Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs
Sprache sprechen. Wahrscheinlich empfindet er es auch genau so. Er mag nicht, wenn ich so rede. Es irritiert ihn zutiefst. Wenn er wüsste …
Manchmal habe ich das Gefühl, dass er etwas ahnt, befürchtet. Skepsis macht sich für Momente auf seinem Gesicht breit. Letztens hatte ich sogar das Gefühl, dass er mir abends gefolgt ist, als ich zum Club aufbrach, aber vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet. Sein Drängen, dass wir endlich zusammenziehen sollten, hat in letzter Zeit erheblich zugenommen, und es nervt fürchterlich. Ich will nicht mit ihm zusammen leben – später vielleicht. Wie könnte ich sonst meinen Bedürfnissen nachgehen?’
Tessy sah nachdenklich hoch. Wenn Paul tatsächlich misstrauisch geworden war, musste er unbedingt noch einmal unter die Lupe genommen werden. Sie heftete den Blick wieder auf das Netbook. Rhea hatte es ausschließlich dazu benutzt, besonders eindringliche Club-Affären und Abenteuer aufzuzeichnen sowie ihre Verdienste zu erfassen. Ihre Honorare waren beachtlich. Tessy blies die Wangen auf. Für ein Wochenende mit den Kramers kassierte sie zweitausend Euro. Nicht schlecht. Schließlich las sie in dem Kramer-Text weiter.
‚Die beiden möchten mich für ein weiteres Wochenende buchen’, hieß es nach einem Absatz. ‚Sie wollen mich diesmal in ihr Ferienhaus einladen. Ich bin noch nicht sicher, ob ich zusage. Ich muss für meine Semesterklausuren lernen, und für ein weiteres ganzes Wochenende brauche ich Paul gegenüber eine gute Ausrede. Andererseits – das Geld reizt mich, die heißen Spiele erst recht …’
Damit endete der Eintrag, der wenige Tage vor Rheas Verschwinden entstanden war – die Datei sowie Netbook waren zu diesem Zeitpunkt das letzte Mal verwendet worden, wie Tessy nachprüfte. Soweit reichten ihre PC-Kenntnisse immerhin aus.
Sie lehnte sich mit gerunzelter Stirn zurück. Soviel war klar: Das waren Neuigkeiten, die sie keinesfalls für sich behalten durfte. Sie sah auf die Uhr. Es war später Abend. Sie musste mit Dirk sprechen. Aber der ging nicht an sein Handy. Morgen ist auch noch ein Tag, dachte Tessy, schickte Hanter eine SMS, in der sie um seinen Rückruf bat, und gähnte. Sie war hundemüde.
Ein vorwitziger Sonnenstrahl, der ihr mitten ins Gesicht schien, weckte sie. Es war schon nach acht, und die Katzen maulten sie vorwurfsvoll an, als sie die Treppe herunterstapfte.
„Stellt euch nicht so an!“, maulte Tessy zurück, während sie Pepper und Chili das Frühstück servierte und Kaffeewasser aufsetzte. „Andere Katzen kriegen erst um zehn was zu beißen – oder gar nicht.“
Dazu sagten die beiden nichts, sondern schmatzten ungerührt weiter. Tessys Handy meldete den Eingang einer SMS. Vielleicht Gertrud, überlegte sie. Mit einem Kuss oder einer vergleichbaren Botschaft …
Aber es war Dirk, der ihr mitteilte, dass er sich später melden würde. Im Moment habe er leider keine Zeit, weil er mit einem neuen Fall beschäftigt sei, der seine ganze Aufmerksamkeit erfordere. Man habe eine Wasserleiche gefunden … Wie unerfreulich.
Tessy goss den Kaffee auf, schaltete das Radio ein und erfuhr aus den aktuellen Nachrichten, dass in aller Herrgottsfrühe Volker M. aus dem Müggelsee gefischt worden war. Die Todesursache musste noch geklärt werden. Die Kripo ermittelte bereits.
Dann lieber Erotik-Tagebücher lesen und die Spur einer ziemlich heißen Studentin verfolgen, dachte Tessy. Sie hatte sich gerade mit einer ersten Tasse Kaffee auf der zur Abwechslung mal sonnendurchfluteten Terrasse niedergelassen, als ihr Handy klingelte. Die angezeigte Rufnummer sagte ihr nichts. „Ja?“, fragte sie, ohne ihren Namen zu nennen.
„Guten Morgen, Frau Ritter, hier spricht Stefan Kossner. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt.“
„Nein, nein“, entgegnete Tessy eilig. „Um die Zeit bin ich immer schon längst auf den Beinen …“ Sie verdrehte die Augen und war froh, dass sie kein Bildtelefon hatte.
„Morgenstund hat Gold im Mund?“
„Na klar!“ Tessy räusperte sich. „Sie möchten sich bestimmt nach ersten Ergebnissen erkundigen.“
„So ist es.“
„Ich bin gerade dabei, Rheas Umfeld zu checken, habe in den letzten beiden Tagen mit zwei Freundinnen gesprochen, mich mit Paul getroffen und mich auch in der Wohnung Ihrer Tochter umgesehen – eine sehr schöne Wohnung übrigens“, versicherte Tessy. „Meine Studentenbude sah anders aus, um ehrlich zu sein.“
„Rhea legt Wert auf schöne Dinge – sie hat geerbt
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