sie ein. »Wichtig ist hier draußen, meine Herren, dass man schnell trinkt wie ein nippender Vogel, damit die Lippen nicht am Becher festfrieren.«
Fitzjames und Crozier fanden einen Platz am Kopf eines weiß bedeckten Tisches, und der Großtoppmann Thomas Farr, den Crozier vor einigen Stunden zusammengestaucht hatte, rückte eilig weiß verhüllte Stühle für sie zurecht. In dieser Runde saßen auch Blanky und sein Kollege Reid sowie Edward Little und mehrere Offiziere der Erebus. Die Ärzte befanden sich am anderen Ende der Tafel.
Crozier streifte die Fäustlinge ab und dehnte die kalten Finger in den Wollhandschuhen. Vorsichtig, damit die Metallgabel nicht die Lippen berührte, probierte er das Fleisch. Er verbrannte sich die Zunge an dem Bärenbraten. Am liebsten hätte er laut herausgelacht. Siebzig Grad minus in der Silvesternacht, den Atem als eine Wolke aus Eiskristallen vor Augen, das Gesicht vergraben in mehreren Schal- und Mützenschichten – und er hatte sich gerade die Zunge verbrannt. Wieder kostete er, und diesmal kaute und schluckte er den Bissen.
Es war das delikateste Steak, das er jemals gegessen hatte. Der Kapitän war erstaunt. Als sie vor vielen Monaten zum letzten Mal frisches Bärenfleisch probiert hatten, hatte es stark nach Wild und sogar leicht ranzig geschmeckt. Vom Verzehr der Leber und vielleicht auch anderer Organe waren die Männer krank geworden.
Damals hatten sie beschlossen, das Fleisch des Polarbären nur im äußersten Notfall zu essen.
Und jetzt dieses Festmahl … dieses köstliche Festmahl. Überall um ihn herum im weißen Zimmer und natürlich auch an leinwandbedeckten Fässern, Kisten und Tischen im orangefarbenen und violetten Gemach schlangen die Seeleute ihre Steaks hinunter. Der Lärm der glücklich schwatzenden Männer übertönte mühelos das Prasseln des Rostfeuers und das Flattern des Segeltuchs im wieder auffrischenden Wind. Einige Männer im weißen Zimmer benutzten Messer und Gabel, einige hatten ihr Bärensteak aufgespießt und nagten daran, doch die meisten aßen einfach mit den behandschuhten Fingern. Es war, als würden sich über hundert Raubtiere an ihrer Beute weiden.
Je mehr Crozier aß, desto hungriger wurde er. Fitzjames, Reid, Blanky, Farr, Little, Hodgson und die anderen in seiner Runde – auch Jopson, der mit weiteren Stewards an einem benachbarten Tisch saß – schienen das Fleisch mit der gleichen Begeisterung zu verspeisen. Ein als chinesisches Riesenbaby verkleideter Helfer von Diggle kam zu den Tischen und servierte dampfendes Gemüse aus einer Pfanne, die auf einem der Walbootherde erhitzt worden war. Doch obwohl das Büchsengemüse wunderbar heiß war, hatte es im Vergleich zu dem köstlichen frischen Bärenfleisch praktisch keinen Geschmack. Als Crozier mit seiner dicken Scheibe Fleisch fertig war, hielt ihn nur seine Stellung als Expeditionskommandant davon ab, sich an die Spitze der Schlange zu drängen und noch eine Portion zu verlangen. Auch Fitzjames’ Gesichtsausdruck wirkte überhaupt nicht mehr zerstreut. Er sah aus, als würde er vor Glück gleich in Tränen ausbrechen.
Die meisten Männer hatten ihre Steaks verzehrt und tranken gerade den letzten Rest Ale, bevor das alkoholhaltige Getränk einfror, da begann plötzlich ein persischer König am Eingang zum violetten Gemach an der Drehorgel zu kurbeln.
Kaum erklangen scheppernd und klimpernd die ersten Töne, als auch schon heftiger Applaus aufbrandete. Viele musikalische Männer an Bord beider Schiffe hatten sich über den mechanischen Musikapparat beschwert, dessen Metallscheiben ungefähr ein Spektrum besaßen wie der Leierkasten eines Bettlers. Aber diese Melodie jetzt war unverkennbar. Dutzende Seeleute sprangen auf. Andere stimmten sofort ein, und der Dampf ihres Atems erhob sich im Fackellicht, das durch die Leinwand schien.
Selbst Crozier ertappte sich
Weitere Kostenlose Bücher