Tesarenland (German Edition)
immer die Stromzufuhr prüfen, sonst geht gar nichts«, höre ich Roland sagen. Dann hat er unter den Tisch gegriffen und einen kleinen Wagen mit noch mehr Knöpfen herausgezogen. »Das ist ein Generator. Der braucht Benzin. Deswegen kontrolliert regelmäßig jemand die Unterschlupfe. Er kommt her, und füllt den Generator auf. Jede Station hat ihre Unterschlupfe, die sie warten muss. Wenn sie das nicht macht, kann das im Ernstfall einem von uns das Leben kosten. Sollte das Teil trotzdem mal nicht laufen, sieh zu, dass du in irgendeinem Keller einen solchen Kanister findest .« Roland hat unter den Tisch gedeutet, wo ein schwarzer Behälter stand. »Der hier sollte eigentlich auch immer befüllt sein.«
»Das ist es«, murmel ich und beuge mich unter den Tisch. Dort steht tatsächlich so ein Generator. Auch hier drücke ich sämtliche Knöpfe ohne Erfolg, also sehe ich mich auf dem Regal um, weil unter dem Tisch kein Behälter steht, in dem das Benzin hätte sein können. Wieder fluche ich. »Warum gibt es hier keinen Kanister?« Roland hat doch gesagt, dass alle Unterkünfte immer gewartet werden. Wie kann es dann sein, dass hier kein Kanister mit Benzin ist? Ich bin wütend, weil wir uns gerade in genau so einem Notfall befinden und dieser Unterschlupf nicht so ausgestattet ist, wie er es sein sollte. Wenn wir die Rebellen jemals erreichen, werde ich denjenigen finden, der das zu verantworten hat.
Dann werde ich eben einen suchen müssen, beschließe ich , nachdem ich eine Weile darüber nachgegrübelt habe. Ich weiß, wie so ein Behälter aussieht, wäre doch gelacht, wenn ich das nicht schaffen würde. Ich nicke zur Bestätigung, oder auch, um mir selber mehr Mut zu machen. Aber mir bleibt nichts anderes übrig. Kayla hat nur mich und nur ich kann dafür sorgen, dass sie Hilfe bekommt. Und was soll schon passieren? Die Stadt ist verlassen. Ich werde dort hochgehen, mir Zugang zu einem der Häuser verschaffen und nach so einem Kanister suchen. Kinderspiel!
Schnell wechsle ich Kaylas Stirnlappen noch einmal und tupfe ihr Hals, Brust und Arme mit kühlem, feuchtem Wasser ab. Danach schleiche ich mich aus dem kleinen Raum, in der Hand die einzige Taschenlampe, die noch Licht macht, die, die man schütteln muss. Ich schüttele sie erst, als ich die Stahltür hinter mir zugezogen habe und in den schmalen Gang eingetreten bin, der zu der anderen Tür führt. Ein paar unsichere Schritte, dann schließe ich die Augen, atme tief durch und wiederhole noch einmal mein Mantra der Stunde: »Was soll schon passieren, dort oben ist niemand – außer Luca.«
Um mich von unten hoch zur U-Bahn-Station zu ziehen, muss ich die Lampe kurz aus der Hand legen. Das mache ich wirklich nicht gerne, besonders da sie wegrollt und mich im Dunkeln stehen lässt. Aber ich schaffe es, bevor sie wieder erlischt und es Zeit wird , sie erneut zu schütteln. »Siehst du Mutter, ich bekomme das hin. Kein Problem. Ich werde nicht aufgeben, Kayla wird es wieder gut gehen.«
Unsicher stolpere ich die Stufen hinauf, dem Tageslicht entgegen. »Gut, es ist Tag«, erkläre ich meiner Mutter und stecke die Lampe in meine Jackentasche. Unten in unserem Versteck haben wir nicht mitbekommen, wie viel Zeit vergangen ist. »Und die Sonne scheint.«
Bevor ich oben angekommen bin, sehe ich Beine an dem Tunnel vorbeirennen, der hier runter führt. Luca? Klar, wer soll das sonst sein? Wo will er so schnell hin? Ich warte kurz, weil ich nicht will, dass er mich sieht. Ich befürchte, er könnte versuchen mich zurückzuhalten. Nach ein paar Atemzügen steige ich weiter nach oben und sehe mich um. Niemand mehr zu sehen. Dort lang geht es zurück zum Wald, also wende ich mich in die andere Richtung. Ein paar Häuser, deren Fronten von Ranken überwuchert sind, lasse ich links liegen. Hier und da steht das Skelett eines Autos. In der Ferne höre ich das Summen eines Tesarenfliegers. Ich hoffe, dass er nicht in die Stadt kommt. Es ist angenehm warm heute. Am Himmel gibt es nur winzige Wölkchen. Ich schließe Kurz die Augen, halte mein Gesicht in die Sonne und genieße den Moment.
Ein paar Häuser weiter sehe ich wieder jemanden vorbeirennen. Ein undeutlicher Schatten, der sich zwischen den Häusern bewegt. Was macht Luca da nur? Ich drücke mich gegen eine Hauswand und hoffe, dass er mich nicht gesehen hat. Etwas packt mich an meinem Oberarm. Ich sehe hinunter auf Finger, menschliche Finger. Bevor ich darüber nachdenken kann, werde ich um die Ecke gerissen,
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