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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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unsere Haare haben sich aufgestellt, als wollten sie uns vom Kopf fliegen, und alle Metallsachen, die wir dabeihatten – die Gürtelschnallen, die Flinte, Leutnant Gores Pistole – haben blau geleuchtet. Dann haben wir uns jedes Mal einen Platz zum Hinkauern gesucht und uns so tief wie möglich ins Geröll eingegraben, während es um uns herum überall gekracht hat wie die Kanonen bei der Schlacht von Trafalgar.«
    »Ich habe an der Schlacht von Trafalgar teilgenommen, Matrose Best«, bemerkte Sir John steif. »Als Signaloffizier an Bord der HMS Bellerophon , auf der bei einem einzigen Gefecht dreiunddreißig von vierzig Offizieren ihr Leben lassen mussten. Ich würde dich bitten, für den Rest deines Berichts auf Metaphern und Vergleiche zu verzichten, die sich deiner Erfahrung entziehen.«
    »Aye aye, Sir«, stammelte Best, den jetzt nicht nur die Erschöpfung und die Trauer beutelten, sondern auch der Schreck über seinen Ausrutscher. »Bitte vielmals um Verzeihung, Sir John. Ich wollte nicht … ich meine … ich hätte nicht … das heißt …«
    »Fahr einfach mit deinem Bericht fort. Vor allem über die letzten Stunden von Leutnant Gore.«
    »Jawohl, Sir. Also … ich wäre gar nicht über die Eisberge drübergekommen, wenn mir Leutnant Gore nicht geholfen hätte – Gott sei seiner Seele gnädig. Irgendwie haben wir es doch geschafft
und sind raus aufs Eis. Da war es eigentlich nur noch eine Meile bis zum Seelager, wo Mr. Des Voeux und die anderen auf uns gewartet haben, aber dann haben wir uns verlaufen.«
    »Wie konntet ihr euch verlaufen«, fragte Commander Fitzjames, »wo ihr doch den Schlittenspuren gefolgt seid?«
    »Ich weiß es nicht, Sir.« Bests Stimme klang bleiern vor Müdigkeit. »Da war dieser Nebel. Dichter Nebel. Meistens haben wir keine zehn Schritt weit gesehen. Alles um uns rum hat gleichmäßig geschimmert und war ganz flach. Ich glaube, wir sind drei oder vier Mal über denselben Eishügel geklettert, und wir haben immer mehr die Orientierung verloren. Draußen auf dem Meereis waren große Stellen, wo der Wind den Schnee weggeblasen hatte und die Schlittenkufen keine Spuren hinterlassen hatten. Aber eigentlich war es einfach so, dass wir beide, Leutnant Gore und ich, im Schlafen weitermarschiert sind und die Spuren aus den Augen verloren haben, ohne es zu merken.«
    »Also schön.« Sir John räusperte sich. »Weiter.«
    »Ja, und dann haben wir die Schüsse gehört …«
    »Schüsse?«, entfuhr es Commander Fitzjames.
    »Ja, Sir. Aus einer Büchse und aus einer Flinte. Bei dieser dicken Suppe, wo der Knall von den Eisbergen und den Eiskämmen zurückgekommen ist, hat es sich angehört, als würde von allen Seiten gleichzeitig geschossen. Wir wussten nur, dass es ganz nahe war. Also haben wir in den Nebel gerufen, und bald darauf haben wir Mr. Des Voeux’Antwort gehört. Eine halbe Stunde später – erst da hat sich der Nebel ein bisschen gelichtet  – sind wir ins Seelager gestolpert. Die Maaten hatten in den sechsunddreißig Stunden seit unserer Trennung das Zelt geflickt – zumindest einigermaßen –, und es stand neben dem Schlitten.«
    »Waren die Schüsse dazu gedacht, euch zum Lager zu führen?«, fragte Crozier.
    »Nein, Sir. Sie haben auf Bären geschossen. Und auf den alten Eskimomann.«

    »Was genau ist vorgefallen?«, drängte Sir John mit gereizter Stimme.
    Charles Best leckte sich über die aufgesprungenen Lippen. »Mr. Des Voeux kann Ihnen das sicher besser erklären. Jedenfalls war es so:Wie sie am Tag zuvor im Seelager angekommen sind, waren sämtliche Konservenbüchsen aufgebrochen, alles war verstreut und verdorben – und sie dachten natürlich, das waren die Bären. Also haben Mr. Des Voeux und Dr. Goodsir beschlossen, ein paar von den weißen Bären zu schießen, die immer ums Lager rumgeschlichen sind. Kurz vor unserem Eintreffen hatten sie ein Weibchen und ihre zwei Jungen erlegt und waren gerade beim Ausnehmen. Aber dann haben sie was im Nebel gehört – genau dieses Husten und Schnauben, von dem ich schon erzählt habe. Und plötzlich sind die zwei Eskimos, der alte Mann und die Frau, über einem Hügel aufgetaucht, einfach so in ihrem weißen Pelz, und da hat Pilkington mit seiner Büchse draufgehalten und Bobby Ferrier mit seiner Flinte. Ferrier hat zweimal vorbeigeschossen, aber Pilkington hat dem Mann eine Kugel in die Brust gejagt. Als wir dort angekommen sind, hatten sie den verletzten Eskimo und die Frau und einen Teil von dem

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