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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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kann sie nicht aufspüren, und wenn sein Leben davon abhinge.
Die Höhlen, die sie ihm mit ihren Fäden so klar vor Augen führt und die sie im Seeeis so mühelos ausmacht, sind fast unsichtbar zwischen den Zinnen, den Pressrücken, den Eistrümmern und den Sprüngen. Bestimmt ist er schon über Hunderte dieser verfluchten Löchern gestolpert und hat dabei nichts weiter bemerkt als kleine Unregelmäßigkeiten im Eis.
    Jetzt kauert Silence gebückt über einer solchen Öffnung. Als Crozier sich auf fünfzehn Fuß genähert hat, bedeutet sie ihm, dass er sich still verhalten soll.
    Mit den Fadenbildern hat sie ihm auch zu verstehen gegeben, dass die Robbe eines der vorsichtigsten und argwöhnischsten Geschöpfe überhaupt ist. Heimlichkeit und Stille sind also entscheidend bei der Jagd auf Robben. Und Lady Silence macht ihrem Namen in dieser Hinsicht alle Ehre.
    Wenn sie sich einem Atemloch nähert, legt sie kleine Stücke Rentierhaut aus, die sie nach jedem Schritt wieder aufhebt. Auf diese setzt sie mit größter Behutsamkeit die Füße in ihren Stiefeln, damit nicht das leiseste Knirschen zu hören ist. Vor dem Atemloch angelangt, treibt sie mit äußerst bedächtigen Bewegungen mehrere gegabelte Geweihe in den Schnee, auf die sie ein Messer, eine Harpune, Leinen und weiteres Jagdgerät legt, um sie sofort geräuschlos zur Hand nehmen zu können.
    Bevor er aus dem Eishaus gekrochen ist, hat sich Crozier Sehnenriemen um Arme und Beine gebunden, so wie es ihm Silence beigebracht hat. Dies soll verhindern, dass seine Kleider rascheln. Aber er weiß, wenn er sich dem Loch noch weiter nähert, wird er sich in seiner Tapsigkeit für die Robbe dort unten anhören wie ein einstürzender Turm aus Blechbüchsen … falls dort unten überhaupt eine Robbe ist. Angestrengt sucht er den Eisboden ab und entdeckt schließlich das zwei Fuß auf zwei Fuß große Rentierfell, das Silence immer für ihn hinlegt. Langsam, ganz vorsichtig geht er auf die Knie.

    Crozier weiß, dass Silence schon vor seiner Ankunft behutsam den Schnee über dem Loch entfernt und dieses mit dem Dorn am Knochenschaft ihrer Harpune erweitert hat. Sie hat das Loch genau betrachtet, um sicher zu sein, dass es direkt über einer tiefen Röhre im Eis liegt. Ist das nicht der Fall, stehen die Chancen für einen guten Harpunenstoß schlecht. Dann hat sie den kleinen Hügel wiederhergestellt. Wegen des Schneegestöbers hat sie eine dünne Haut über das Loch gelegt, damit es nicht zugeweht wird. Und schließlich hat sie eine dünne Knochenspitze in das Loch gesteckt. Diese ist mit einer langen Darmschnur an einem anderen Knochen befestigt, den sie auf eine der Geweihgabeln gelegt hat.
    Und jetzt wartet sie. Crozier sieht zu.
    Stunden vergehen.
    Der Wind frischt auf. Wolken schieben sich über die Sterne, und aus dem Landesinneren bläst der Schnee übers Eis. Silence steht gebückt über dem Atemloch, auf ihren Anorak und die Kapuze senkt sich allmählich eine Schneeschicht. In der rechten Hand hält sie die Harpune mit der Elfenbeinspitze, deren hinteres Ende von einem gegabelten Geweih getragen wird.
    Crozier hat auch schon erlebt, wie sie Robben auf andere Art erlegt hat. Einmal hat sie zwei Löcher ins Eis gehackt und die Robbe mit Croziers Hilfe angelockt. Die Robbe ist zwar die vorsichtigste Seele des Tierreichs, aber sie hat eine Achillesferse: ihre Neugier. Silence hat Crozier beigebracht, die Spitze seiner Harpune vom ersten Loch aus unter das Eis zu schieben und sie ganz sachte zu bewegen, so dass zwei an der Spitze befestigte gespaltene Federkiele erzittern. Irgendwann kann die Robbe einfach nicht mehr widerstehen und schießt nach oben, um nachzusehen.
    Manchmal hat Crozier Silence bei Vollmond angegafft, wie sie auf dem Bauch über das Eis kroch und dabei die Arme bewegte wie die Flossen einer Robbe. Bei dieser Art der Jagd sieht er nicht einmal, wie der Robbenkopf aus dem Eisloch herauskommt,
sondern nur eine plötzliche, unglaublich schnelle Armbewegung, und dann holt sie die mit einer langen Schnur an ihr Handgelenk gebundene Harpune ein. Meistens hängt am anderen Ende eine tote Robbe.
    Doch heute, an diesem finsteren Nachttag, gilt es nur, das Atemloch im Auge zu behalten. Stundenlang verharrt Crozier auf seinem Rentierfell und beobachtet, wie Silence über der kaum wahrnehmbaren Kuppel wartet. Ungefähr alle halbe Stunden greift sie langsam nach hinten zu den Geweihgabeln und nimmt ein zehn Zoll langes, gebogenes Stück Treibholz zur Hand, an

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