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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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haben etwas Großes zwischen den Eiszinnen gesichtet. Und die Wachposten haben Geräusche in der Dunkelheit gehört.«

    »Wachposten auf See hören immer Geräusche in der Dunkelheit«, sagte Leutnant Little. »Das war schon bei den alten Griechen so.«
    »Vielleicht ist es verschwunden«, warf Leutnant Irving ein. »Einfach weitergezogen. Nach Süden. Oder Norden.«
    Wieder herrschte gedankenversunkenes Schweigen.
    »Nachdem es ein paar von uns verspeist hat, ist ihm vielleicht aufgefallen, dass wir nicht besonders gut schmecken.«
    Einige Männer lächelten über Blankys launige Bemerkung. Niemand sonst hätte sich diesen Galgenhumor herausnehmen dürfen. Aber der Eislotse mit seinem Holzbein hatte sich einige Sonderrechte erworben.
    Sergeant Tozer meldete sich zu Wort. »Meine Seesoldaten ham gemäß dem Befehl der Kapitäne Crozier und Fitzjames Streifzüge unternommen. Wir ham auch auf einige Bären geschossen, aber keiner von denen war groß genug für … das Wesen.«
    »Hoffentlich haben Ihre Leute besser gezielt als in der Karnevalsnacht«, erwiderte Sinclair, der Vortoppmann der Erebus.
    Tozer quittierte die Äußerung mit einem scheelen Blick.
    »Schluss jetzt«, sagte Crozier. »Fürs Erste gehen wir davon aus, dass das Ungeheuer noch lebt und wiederkommen wird. Bei allen Tätigkeiten außerhalb des Schiffs müssen wir eine Verteidigung gegen das Wesen einplanen. Wir haben nicht genügend Seesoldaten, um alle Schlittentrupps zu begleiten, vor allem wenn sie bewaffnet sind und nicht im Geschirr mitziehen. Vielleicht sollten wir daher alle Eistrupps bewaffnen und die Männer, die gerade nicht ziehen, als Wachposten einsetzen. Selbst wenn das Eis im Sommer nicht nachgibt, wird doch das Marschieren leichter sein, weil wir ständig Licht haben …«
    Goodsir unterbrach ihn. »Bitte verzeihen Sie, wenn ich mich so unverblümt ausdrücke, Kapitän Crozier, aber die eigentliche Frage lautet: Können wir mit der Entscheidung, ob wir die Schiffe aufgeben, überhaupt noch bis zum Sommer warten?«

    Crozier gab die Frage zurück. »Und? Können wir so lange warten, Dr. Goodsir?«
    »Ich denke nicht«, erwiderte der Arzt. »Wie Ihnen allen bekannt sein wird, ist ein großer Teil der Konserven verdorben oder verseucht. Alle anderen Vorräte gehen allmählich zur Neige. Die Männer bekommen jetzt schon weniger, als sie für die Arbeit an Bord oder draußen auf dem Eis brauchen. Wir alle verlieren an Gewicht und Stärke. Dazu kommt die plötzliche Zunahme von Skorbutfällen. Kurz und gut, meine Herren, ich glaube nicht, dass viele von uns auf der Erebus und der Terror – falls die Schiffe selbst überhaupt noch so lange halten – noch genügend Kraft und Konzentrationsfähigkeit für irgendwelche Schlittenreisen haben werden, wenn wir bis Juni oder Juli warten, um zu sehen, ob das Eis aufbricht.«
    Wieder trat Stille ein.
    »Es kann schon sein«, fügte Goodsir hinzu, »dass einige Männer noch Schlitten und Boote übers Eis ziehen können, um vielleicht die Zivilisation zu erreichen. Aber dann müssen sie die große Mehrheit dem sicheren Hungertod überlassen.«
    »Die Stärkeren könnten doch Hilfe holen und Rettungsmannschaften zurück zu den Schiffen führen«, wandte Leutnant Le Vesconte ein.
    Der Eislotse Blanky schüttelte den Kopf. »Wenn jemand von hier aus nach Süden zieht – zum Beispiel mit Booten zur Mündung des Großen Fischflusses und dann achthundertfünfzig Meilen stromaufwärts zum Großen Sklavensee, wo es einen Außenposten gibt –, kommt er dort nicht vor dem späten Herbst oder frühen Winter an und kann mit einer Überlandmannschaft frühestens im Spätsommer 1849 wieder hier sein. Bis dahin sind alle, die auf den Schiffen geblieben sind, längst an Skorbut und Hunger gestorben.«
    »Wir könnten Schlitten beladen und alle zusammen zur Baffin-Bucht marschieren«, schlug Unterleutnant Des Voeux vor.
»Vielleicht stoßen wir dort auf Walfänger. Oder sogar auf Rettungsschiffe und Schlittentrupps, die nach uns suchen.«
    »Sicher«, erwiderte Blanky, »das ist möglich. Aber dann müssten wir unsere Schlitten Hunderte von Meilen über das Meereis ziehen, mit seinen zahllosen Pressrücken und womöglich auch offenen Rinnen. Oder wir müssten der Küste folgen – das wären dann über zwölfhundert Meilen. Außerdem wäre die ganze Boothia-Halbinsel mit all ihren Bergen und Hindernissen zu überqueren, um zur Ostküste zu gelangen, wo es vielleicht Walfänger gibt. Wir könnten die Boote

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