Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
haben, Cornelius. Das mit dem Zerschneiden soll er machen.«
    »Das wird er auch, aber später, Bobby. Heute musst du das mal
machen. Wir können dem Quacksalber noch nich übern Weg trauen. Erst müssen wir ihn hier wegbringen, zu unseren Leuten. Und jetzt sei ein guter Junge, hol den Arzt und bind ihn an eine Eiszinne, schön fest, mit sauberen Seemannsknoten. Magnus soll die Leichen herschaffen, damit du sie hier zerlegen kannst. Und holt auch den Koffer von Goodsir und die großen Messer und die Zimmermannssäge, die ich extra mitgeschleppt hab.«
    »Also gut, von mir aus. Aber ich würde lieber mitsuchen.« Golding stapfte davon.
    »Von der Stelle, wo du ihn getroffen hast, bis hierher hat der Kapitän bestimmt die Hälfte von seinem Blut verloren, Cornelius«, sagte Aylmore. »Und er kann nur im Wasser sein, weil er sich hier nirgends verstecken kann, ohne eine Spur zu hinterlassen.«
    »Da hast du vollkommen recht, mein lieber Dickie.« Hickey setzte ein merkwürdiges Lächeln auf. »Wenn er nich im Wasser ist, kriecht er vielleicht irgendwo rum, aber das werden wir gleich rauskriegen, weil seine Wunden ja weiterbluten. Wir suchen so lange, bis wir sicher sind, dass er sich nich irgendwo hier zwischen den Eiszacken versteckt hat und verblutet ist. Du fängst drüben an der Südseite von der Polynja an, ich schau im Norden nach. Wir gehen im Uhrzeigersinn. Wenn du irgendwas siehst, ’nen Tropfen Blut oder zusammengedrückten Schnee, bleibst du stehen und schreist. Dann komm ich sofort. Und sei bloß vorsichtig. Wir wollen doch nich, dass der angeschossene Scheißer irgendwo aus’m Schatten springt und sich eine von unseren Flinten schnappt.«
    Aylmore wirkte auf einmal beunruhigt. »Glaubst du wirklich, dass er noch so viel Kraft hat? Mit drei Kugeln und so vielen Schrotkörnern im Leib? Ohne seinen Überrock erfriert er doch sowieso bald. Es wird immer kälter, und der Wind frischt auf. Glaubst du wirklich, dass er uns auflauert?«
    Lächelnd nickte Hickey in Richtung des Eislochs. »Nein, ich
glaub, er is ersoffen und liegt da unten. Aber wir müssen ganz sicher sein. Solang wir’s nich genau wissen, gehen wir hier nich weg, und wenn wir suchen, bis die gottverdammte Hurensonne rauskommt.«
     
     
    Drei Stunden lang durchkämmten sie im mal stärker, dann wieder schwächer werdenden Licht des Mondes das gesamte Gebiet. Es gab nicht die geringsten Spuren in der Nähe der Polynja oder zwischen den Zinnen. Auch auf den offenen Eisfeldern ringsum und auf den hohen Pressrücken im Norden, Süden und Osten zeigten sich weder Blut noch Fußstapfen noch andere Abdrücke.
    Robert Golding brauchte die vollen drei Stunden, um die Leichen von John Lane und William Goddard in die von Hickey geforderten kleinen Stücke zu zerhacken. Dabei richtete der Junge ein grauenhaftes Gemetzel an. Rippen, Köpfe, Hände, Füße und Teile von Wirbelsäulen lagen wild um ihn verstreut wie nach einer Explosion in einem Schlachthaus. Der Schiffsjunge selbst war über und über mit Blut bedeckt, als Hickey und die anderen zurückkehrten. Aylmore, Thompson und sogar Magnus Manson erschraken über das Aussehen ihres jungen Lehrlings, aber Hickey hielt sich die Seiten vor Lachen.
    Das Fleisch wurde in Öltuch gewickelt, das sie mitgebracht hatten, und in Jutesäcke verpackt, aus denen es dennoch tropfte.
    Sie banden Goodsir los, der vor Kälte und Entsetzen zitterte.
    »Jetzt geht’s los, Quacksalber«, erklärte Hickey. »Die anderen Maaten warten zehn Meilen westlich von hier. Die freuen sich schon auf dich.«
    Goodsir hob den Kopf. »Mr. Des Voeux und die anderen werden euch verfolgen.«
    »Von wegen.« Absolute Sicherheit lag in der Stimme des Kalfaterersmaats. »Die wissen ganz genau, dass wir jetzt mindestens
drei Schrotflinten und einen Revolver ham. Vorausgesetzt, sie finden überhaupt raus, dass wir hier waren. Und das kann ich mir nich vorstellen.« Er wandte sich an Golding. »Gib unserem neuen Maat einen Fleischsack zum Schleppen, Bobby.«
    Als Goodsir sich weigerte, den ausgebeulten Sack mit seinem grausigen Inhalt zu tragen, schlug ihn Manson nieder und brach ihm dabei fast die Rippen. Nach zwei weiteren brutalen Hieben und der vierten freundlichen Aufforderung gab der Arzt nach und lud sich den Sack auf die Schulter.
    »Also los«, sagte Hickey. »Haun wir ab.«

54
Des Voeux
    RETTUNGSLAGER
    19. AUGUST 1848
     
     
     
    D er Unterleutnant Charles Des Voeux konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er am Morgen des 19.

Weitere Kostenlose Bücher