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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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war neblig, und wir haben die Küste nur hin und wieder gesehen, wenn sich der Dunst ein bisschen verzogen hat. Also war es schon Nachmittag, als wir mit dem Steinmal fertig waren. Trotzdem ist Leutnant Gore mit mir noch sechs oder sieben Meilen weiter südlich an der Küste entlangmarschiert. Manchmal haben wir etwas gesehen, die meiste Zeit nicht. Dafür haben wir etwas gehört .«
    »Von was sprichst du, Mann?« Franklin klang ungeduldig.
    »Irgendwas ist uns gefolgt, Sir John. Etwas Großes. Es hat laut geatmet. Und manchmal ein bisschen geschnaubt … Sie wissen schon, meine Herren, wie die weißen Bären, wenn sie so … husten.«
    »Es war demnach ein Bär?«, fragte Fitzjames. »Du hast doch gesagt, dass es dort nichts gibt, was so groß ist wie ein Mensch. Aber wenn euch ein Bär gefolgt wäre, hättet ihr ihn doch sehen müssen, sobald sich der Nebel wieder einmal gelichtet hat.«
    »Aye aye, Sir.« Best runzelte so angestrengt die Stirn, dass es fast den Anschein hatte, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Ich meine, nein, Sir. Wir konnten keinen Bären erkennen, Sir. Normalerweise hätten wir ihn natürlich sehen müssen. Auf jeden Fall. Aber da war nichts zu machen. Manchmal haben wir das Husten direkt hinter uns gehört – fünfzehn Fuß entfernt im Nebel. Ich hab die Flinte angelegt, und Leutnant Gore hat mit der Pistole gezielt, und dann haben wir die Luft angehalten und gewartet, bis sich der Nebel gelichtet hat. Nichts, hundert Fuß Sicht und trotzdem nichts.«
    »Es war bestimmt nur irgendein akustisches Phänomen«, sagte Sir John.
    »Jawohl, Sir.« Best war deutlich anzumerken, dass er Franklins Kommentar nicht verstanden hatte.
    »Das Küsteneis muss diese Geräusche erzeugt haben«, ergänzte Sir John. »Oder vielleicht der Wind.«

    »Ach so, aye aye, Sir. Bloß dass kein Wind geweht hat. Aber das Eis … ja, das könnt’s gewesen sein, Mylord. Sicher, möglich wär es.« Bests Ton verriet, dass er das nicht für möglich hielt.
    Sir John wirkte leicht irritiert. »Du hast am Anfang angegeben, dass Leutnant Gore erst gestorben ist … getötet wurde, nachdem ihr wieder zu den anderen sechs Mann auf dem Eis gestoßen wart. Bitte setz den Bericht bis zu diesem Zeitpunkt fort.«
    »Jawohl, Sir. Also, es war bestimmt schon fast Mitternacht, als wir den südlichsten Punkt unseres Marsches erreicht hatten. Die Sonne vor uns war verschwunden, aber am Himmel war noch dieses goldene Glühen … Sie wissen ja selbst, wie es hier um Mitternacht ist, Sir John. Der Nebel hatte sich ein wenig gelichtet, und wir sind so einen kleinen Buckel raufgeklettert, eigentlich nicht mal ein Hügel, nur so eine Erhebung vielleicht fünfzehn Fuß über dem flachen, gefrorenen Geröll. Wir haben gesehen, dass das Land weiter oben im Süden eine Biegung macht und mit dem Horizont verschwimmt, wo man nur noch diese Eisberge an der Küste erkennt. Kein Wasser. Wo wir auch hingeschaut haben, alles fest gefroren. Also haben wir kehrtgemacht und sind zurück. Wir hatten kein Zelt und keine Schlafsäcke mit, nur eine Decke und kaltes Essen, an dem wir kauen konnten. Ich hab mir damit einen gesunden Zahn rausgebrochen. Wir hatten beide großen Durst. Wir hatten keinen Kocher zum Auftauen von Eis, und wir hatten bloß jeder eine Flasche Wasser dabei, die wir unter den Kleidern getragen haben. Wir sind die ganze Nacht durchmarschiert – die ein, zwei Stunden Dämmerlicht, die sich hier Nacht nennen, und dann noch viele Stunden. Ich bin ein halbes Dutzend Mal im Gehen eingeschlafen und wäre im Kreis gegangen bis zum Umfallen, wenn mich Leutnant Gore nicht immer wieder am Arm geschüttelt und mir den richtigen Weg gezeigt hätte. Wir sind an dem neuen Steinmal vorbei und haben die Bucht überquert, und irgendwann um sechs Glasen, da war die Sonne schon wieder hoch am
Himmel, haben wir die Stelle bei dem alten Steinmal erreicht, ich meine, bei Sir James Ross’ Steinmal, wo wir am Abend vorher unser Lager aufgeschlagen hatten – eigentlich zwei Abende vorher bei diesem ersten Gewitter. Wir sind immer weitergelaufen und den Schlittenspuren bis zu den aufgetürmten Eisbergen an der Küste und dann raus aufs Meer gefolgt.«
    »Du sagst ›bei diesem ersten Gewitter‹«, unterbrach ihn Crozier. »Hat es denn mehrere gegeben? Wir hatten hier auch einige, aber am schlimmsten war es wohl im Süden.«
    »O ja, Sir«, antwortete Best. »Alle paar Stunden ist trotz des dichten Nebels das Donnergrollen wieder losgegangen,

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