Terror
Kapitän der HMS Terror zu.
»Wir bringen die gesamte Mannschaft und Kohle der Erebus auf die Terror und suchen das Weite«, fuhr Crozier fort. »Entweder durchs Eis im Südwesten oder um die Ostküste von King-William-Land zu erforschen.«
Der Eislotse Blanky unterbrach das betretene Schweigen. »Alles auf eine Karte setzen, ja, das leuchtet mir ein.«
Sir John blinzelte nur. Als er schließlich seine Stimme wiederfand, klang sie zaghaft und ungläubig, als hätte auch Crozier einen Witz gemacht, den er nur nicht begriffen hatte. »Das Flaggschiff aufgeben? Die Erebus aufgeben?« Er sah sich um, als würde ein einziger Blick in seine Kajüte genügen, um die Frage ein für alle Mal zu entscheiden: die Bücher und Regale an den Wänden, das Kristall- und Porzellangeschirr auf dem Tisch, die drei großen in die Decke eingelassenen Patentscheilichten der Firma Preston, durch die das herrliche Spätsommerlicht in die Kajüte fiel. »Die Erebus aufgeben, Francis?« Seine Stimme war wieder etwas kräftiger, hatte jedoch noch immer den Ton eines Menschen, der eine Erklärung für einen etwas abseitigen Scherz wünscht.
Crozier nickte. »Die Antriebswelle der Schiffsschraube ist verbogen, Sir John. Ihr Maschinist Mr. Gregory hat uns berichtet, dass sie außerhalb eines Trockendocks weder repariert noch eingezogen werden kann. Und bestimmt nicht, solange wir uns im Packeis befinden. Es wird nur schlimmer. Mit zwei Schiffen reicht die Kohle bloß noch wenige Tage oder höchstens eine Woche, um gegen das Packeis anzukämpfen. Wenn wir nicht durchstoßen, werden beide Schiffe einfrieren. Und wenn wir auf der offenen See nördlich von King-William-Land eingeschlossen werden, wissen wir nicht einmal, wohin die Strömung das Eis treibt, in dem wir festsitzen. Es ist durchaus möglich, dass wir in den Untiefen dort drüben an der Leeküste landen. Und das überstehen nicht einmal so wunderbare Schiffe wie unsere.« Crozier ließ den Blick durch die Kapitänskajüte und hinauf zu den Oberlichten gleiten, ehe er den Faden wieder aufgriff. »Wenn wir aber unsere gesamte Kohle in das weniger beschädigte Schiff bringen und vor allem wenn wir mit ein wenig Glück entlang der Ostseite von King-William-Land offenes Wasser finden, dann haben wir Brennmaterial, um weit länger als einen Monat mit voller Kraft nach Westen zu fahren. Wir müssten zwar
die Erebus opfern, aber dafür können und werden wir innerhalb einer Woche Point Turnagain und andere vertraute Orte an der amerikanischen Küste erreichen. Das würde bedeuten, die Nordwestpassage zum offenen Pazifik noch in diesem Jahr zu schaffen und nicht erst im nächsten.«
»Die Erebus aufgeben?« Sir John hörte sich nicht verstimmt oder gereizt an, nur tief verwundert über die Absurdität eines solchen Plans.
»Dann müssten wir aber eng zusammenrücken auf der Terror «, bemerkte Fitzjames. Er schien den Vorschlag ernsthaft zu erwägen.
Sir John wandte sich nach rechts und starrte seinen Lieblingsoffizier an. Auf seinem Gesicht zeichnete sich langsam das kalte Lächeln eines Mannes ab, der ahnt, dass sich die anderen über ihn lustig machen, ohne genau zu wissen, wie.
»Natürlich wäre es eng, aber nicht unerträglich und würde auch nur einen Monat oder zwei dauern«, erwiderte Crozier. »Mr. Honey von meinem Schiff und Mr. Weekes, der Zimmermann der Erebus , können das Abbrechen der Schotten überwachen. Alle Offiziersunterkünfte werden abgebaut bis auf die Große Messe, die zu Sir Johns Kajüte und vielleicht zur Offiziersmesse umgestaltet werden könnte. Dadurch würden wir reichlich Raum gewinnen, sogar für ein weiteres Jahr und mehr im Eis. Diese alten Mörserschiffe haben zwar sonst kaum etwas zu bieten, aber zumindest haben sie viel Platz unter Deck.«
»Es würde einige Zeit dauern, die Kohle und die Schiffsvorräte umzuladen.« Leutnant Le Vesconte wirkte nachdenklich.
Erneut nickte Crozier. »Ich habe meinen Proviantmeister Mr. Helpman gebeten, das Ganze zu überschlagen. Sie erinnern sich gewiss noch, dass Mr. Goldner, der Hersteller der Lebensmittelkonserven für unsere Expedition, den Großteil seiner Güter erst in den letzten achtundvierzig Stunden vor unserer Abreise geliefert hat und dass deswegen auf beiden Schiffen noch einmal viel
umgepackt werden musste. Trotzdem ist es uns gelungen, pünktlich abzulegen. Nach Mr. Helpmans Schätzung können wir, wenn beide Mannschaften das lange Tageslicht ausnutzen und in Halbwachen schlafen, alles, was auf
Weitere Kostenlose Bücher