Tesarenland (German Edition)
Lächeln und denke, allein dafür lohnt sich all dies. Kayla möchte es genau so, da bin ich sicher.
Leise stehe ich auf, schleiche am schlafenden Kaninchen vorbei und setze mich zu Luca, der vor einem Alfratol-Feuer sitzt und in die Flammen starrt.
»Du solltest doch schlafen«, murmelt er , ohne mich anzusehen. Ich schlüpfe zu ihm unter die Decke.
»Ich kann nicht. Schlaf du doch und lös mich später ab. Du siehst erschöpft aus .«
»Ich kann auch nicht .« Er schaut mir in die Augen. Die Flammen spiegeln sich in seinen. Die Zeit bleibt stehen. In den letzten Tagen sind wir uns sehr nahe gekommen. Habe ich anfangs noch Zweifel an ihm gehabt, stehe ich jetzt vollkommen hinter ihm. Hat er mich vor Kurzem noch wütend gemacht, so fühle ich mich jetzt umso sicherer in seiner Nähe. So nahe neben ihm zu sitzen, hat etwas Vertrautes, so als würden wir uns schon sehr lange kennen. Dabei weiß ich kaum etwas über ihn, nur, dass er es geschafft hat, uns die Freiheit zu schenken. Er ist mutig, fähig zu Handeln, ohne darüber nachzudenken und ich bewundere ihn.
» Woran denkst du?« Hoffentlich nicht an seine Familie. Ich bin nicht gut im Trost spenden. Außerdem gibt es sowieso nichts, was ich hätte sagen können. Aber wer bin ich denn? Natürlich wird er an seine Familie denken. Ich muss doch auch an Mutter denken, auch wenn ich andauernd versuche, mich abzulenken, damit die Realität mich nicht einholen kann. »Es tut mir leid, deine Familie … Du weißt schon.«
»Mir auch.« Luca lacht bitter auf.
Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter. »Was glaubst du, ist geschehen?«
»Ich weiß es nicht .« Luca greift nach meiner Hand, schlingt seine Finger um meine. Da ist wieder dieses warme Gefühl. Es macht mir Angst, weil ich es so schön finde, weil ich es nie wieder loslassen möchte. Weil ich Luca nie wieder loslassen möchte.
»Was hättest du getan, wenn ich nicht gewesen wäre? Wärst du dann geflohen, oder hättest du zugelassen, dass sie Kayla töten ?«
Ich rücke von Luca ab und runzle die Stirn, weil mich seine Frage schockiert. Aber bevor ich mir noch Luft machen kann, bemerke ich, dass er richtig liegt. Was hätte ich ohne ihn getan? Ich kenne die Antwort und sie lässt mein Herz in meiner Brust donnern. Ich hätte Kayla sterben lassen. Ich hätte niemals an Flucht gedacht, weil ich nicht so mutig bin wie er. »Warum fragst du mich das?« Wenn er vorgehabt hat, mich wegzustoßen, hat er das geschafft. Ich entziehe ihm meine Hand.
»Weil ich wissen muss, was du tun wirst, wenn mir was passieren sollte. Wirst du es weiter durchziehen? Stehst du hinter dem, was wir getan haben ?«
Entspannter rücke ich wieder näher. »Was soll dir schon passieren? Wahrscheinlich sollte ich dich fragen, ob du weiter auf Kayla aufpassen wirst, wenn ich nicht mehr da bin.« Kann es sein, dass ihm Kayla wichtiger ist als ich? Von Anfang an hatte ich das Gefühl, da wäre eine besondere Verbindung. »Sie ist meine Schwester, sie ist alles, was ich noch habe. Natürlich werde ich auf sie achten. Was ist mit dir?«
Luca reicht mir eine Tasse warmen Tee. Er fährt durch seine Haare. Mittlerweile weiß ich, er tut das immer, wenn ihm etwas unangenehm ist. »Ich habe … Ich hatte eine Schwester in ihrem Alter. Kayla erinnert mich an sie. Lara hat mich auch ständig mit Fragen gelöchert .« Luca lächelt. »Am liebsten hat sie es gehabt, wenn ich ihr vorgelesen habe. Keine Kinderbücher. Sie wollte Romane in denen sich die Schulkönigin und der Schulkönig verliebt haben. Sie hat alles verschlungen, was mit dem Leben vor den Aliens zu tun hatte.«
Das ist genau eine dieser Situationen, in denen ich nie weiß, was ich sagen soll. Tut mir leid, kann nicht ausdrücken, was ich wirklich fühle. Ich fühle Hilflosigkeit, Wut auf die Tesare, Hoffnungslosigkeit. »Wir werden gemeinsam auf Kayla achten, das verspreche ich.«
Meine Finger verflechten sich wieder mit Lucas, diesmal ohne das prickelnde Gefühl in meinem Bauch, weil ich seine Hand jetzt nicht halte, um ihm körperlich näher zu sein, sondern weil ich ihm Trost spenden will. Vielleicht hat Kayla die Kraft, Luca weitermachen zu lassen. Ich habe Angst, dass er aufgibt, weil es für ihn keinen Grund mehr gibt, weiterzumachen. »Wir werden mit Roland gehen, und alles wird gut .«
»Hoffen wir, dass Roland bald auf die Beine kommt. Die Vorräte hier unten werden nicht ewig reichen. Außerdem muss er sein Kontaktfenster einhalten. »Bis zu Rolands Station werden wir
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