Tesarenland (German Edition)
einem Vorhang ist eine Tür versteckt. Er öffnet sie und bittet uns herein. Das Licht geht an und taucht den winzigen Raum in ein dämmriges Licht, das nicht viel heller ist, als die Flamme einer Kerze. In dem Raum befindet sich nicht viel; ein Regal mit irgendwelchem Kram, eine Matratze auf dem Boden und ein Tisch, auf dem ein Gerät steht, das Luca ein erstauntes Stöhnen entringt.
Ich sehe ihn fragend an und er zuckt lässig mit den Schultern. »Ein Funkgerät.« An den alten Mann gerichtet sagt er: »Du bist einer von uns .« Luca geht auf den Tisch zu und streicht über das Gehäuse des Funkgerätes?
»Einer von uns? Du meinst ein Rebell ?«, frage ich verunsichert und mustere den gebrechlichen Mann zweifelnd. Er sieht nicht sehr gefährlich aus. Aber was weiß ich schon von Rebellen, ich habe ja noch nie einen zu Gesicht bekommen, bis auf Luca. Und Luca sieht auch nicht gefährlich aus.
»Sagen wir es so, ich operiere im Untergrund. Manchmal verstecke ich einen von euch hier .«
»Aber er ist doch ein Leibsklave«, sage ich entrüstet und betrachte seine Kennzeichnung. Ich trete an Luca heran und starre ratlos auf die vielen Knöpfe und Lampen.
»Und er weiß, wie es gewesen ist frei zu sein.«
»Ich habe es etwas leichter. Keiner traut einem alten Mann zu, dass er sich gegen die Tesare stellt. Außerdem ist die Medizinerin eine Menschenfrau. Sie wirkt zwar kalt und als wäre sie glücklich mit ihrem Leben, aber sie schaut gnädig weg.«
Ich frage mich, ob diese Medizinerin die Frau ist, die uns die Spritzen gegeben hat. Könnte der alte Mann etwas darüber wissen? Am Ende kann er Kayla sogar helfen.
Ich lasse die letzten Tage Revue passieren. Der LKW, der kommt, um uns zu holen, das stinkende Loch, in das wir gesperrt worden sind, die Frau mit dem schönen Haar und die Spritzen. Dann stirbt der kleine Junge, andere werden krank. Meine Untersuchung im Lager bei der Mine. Ich blende immer wieder das Gesicht der Frau im weißen Kittel ein, ihre starre, unbewegte Miene, wie sie dem Tesar eine Hand auf den Arm legt, als wollte sie ihn trösten. Die Kinder, die zur Untersuchung geholt werden und nicht zurückkehren. Kann ein Mensch das alles passieren lassen und trotzdem seinen Verstand behalten? Kann es sein, dass sie nur ein Spiel mit den Tesaren spielt und in Wirklichkeit nur versucht zu überleben? Das alles ergibt für mich keinen Sinn. Warum sollte die Frau dabei helfen, Kinder zu töten und dann einen Rebellen schützen? Es muss sich dabei um eine andere Frau handeln.
»Trägt sie einen weißen Kittel und hat wunderschönes, glänzend goldenes Haar ?«, frage ich.
Der Alte nickt. »Ihr habt sie getroffen .« Seine Augen gleiten über mich hinweg, als würde er etwas suchen. »Was auch immer sie getan hat, sie hat es nicht gerne gemacht.«
»Sie hat Kinder getötet !«, schreie ich vor Wut zitternd.
»Ich weiß nichts über ihre Arbeit. Sie spricht nicht darüber. Ich bin nur ihr Hauswart .« Der Mann schaut mich mitleidig an, doch egal, was er noch sagen könnte, mehr als Hass bleibt nicht mehr für ihn in mir zurück. Die Bewunderung, die ich eben noch empfunden habe, ist verflogen. Dieser Mann hätte vielleicht verhindern können, das Kayla stirbt. Er beschützt die Mörderin von Kindern. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken. Warum auch immer die Rebellen es bisher nicht geschafft haben, uns Kolonisten zu befreien, sie haben es zumindest versucht. Alles, was dieser Mann hier macht, ist zuschauen, wie Kinder getötet werden. Ich weiß nicht, woher dieser Gedanke kommt, aber, er hätte das alles verhindern können, indem er die Frau getötet hätte.
»Und es funktioniert noch? Ich meine, die wenigsten Sachen laufen mit der Tesarenenergie. Wir betreiben unsere mit Generatoren. Wir haben auch ein paar Sonnenkollektoren, aber hier gibt es doch nur Tesarenenergie.« Luca schaut zwischen dem Alten und mir hin und her.
Ich sehe Luca verärgert an. Wie kann er diesem Mann noch trauen? Er macht einfach weiter, als hätte er nicht gehört, was hier gerade passiert ist. Dabei habe ich genau gesehen, wie er kurz zusammengezuckt ist, als der Alte gestanden hat, dass er für die Frau arbeitet, die mit uns experimentiert hat. Luca ignoriert meinen Blick und dreht an ein paar Knöpfen herum. Ein Rauschen ertönt aus dem Funkgerät. Er hält sich etwas vor den Mund und spricht rein.
»Hier Luca Station elf. Melde mich aus der Hölle. Bitte kommen.« Luca dreht wieder ein paar Knöpfe, zieht sich einen
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