Terror
Kapitän Crozier von Suchgebiet zu Suchgebiet, um sich von den einzelnen Trupps Bericht erstatten zu lassen, ehe er wieder zur Terror zurückkehrt, um zu erfahren, wie es dort steht.
So geht das zwölf Stunden lang.
Um vier Glasen der ersten Hundewache kommen die letzten Suchtrupps zurück. Keiner von ihnen hat die Vermissten gefunden, doch einige Matrosen sind schamrot im Gesicht, weil sie auf den Wind, der durch das zerklüftete Eis pfeift, oder auf irgendeinen Brocken geschossen haben, den sie für einen aufgerichteten Eisbären hielten. Crozier ist der Letzte, der an Bord zurückkehrt und sich auf den Weg zum Unterdeck macht.
Als er die Treppe hinabsteigt, haben die meisten Mannschaftsmitglieder ihre nassen Plünnen abgelegt und sind nach vorn zu ihren von den Deckenbalken heruntergelassenen Tischen gegangen, während sich die Offiziere zum Essen in ihre Messe begeben haben. Sein Steward Jopson und der Erste Leutnant
Little eilen herbei, um ihm aus den eisstarren Wetterkleidern zu helfen.
»Sie sind ja ganz durchfroren, Sir«, sagt Jopson mit vorwurfsvoller Stimme. »Ihr Gesicht ist weiß wie Schnee. Kommen Sie schnell nach achtern in die Offiziersmesse, da gibt es was Warmes.«
Crozier schüttelt den Kopf. »Ich muss mit Commander Fitzjames reden. Edward, ist von seinem Schiff ein Bote gekommen, während ich draußen war?«
»Nein, Sir«, erwidert Little.
»Bitte essen Sie etwas, Kapitän Crozier«, drängt Jopson. Für einen Steward ist er ziemlich groß, und wenn er seinen Kapitän bittet, sich mehr zu schonen, neigt sein Tonfall eher zum Knurren als zum Jammern.
Crozier lässt sich nicht erweichen. »Seien Sie so gut und packen Sie mir zwei Stück Zwieback ein, Thomas. Dann habe ich auf dem Weg zur Erebus was zum Kauen.«
Jopson, dem der Unmut über diese törichte Entscheidung deutlich anzumerken ist, läuft nach vorn zu Mr. Diggle, der an seinem großen Herd herumhantiert. So warm wie zur Abendessenszeit ist es auf dem Unterdeck sonst nie: Die Temperatur steigt manchmal bis auf sieben Grad. Zum Heizen wurde in den letzten Monaten ziemlich wenig Kohle verbraucht.
»Wie viele Männer sollen Sie begleiten, Sir?«, fragt Little.
»Keiner, Edward. Wenn die Männer gegessen haben, gehen Sie mit mindestens acht Trupps aufs Eis, um noch einmal vier Stunden zu suchen.«
»Aber Sir, ist es ratsam, dass Sie …« Little verstummt.
Crozier weiß, was der Leutnant sagen will. Die Entfernung zwischen der Terror und der Erebus beträgt kaum mehr als eine Meile, aber es ist eine einsame, gefährliche Meile, für die man manchmal mehrere Stunden braucht. Wenn Sturm aufkommt oder der Wind den Schnee vor sich her bläst, kann es sein, dass
man sich verirrt oder keinen Schritt mehr vorankommt. Crozier selbst hat den Männern verboten, die Strecke allein zurückzulegen. Wenn Botschaften zu überbringen sind, schickt er mindestens zwei Mann mit der strikten Order, beim geringsten Anzeichen von schlechtem Wetter sofort kehrtzumachen. Ganz abgesehen von dem zweihundert Fuß hohen Eisberg, der sich zwischen den beiden Schiffen erhebt und keinerlei Sichtverbindung erlaubt, ist der Weg trotz beinahe täglicher Bemühungen, ihn freizuschaufeln und Hindernisse zu entfernen, ein einziges Gestrüpp aus frostigen Zacken, umgestürzten Eistrümmern und schartigen Pressrücken.
»Schon gut, Edward«, antwortet Crozier. »Ich nehme den Kompass mit.«
Leutnant Little ringt sich ein Lächeln ab, obwohl der Witz nach zwei Jahren vor Ort schon etwas verbraucht ist. Soweit ihre Instrumente das erfassen können, sind die Schiffe fast direkt über dem magnetischen Pol eingeschlossen. Ein Kompass ist hier in etwa so nützlich wie eine Wünschelrute.
Leutnant Irving tritt heran. Auf seinen Wangen glänzt Salbe, wo der Frost weiße Flecken und abblätternde Haut hinterlassen hat. »Kapitän Crozier«, bestürmt er ihn, »haben Sie Silence da draußen auf dem Eis gesehen?«
Crozier hat Mütze und Schal abgenommen und streicht sich Schneekristalle aus dem schweiß- und nebelfeuchten Haar. »Wollen Sie damit sagen, sie ist nicht in ihrem kleinen Versteck hinter dem Lazarett?«
»Nein, Sir.«
»Haben Sie sich schon überall hier auf dem Unterdeck umgeschaut?« Da die Männer fast alle Wache haben oder mit Suchtrupps unterwegs sind, macht sich Crozier vor allem Sorgen, dass die Eskimohexe irgendwo hineingeschlüpft sein könnte, wo sie nichts verloren hat.
»Aye aye, Sir. Keine Spur von ihr. Ich hab auch herumgefragt.
Gestern Abend hat
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