Terror
und morgen mit den Booten nach Süden ziehen?«
»Ich bin sogar dafür, dass wir noch heute aufbrechen«, erwiderte Andrews. »Sobald wir die Boote mit den paar Sachen beladen haben, die wir mitnehmen. Wir marschieren die ganze Nacht durch. Mit ein bisschen Glück kommt der Mond raus und leuchtet uns. Wenn nicht, nehmen wir was von dem Spiritus für die Lampen. Du hast ja selbst gesagt, Charles, dass der Weg noch mit Bambusstöcken markiert ist. Sobald der erste Sturm getobt hat, sind sie weg.«
Couch schüttelte den Kopf. »Die Männer des Aufklärungstrupps sind müde. Und unsere Leute sind vollkommen niedergeschlagen. Wir sollten heute Abend feiern und alle Robben essen, die du mitgebracht hast, Charles. Und erst morgen früh aufbrechen. Nach einem schönen Festessen und einer ordentlichen Mütze Schlaf sieht die Welt schon wieder anders aus.«
»Aber dann müssen wir heute Nacht Wachen aufstellen«, wandte Andrews ein.
»Ja, natürlich. Ich übernehme selbst die Wache. Ich hab keinen besonders großen Hunger.«
»Wir müssen noch die Frage des Kommandos klären.« In dem trüben Licht, das durch die Zeltleinwand drang, blickte Thomas Farr von einem Gesicht zum anderen.
Einige der Anwesenden seufzten.
»Ich denke, Charles hat das Oberkommando«, stellte Robert Thomas fest. »Sir John persönlich hat ihn nach Graham Gores Tod zum Ersten Unterleutnant ernannt. Also ist er der ranghöchste Offizier.«
»Aber du bist doch nach Hornbys Tod auch zum Ersten Unterleutnant befördert worden«, sagte Farr zu Thomas.
Dieser schüttelte entschieden den Kopf. »Die Erebus war das Flaggschiff. Das heißt, Charles übernimmt das Kommando, auch wenn ich den gleichen Rang habe. Er versteht sich sowieso besser darauf, die Leute zu führen, und auf diese Fähigkeit kommt es jetzt besonders an.«
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass Kapitän Crozier nicht mehr da ist«, bemerkte Andrews.
Die vier Raucher sogen nachdenklich an ihren Pfeifen. Niemand sprach. Draußen hörten sie Männer über die Robben reden. Jemand lachte. Das Knacken und Krachen des Eises bildete einen gleichförmigen Hintergrund.
Schließlich meldete sich Farr wieder zu Wort. »Streng genommen hat Leutnant George Henry Hodgson jetzt die Verantwortung für die Expedition.«
»Leutnant George Henry Hodgson kann mich kreuzweise«, rief Andrews erbost. »Wenn der kleine Scheißer sich noch mal hier blicken lässt, erwürge ich ihn persönlich und pisse auf seine Leiche.«
»Ich bezweifle stark, dass Leutnant Hodgson noch lebt«, versetzte
Des Voeux leise. »Es ist also beschlossen, dass ich den Oberbefehl über die Expedition übernehme, mit Robert und Edward als Stellvertretern?«
Die anderen vier bejahten die Frage.
»Zugegeben, ich wollte immer schon Kapitän eines eigenen Schiffs werden … aber nicht auf so fragwürdige Weise. Wie auch immer, ich werde mich weiter mit euch besprechen, wenn Entscheidungen anstehen. Ich bin auf eure Hilfe angewiesen.«
Alle nickten hinter dem dichten Schleier von Pfeifenrauch.
Couch blickte den frischgebackenen Oberbefehlshaber an. »Ich habe noch eine Frage, bevor wir rausgehen und den Männern sagen, dass wir heute Abend ein Festessen kochen und morgen früh aufbrechen.«
Des Voeux, der in der Wärme des Zelts die Mütze abgenommen hatte, zog die Augenbrauen hoch.
»Was ist mit den Kranken? Von Hartnell weiß ich, dass sechs von ihnen nicht mehr gehen können, selbst wenn ihr Leben davon abhängt. Bei ihnen ist der Skorbut einfach schon zu weit fortgeschritten. Zum Beispiel der Kapitänssteward. Der Proviantmeister Helpman und der Maschinist Thompson sind tot, aber Jopson hat bis jetzt durchgehalten. Hartnell sagt, er kann nicht mal den Kopf zum Trinken hochhalten – er muss gestützt werden. Trotzdem lebt er noch. Die Frage ist, nehmen wir ihn mit?«
Des Voeux sah Couch und die anderen an, aber ihren Mienen war nichts zu entnehmen.
»Und wenn wir Jopson und die anderen Sterbenden mitnehmen«, fuhr Couch fort, »ist die nächste Frage: als was ?«
Des Voeux war klar, was der Unterleutnant meinte. Nehmen wir sie als Schiffsmaaten mit oder als Nahrung? »Wenn wir sie hier zurücklassen, dann sind sie garantiert Futter für Hickey, falls er wirklich zurückkommt.«
Couch schüttelte müde den Kopf. »Das war nicht meine Frage.«
»Ich weiß.« Des Voeux holte tief Luft und musste wegen des Rauchs fast husten. »Also gut. Hier ist meine erste Entscheidung als neuer Befehlshaber der Expedition. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher