Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
August mit seinen acht Männern ins Rettungslager zurückkehrte. Zur Abwechslung hatte er dem Kapitän und den anderen hier nur Gutes zu berichten.
    Schon nach vier Meilen hatte sich das Packeis zu Schollen und befahrbaren Rinnen geöffnet, denen Des Voeux und sein Trupp einen Tag lang nach Süden gefolgt waren, bis das Eis endete. Das offene Wasser reichte bis zur Adelaide-Halbinsel und mit großer Wahrscheinlichkeit zum Meeresarm vor der Mündung des Großen Fischflusses. Von einem Eisberg am südlichsten Punkt ihres Marsches aus hatte Des Voeux mit eigenen Augen die niedrigen Hügel der Halbinsel gesehen, die keine zwölf Meilen entfernt jenseits des Wassers lagen. Ohne Boot hatten sie nicht weiter vordringen können, und dieser Gedanke war es, der das breite Lächeln in Des Voeux’ Gesicht zauberte.
    Alle konnten das Rettungslager verlassen. Jeder Einzelne hatte jetzt eine Überlebenschance.
    Aber sie brachten auch eine zweite, fast noch bessere Nachricht mit. Zwei Tage lang hatten sie auf den Schollen am Rand
der offenen See Robben erlegt. Zwei Tage und Nächte lang hatten sich Des Voeux und seine Männer den Bauch mit Robbenfleisch und -speck vollgeschlagen, und obwohl ihnen davon nach der wochenlangen Kost aus Zwieback und schmalen Streifen Salzfleisch übel wurde, war das körperliche Verlangen nach dem Fett so stark, dass sie nicht aufhören konnten. Wenn sie sich übergeben mussten, fielen sie danach mit umso größerem Heißhunger über das reichhaltige Essen her.
    Jeder der neun Männer zog eine Robbe hinter sich her, als sie den Bambusstöcken auf der letzten Meile zum Rettungslager folgten. Alle fünfundvierzig Leute dort würden heute Abend köstlich speisen, genau wie die im Triumph heimkehrenden Aufklärer.
    Schon näherten sie sich rufend den Zelten, und Des Voeux fand, dass es alles in allem ein äußerst erfolgreicher Erkundungsmarsch gewesen war, wenn man einmal davon absah, dass der junge Bengel Golding schon am ersten Tag wegen Bauchschmerzen umgekehrt war. Zum ersten Mal seit Monaten, nein, seit Jahren hatten Kapitän Crozier und die anderen etwas zu feiern.
    Sie konnten alle nach Hause fahren. Wenn sie noch heute aufbrachen, wenn die Gesunden die Kranken auf dem vier Meilen langen, von Des Voeux sorgfältig abgesteckten Pfad über die Pressrücken zogen, dann konnten sie in drei, vier Tagen die Boote zu Wasser lassen und waren schon in einer Woche an der Mündung von Backs Fluss. Und wahrscheinlich waren die offenen Fahrrinnen inzwischen sogar noch näher an die Küste herangerückt!
    Schmutzige, zerlumpte Gestalten mit hängenden Schultern krochen aus ihren Zelten und starrten Des Voeux’ Trupp mit großen Augen an.
    Der Jubel von Des Voeux’ Leuten – Fat Alex Wilson, Francis Pocock, Josephus Geater, George Cann, Robert Johns, Thomas
Tadman, Thomas McConvey und William Mark – erstarb schlagartig, als sie die versteinerten, hohläugigen Gesichter ihrer Maaten erblickten. Die sahen zwar die Robben, aber sie schienen sich überhaupt nicht darüber zu freuen.
    Nun traten die Unterleutnants Couch und Thomas aus ihren Zelten und stellten sich vor die ausgemergelten Gestalten des Lagers.
    »Ist jemand gestorben?«, fragte Charles Frederick Des Voeux.
     
     
    Der Zweite Unterleutnant Edward Couch, der Erste Unterleutnant Robert Thomas, der Erste Unterleutnant Charles Des Voeux, der Lastmann Joseph Andrews und der Großtoppmann Thomas Farr drängten sich in dem Zelt, das Dr. Goodsir als Lazarett benutzt hatte. Die Amputierten, so erfuhr Des Voeux, waren seit seinem Aufbruch entweder gestorben oder zu den anderen Kranken in kleinere Zelte verlegt worden.
    Die hier versammelten drei Offiziere, die sich mit den zwei Unteroffizieren im Zelt getroffen hatten, waren die letzten mit Befehlsgewalt ausgestatteten Männer der gesamten Expedition John Franklins. Die Not hatte sie zusammengeschweißt. Mit Ausnahme von Farr, der nicht rauchte, hatten alle ihre Pfeifen im Mund. Das Zelt war von blauem Dunst erfüllt.
    »Seid ihr sicher, dass nicht das Wesen aus dem Eis dieses Blutbad dort draußen angerichtet hat?«, fragte Des Voeux.
    Couch schüttelte den Kopf. »Am Anfang haben wir das durchaus für möglich gehalten. Wir sind sogar davon ausgegangen. Aber an den Knochen und Köpfen und Fleischstücken, die wir gefunden haben …« Er unterbrach sich und biss hart auf seinen Pfeifenstiel.
    »… waren Messerspuren«, beendete Robert Thomas den Satz. »Lane und Goddard sind von einem Menschen

Weitere Kostenlose Bücher