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Tesarenland (German Edition)

Tesarenland (German Edition)

Titel: Tesarenland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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hakt der Alte nach. Ich bekomme das Gefühl, die zwei ringen vor mir um die Spitze in der Nahrungskette. Der Alte hat seine Krücke an den Tisch gelehnt, nahe genug, um sie jederzeit erreichen zu können. Als Luca sich jetzt auf ihn zubewegt, gleitet sein Blick kurz zu seinem Stock. Ich bin sicher, er hat ihn in seiner Nähe platziert, um sich notfalls verteidigen zu können. Das Misstrauen beruht wohl auf Gegenseitigkeit.
    Luca stützt sich mit den Händen auf der Tischplatte auf , die Muskeln in seinen Armen treten dabei unter der Haut hervor. »Wie wäre es mit einem Schluck heißer Schokolade für meine Begleitung?«, sagt er ruhig.
    »Du kennst dich ja aus .« Der Alte zwinkert mir zu. »Du weißt, was Schokolade ist?«
    Ich verneine und beobachte, wie Luca einen kleinen Topf aus einem der Schränke holt, ihn auf eine dunkle Glasfläche stellt, einen Schalter betätigt und dann Milch aus einer Kanne in den Topf gießt.
    »Habe ich mir gedacht. Du kommst aus der Kolonie? Dein Freund dort, eindeutig nicht. Aber ein Leibsklave ist er auch nicht.« Der Mann scheint darüber nachzugrübeln, wer Luca sein könnte. Aber da Luca ihn nicht aufklären möchte, tue ich das auch nicht. Ich könnte ohnehin nicht viel sagen. Der Luca, den ich aus Kolonie D kenne, ist fort. Seit wir in die Minenkolonie gebracht wurden, ist dort ein anderer Luca, einer der selbstbewusst wirkt, der erwachsen ist, der immer genau zu wissen scheint, was gut für uns ist.
    Luca stellt eine dunkelbraune Flüssigkeit in einer Tasse vor mir auf den Tisch. Ich schnuppere misstrauisch daran, es riecht süß, irgendwie interessant. Ich lege meine Hände an die Tasse und bin für einen Moment von dem glatten, weichen Material abgelenkt. Alles Geschirr, das ich bisher berührt habe, wurde aus Alu gemacht.
    »Porzellan«, sagt Luca.
    »Du bist ein Rebell«, sagt der Alte und schmunzelt. Luca zuckt zusammen und greift nach seinem Messer, das er in seinem Stiefel trägt. »Lass stecken, Kleiner. Keine Sorge, ich verrate es niemanden .«
    Ich hebe die warme Tasse an meine Lippen, nippe an dem Getränk und seufze, als der wundervolle Geschmack in meinem Mund regelrecht explodiert. Der Alte und Luca lachen gleichzeitig auf.
    »Ziemlich deutlich, dass sie noch nie Schokolade hatte«, sagt der Alte.
    »Ihr braucht also ein Funkgerät. Warum?«
    Luca holt hörbar Luft. Es fällt ihm offensichtlich schwer, sein Misstrauen zu vergessen. »Wir müssen die Chips loswerden«, sagt er zähneknirschend. »Und wir brauchen ein Antibiotikum.«
    »Keiner von euch beiden sieht krank aus .«
    Luca zögert wieder. Ich nippe an meiner Schokolade und genieße bewusst jeden Schluck dieser Köstl ichkeit. Wie sollte man jemand, der so was besitzt nicht vertrauen können?
    »Meine kleine Schwester ist krank, Husten, Schnupfen, Fieber«, sage ich, obwohl ich weiß, dass es viel mehr als nur das ist. Aber ich will nicht, dass der alte Mann sich am Ende zu viele Gedanken über uns macht.
    Er greift nach seiner Krücke, stemmt sich mühsam vom Stuhl hoch und geht in Richtung Zimmertür. »Wollt ihr ewig da sitzen oder folgt ihr mir?«
    Luca und ich sehen uns unsicher an, aber ich bin gewillt dem Alten zu vertrauen. Was sollte er uns schon antun können? Er kann sich kaum auf den eigenen Beinen halten. Wie alt mag er sein?
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, sagt er: »Ich bin sechsundachtzig, glaubt ihr nicht auch, ich bin etwas alt um euch wirklich schaden zu können ?«
    »Sechsundachtzig ?«, sage ich staunend. »Das heißt, du warst elf, als sie gekommen sind. Du weißt noch, wie es vorher war?«, plappere ich aufgeregt los. »Du warst auf der Schule!«
    Noch nie bin ich einem Menschen begegnet, der damals schon gelebt hat. Ich ha be es vermutet, dass er alt genug sein könnte, aber es jetzt bestätigt zu bekommen, ist so aufregend für mich. Selbst Marco, unser Ältester aus Kolonie D, war nicht alt genug. Selbst er konnte uns nur erzählen, was er von seinem Vater wusste. Es ist wie ein kleines Wunder, einen Menschen zu treffen, der all das wirklich gesehen und erlebt hat, wovon ich nur gehört habe.
    Er bringt uns in den Keller. Luca läuft zwischen mir und dem Alten, sein Messer griffbereit im Bund seiner Hose, die Hand auf dem Knauf. Er hält ein paar Schritte Abstand zu unserem Gastgeber. Dieser kichert als er Lucas Vorsichtsmaßnahmen bemerkt.
    »Ich hatte als Kind auch immer Angst in den Keller zu gehen. Wie ich sehe, gilt das auch für die heutige Jugend .«
    Hinter

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