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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mr. Blanky?«
    »Nur eine kleine Rast, Sir. Ich hab mir gedacht, ich bleib die Nacht über hier.«
    »Machen Sie sich doch nicht zum Narren.« Crozier besah sich das gesplitterte Holzbein und wandte sich dem Zimmermann zu. »Können Sie das reparieren, Mr. Honey? Können Sie bis morgen Nachmittag ein neues Bein machen, wenn Mr. Blanky bis dahin in einem der Boote sitzt?«
    »Natürlich, Sir.« Honey betrachtete das zerbrochene Stück Holz mit der finsteren Miene eines Handwerkers, der sich darüber ärgert, dass eine seiner Schöpfungen versagt hat oder schlecht behandelt wurde. »Wir haben nicht mehr viel Holz übrig, aber es gibt ein Jollenruder, das wir als Ersatz für die Pinassen mitgenommen haben. Daraus kann ich ohne weiteres ein neues Bein anfertigen.«
    »Haben Sie gehört, Mr. Blanky? Also liegen Sie hier nicht länger auf der faulen Haut und lassen Sie sich von Mr. Honey helfen, damit Sie das letzte Boot von Mr. Hodgson erreichen. Los jetzt. Morgen Mittag haben Sie ein nagelneues Bein.«
    Blanky lächelte. »Kann Mr. Honey auch das reparieren, Kapitän
Crozier?« Er zog das kugelförmige Gelenk vom Bein und löste den kompliziert befestigten Ledergurt.
    »Gottverfluchte Scheiße«, entfuhr es Crozier. Er beugte sich über den blutigen Stumpf mit dem schwarzen Fleisch um den weißen Knochen, riss aber schnell den Kopf zurück.
    »Ja, Sir. Wundert mich, dass Dr. Goodsir noch nichts gerochen hat. Wenn ich ihm im Lazarett helfe, schaue ich immer, dass ich mich leewärts von ihm halte. Die Maaten in meinem Zelt wissen schon längst, was mit mir los ist. Da ist nichts mehr zu machen.«
    »Unsinn«, fauchte Crozier. »Goodsir kann doch …« Er verstummte.
    Wieder kräuselten sich Blankys Lippen. Es war kein sarkastisches oder trauriges Lächeln, sondern ein echtes, voller Humor. »Was kann er, Sir? Mir das Bein an der Hüfte abnehmen? Die schwarzen Flecken und roten Striche gehen rauf bis zum Arsch und den Eiern … Sie müssen schon verzeihen, wenn ich mich so deutlich ausdrücke. Und wenn er mich operiert, wie lange würde ich dann im Boot liegen wie der Gefreite Heather – Gott sei seiner armen Seele gnädig – und müsste mich von den anderen mitschleppen lassen, die genauso müde sind wie ich?«
    Crozier schwieg.
    »Nein.« Blanky sog zufrieden an seiner Pfeife. »Ich glaube, es ist das Beste, wenn ich hier eine kleine Rast einlege, mich einfach entspanne und so ein bisschen über dies und das nachdenke. Ich hatte wirklich ein gutes Leben. Und ich möchte mich gern noch in Ruhe an ein paar Sachen erinnern, bevor mich die Schmerzen und der Gestank um den Verstand bringen.«
    Seufzend blickte Crozier vom Zimmermann zum Eislotsen. Schließlich zog er eine Wasserflasche aus seiner Manteltasche. »Da, nehmen Sie.«
    »Vielen Dank, Sir. Von Herzen gern.«
    Crozier tastete seine anderen Taschen ab. »Ich habe nichts zu essen dabei. Sie, Mr. Honey?«

    Der Zimmermann förderte einen schimmligen Zwieback und etwas Grünliches zutage, das entfernte Ähnlichkeit mit einem Stückchen Rindfleisch hatte.
    »Nein danke, John. Ich habe wirklich keinen Hunger. Aber dürfte ich Sie um einen großen Gefallen bitten, Kapitän Crozier?«
    »Jederzeit, Mr. Blanky.«
    »Meine Leute sind in Kent, Sir. In der Nähe von Ightham Mote nördlich von Tunbridge Wells. Zumindest haben meine Betty, Michael und meine alte Mum dort gewohnt, als wir in See gestochen sind. Da hab ich mich gefragt, Sir … ich meine, wenn Ihnen das Glück zur Seite steht und Sie später Zeit haben …«
    »Wenn ich zurück nach England komme, dann schaue ich bei Ihren Verwandten vorbei, das schwöre ich, und erzähle ihnen, dass Thomas Blanky lächelnd und behaglich pfeiferauchend wie ein Gutsbesitzer auf einem Felsbrocken gesessen hat, als ich ihn zuletzt gesehen habe.« Crozier zog einen Revolver aus der Tasche. »Leutnant Little hat das Ungeheuer durch sein Glas gesehen  – es schleicht uns schon den ganzen Tag hinterher. Es kann jeden Moment hier sein. Nehmen Sie die Waffe.«
    »Nein danke, Kapitän Crozier.«
    »Sind Sie sicher, Mr. Blanky? Dass Sie hierbleiben wollen, meine ich? Wenn Sie noch ein wenig mit uns weiterziehen würden … auch wenn es nur eine Woche ist … könnte Ihr Wissen über das Eis für uns alle von größter Bedeutung sein. Wer weiß, wie das Packeis zwanzig Meilen östlich von hier beschaffen ist?«
    Blanky lächelte erneut. »Wenn Mr. Reid nicht bei Ihnen wäre, würde ich mir diese Worte zu Herzen nehmen, Sir. Ganz

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