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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ich heiraten musste,
den Mann, von dem mein Vater und ich geträumt hatten,
als die Paddel noch rein waren,
nahm mein Vater einen dunklen Stein auma
und markierte damit die Paddel.
     
    Er wusste, dass er nicht lebend
zurückkehren wird aus dem Eis,
das wir in unseren silam-inua-Träumen gesehen hatten,
den einzigen Träumen, die wahr sind,
dass er, mein geliebter Aja,
dort draußen sterben wird,
von der Hand eines bleichen Mannes.
     
    Seit ich aus dem Eis gekommen bin,
suche ich nach diesem Stein,
in den Bergen
und in den Flussbetten,
aber ich habe ihn nicht gefunden.
     
    Nach der Rückkehr zu meinem Volk
werde ich das Paddel finden, auf dem der auma
sein graues Zeichen hinterließ.
Die Geburt war eine kurze Linie
an der Spitze des Blatts.
Doch länger und noch darüber
verlief parallel der Tod.
     
    Komm wieder!, ruft der Rabe.

63
Crozier
    C rozier erwacht mit höllischem Kopfweh. In den letzten Tagen erwacht er meistens mit höllischem Kopfweh. Man sollte meinen, dass er nach zwei Schrotladungen in den Rücken, die Brust, die Arme und Schultern und nicht weniger als drei Kugeln in den Körper andere Schmerzen spüren müsste. Und tatsächlich stellen sich diese Qualen auch bald ein, doch erst bemerkt er immer das Kopfweh.
    Er fühlt sich an die vielen Jahre erinnert, in denen er jeden Abend Whiskey trank und es am nächsten Morgen bedauerte.
    Manchmal, wie auch an diesem Morgen, hallen in seinem pochenden Schädel Silben und Folgen sinnloser Wörter nach. Es sind Schnalzlaute wie von Kindern, die die richtige Zahl von Silben für ein Abzähllied suchen. Aber in den wenigen qualvollen Augenblicken, bevor er völlig munter wird, scheinen sie tatsächlich etwas zu bedeuten. Seit einiger Zeit fühlt sich Crozier geistig erschöpft, als hätte er die ganze Nacht Homer auf Griechisch gelesen. Dabei hat er sein ganzes Leben lang nie auch nur den Versuch unternommen, Griechisch zu lesen; das hat er immer den Gelehrten und armen Bücherwürmern wie dem alten Steward Bridgens überlassen.

    An diesem dunklen Morgen weckt ihn Silence im Schneehaus, um ihm mittels der Fadengestalten mitzuteilen, dass es wieder an der Zeit für die Robbenjagd ist. Sie hat schon ihren Anorak an und verschwindet gleich darauf.
    Voll schlechter Laune darüber, dass er nicht einmal kalten Robbenspeck vom Vortag zum Frühstück bekommt, zieht sich Crozier an. Zuletzt streift er die Fäustlinge über und kriecht nach unten durch den Eingangsstollen, der auf die windabgewandte Südseite führt.
    Draußen im Dunkeln richtet er sich vorsichtig auf, weil sein linkes Bein manchmal am Morgen noch immer einknickt. Das Schneehaus leuchtet schwach von der Tranlampe, die drinnen weiterbrennt, damit sich die Wärme hält, wenn sie weg sind. Crozier erinnert sich noch genau an das Ende der langen Schlittenreise, die sie an diesen Ort geführt hat. Schwach und völlig hilflos in seine Pelze eingewickelt, beobachtete er damals, wie Silence in stundenlanger Arbeit das Schneehaus baute.
    Als er später in dem gemütlichen kleinen Raum unter seinen Decken lag, bewunderte er mit seinem mathematischen Verstand die scheinbar mühelose Präzision, mit der die Frau im Sternenlicht die Schneeblöcke herausgeschnitten und zu nahezu vollkommenen nach innen geneigten Wänden geformt hatte.
    Während er damals vom Schlitten aus zusah und sich über seine Nutzlosigkeit ärgerte, dachte er: Das Ding muss doch einstürzen. Die oberen Blöcke waren fast waagrecht angeordnet und trapezförmig gestaltet. Den Abschlussblock schob sie über das verbliebene Loch und schnitt dann von innen die Kanten ab, bis er genau passte. Schließlich kletterte Silence auf die Schneekuppel, hüpfte auf und ab und rutschte ein paarmal an den Wänden hinunter.
    Erst hielt Crozier ihr Benehmen für das Spiel eines Kindes, das sie ihrem Äußeren nach noch zu sein schien, doch dann
erkannte er, dass sie die Stärke und Festigkeit ihres neuen Hauses prüfte.
    Im Lauf des nächsten Tages führte die Eskimofrau immer wieder ihre Öllampe über die Innenseiten des Schneehauses, bis aus dem Schmelzwasser eine dünne, sehr harte Eisschicht auf den Wänden entstand. Dann taute sie die Robbenfelle auf, die sie zuerst für das Zelt und dann für den Schlitten benutzt hatte, und band sie in mehreren Zoll Abstand mit Sehnenschnüren an den Wänden und der Decke des Schneehauses fest, um das Innere des Raumes auszukleiden. Crozier leuchtete sofort ein, dass dies dazu diente, sie vor Tropfen und Kälte zu

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