Terror
Handgelds versprochen, das an sich schon ansehnlich war und die meisten dieser Seeleute zum Anheuern bewogen hatte. Dreiundzwanzig Pfund für die meisten von ihnen!
Ein riesiger Batzen Geld, mit dem man fast zwei Jahre lang die Miete für ein Quartier bezahlen konnte. Und das zusätzlich zu dem Royal-Navy-Lohn von sechzig Pfund pro Jahr für einen Vollmatrosen, der schon mehr als das Dreifache dessen ausmachte, was ein Arbeiter an Land verdiente. Fünfundsiebzig Pfund für die Zimmerleute, siebzig für die Bootsmänner und volle vierundachtzig Pfund für die Maschinisten.
Die Männer lächelten sich zu, während sie heimlich mit den Füßen stampften, um keine Zehen zu verlieren.
»Ich habe Mr. Diggle von der Terror und Mr. Wall von der Erebus angewiesen, uns ein Festmahl zuzubereiten – zur Feier unseres kommenden Triumphs über diese vorübergehende Widrigkeit und der gewissen Vollendung unseres Auftrags«, rief Sir John von seinem Platz an dem fahnenbedeckten Kompasshaus. »Und auf beiden Schiffen werden heute Extrarationen Rum ausgegeben.«
Die Seeleute der Erebus konnten sich nur mit offenem Mund angaffen. Sir John Franklin erlaubte, dass sie an einem Sonntag Rum erhielten – und noch dazu Extrarationen?
»Erhebt eure Hände zum Gebet, Schiffsmaaten«, fuhr Sir John fort. »Herr, kehre dich doch wieder zu uns und sei deinen Knechten gnädig! Fülle uns frühe mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang. Erfreue uns nun wieder, nachdem du uns so lange plagest, nachdem wir so lange Unglück leiden. Zeige deinen Knechten deine Werke und
deine Ehre ihren Kindern. Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unsrer Hände bei uns, ja das Werk unsrer Hände wolle er fördern. Ehre sei dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Wie es war am Anfang, so auch jetzt und immerdar, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.«
»Amen«, schallte es aus einhundertfünfzehn Kehlen zurück.
Obwohl ein Schneesturm aus Nordwesten blies, der den Männern die Sicht raubte und das Leben schwermachte, hallte das Eis in den nächsten vier Tagen und Nächten wiederholt von Flinten- und Büchsenschüssen wider. Jeder, der sich unter irgendeinem Vorwand aufs Eis begeben konnte – als Mitglied eines Jagdtrupps oder eines Kommandos, das die Feuerlöcher instand halten musste, als Bote, der zum anderen Schiff gesandt wurde, als Zimmermann, der einen Schlitten erprobte, als Matrose, der die Erlaubnis erhalten hatte, mit dem Hund Neptune hinauszugehen –, nahm eine Waffe mit und feuerte auf alles, was sich bewegte oder durch den wehenden Schnee und Nebel auch nur den Eindruck von Bewegung machte. Getötet wurde dabei zwar niemand, aber drei Männer mussten sich bei Dr. MacDonald und Dr. Goodsir melden, um sich Schrotkörner aus Schenkeln, Waden und Hintern entfernen zu lassen.
Am Mittwoch brachte ein Jagdtrupp, der nach Robben gesucht, aber keine gefunden hatte, die über zwei Schlitten gespannte Leiche eines Polarbären und ein lebendes Bärenjunges von der Größe eines kleinen Kalbs mit.
Man stimmte ein eher zurückhaltendes Geschrei nach Auszahlung der zehn Gold-Sovereigns an alle Mann an, doch selbst die Leute, die das Tier eine Meile nördlich des Schiffs mit mehr als zwölf Schüssen aus zwei Büchsen und drei Schrotflinten zur Strecke gebracht hatten, mussten zugeben, dass es mit seinen kaum acht Fuß Länge auf dem blutigen Eis zu klein, zu mager
und zu weiblich war. Sie hatten das Muttertier getötet, das wimmernde Junge jedoch am Leben gelassen und es am Schlitten festgebunden mitgeschleppt.
Sir John stieg von Bord, um die tote Bärin zu begutachten, und lobte die Männer dafür, dass sie frisches Fleisch gebracht hatten, obwohl gekochtes Bärenfleisch allgemein verhasst war und dieses Tier sogar noch sehniger und zäher aussah als die meisten anderen. Aber, so stellte er klar, dies war natürlich nicht der Leviathan, der Leutnant Gore getötet hatte. Alle Leute, die die letzten Sekunden des Leutnants miterlebt hatten, waren sich darin einig, erklärte Sir John, dass der tapfere Offizier noch im Sterben seine Pistole abgefeuert und das Ungeheuer in die Brust getroffen hatte. Diese Bärin hier war zwar von vielen Schrotladungen getroffen worden, aber es gab weder eine alte Wunde von einem Pistolenschuss in ihrer Brust noch die entsprechende Kugel, an der allein das echte Bärenungeheuer zu erkennen sei.
Einige der Männer waren dafür, das Junge zu zähmen, da
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