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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vage Vorstellung geblieben.
    Der Ort, an dem das Schneehaus steht, könnte überall sein.
    Selbst wenn sie nach Norden gezogen sind, müssen sie nicht auf King-William-Land sein; genauso gut könnten sie sich nordöstlich davon auf einer der Inseln in der James-Ross-Straße oder auf einer unbekannten Insel vor der Ost- oder Westküste von Boothia befinden. In Mondnächten kann Crozier im Landesinneren Hügel erkennen, die höher aufragen als alle Erhebungen, die er auf King-William-Land gesehen hat. Und das Schneehaus ist besser vor dem Wind geschützt als jeder Lagerplatz, den er und seine Männer je gefunden haben.

    Während Crozier knirschend über den Schnee und das Geröll hinaus auf das zerklüftete Seeeis stapft, denkt er daran, wie oft er in den vergangenen Wochen versucht hat, Silence mitzuteilen, dass er weggehen und seine Männer suchen muss.
    Jedes Mal hat sie ihn nur ausdruckslos gemustert.
    Inzwischen ist er sich sicher, dass sie ihn versteht, wenn nicht seine Worte, dann zumindest die Gefühle, die in seinen Bitten mitschwingen. Aber weder mit ihrer Miene noch mit einem Fadenzeichen gibt sie ihm Antwort.
    In der Tat findet Crozier ihre Auffassungsgabe geradezu unheimlich  – genauso unheimlich wie sein eigenes wachsendes Verständnis der komplexen Ideen, die sie mit den tanzenden Fadenformen zwischen ihren Fingern darstellt. Manchmal fühlt er sich der merkwürdigen kleinen Eingeborenen so verbunden, dass er beim Aufwachen in der Nacht nicht weiß, welcher Körper zu ihm und welcher zu ihr gehört. Bei anderen Gelegenheiten vernimmt er ihren Ruf über das dunkle Eis, dass er ihr schnell eine Harpune, ein Seil oder ein anderes Werkzeug bringen soll – obwohl sie keine Zunge und in seiner Gegenwart nie einen Laut von sich gegeben hat. Sie begreift viel, und mitunter glaubt er, dass es ihre Träume sind, die er jede Nacht träumt. Er fragt sich, ob sie ihrerseits den Alptraum teilt, in dem er auf die Kommunion wartet und ein hoch aufragender Priester in weißen Gewändern auf ihn zutritt.
    Aber sie will ihn nicht zurück zu seinen Männern führen.
    Dreimal ist Crozier allein aufgebrochen, ist er mit einem Beutel Robbenspeck als Proviant und einem Messer als Waffe hinaus durch den Eingangsstollen gekrochen, während sie schlief oder sich schlafend stellte. Dreimal hat er sich verirrt. Zweimal im Landesinneren, einmal weit draußen auf dem Seeeis. Alle drei Male ist Crozier tagelang marschiert, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach und den Tod als gerechte Strafe dafür akzeptierte, dass er seine Männer so schmählich im Stich gelassen hat.

    Jedes Mal hat ihn Silence gefunden. Jedes Mal packte sie ihn auf ein Bärenfell, breitete Decken über ihn und schleppte ihn stumm die vielen kalten Meilen zurück zum Schneehaus. Dort wärmte sie seine eingefrorenen Hände und Füße an ihrem nackten Bauch, aber sie sah ihn nicht an, während ihm die Tränen übers Gesicht liefen.
    Jetzt findet er sie mehrere Hundert Faden draußen auf dem Eis über dem Atemloch einer Robbe kauernd.
    Sooft er es auch schon versucht hat, Crozier hat noch kein einziges von diesen verdammten Löchern gefunden. Wahrscheinlich würde er sie nicht einmal bei sommerlichem Tageslicht entdecken, geschweige denn bei Mond- oder Sternenschein oder gar im Dunkeln, wie es Silence gelingt. Die stinkenden Robben sind unglaublich schlau; inzwischen wundert es ihn überhaupt nicht mehr, dass seine Leute in all den Monaten auf dem Eis kein halbes Dutzend dieser Tiere erlegt haben, und nicht ein einziges durch ein Atemloch.
    Über die sprechenden Fäden hat Crozier erfahren, dass eine Robbe die Luft unter Wasser sieben oder acht Minuten lang anhalten kann – fünfzehn im äußersten Fall. Silence hat diese Zeitabschnitte in Herzschlägen gezählt, um sie ihm zu erklären. Anscheinend haben Robben, wenn er ihr Fadenspiel richtig verstanden hat, so wie Hunde, Wölfe und Eisbären ein eigenes Revier, das sie selbst im Winter verteidigen müssen. Um sicherzugehen, dass sie in ihrem Unterwasserreich genügend Luft hat, sucht die Robbe nach dünnem Eis und gräbt eine Höhle für ihren ganzen Körper aus, von der nur ein winziges Loch zum Atmen an die Oberfläche führt. Silence hat ihm die scharfen Krallen an der Flosse einer toten Robbe gezeigt und damit über das Eis gescharrt, um ihm vorzuführen, wie gut sie funktionieren.
    Crozier glaubt Silence gern, dass jede Robbe in ihrem Revier über Dutzende solcher Atemlochhöhlen verfügt, doch er selbst

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