Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs
gerade die Wohnung verlassen, als sie plötzlich innehielt. Sie wandte sich um und ging noch einmal ins Schlafzimmer. Ausgerechnet dieser Raum war eher unauffällig möbliert und ausgestattet: Bett, Schrank, Kommode, eine biedere Pflanze in einem Allerweltsübertopf. Andererseits konnte die bewusste Zurückhaltung in diesem Bereich der Wohnung als weiteres Ablenkungsindiz von Rheas wahren Leidenschaften gewertet werden.
Tessy öffnete den Kleiderschrank und durchsuchte sporadisch die Ablagen mit Pullovern und Shirts. Dann fiel ihr Blick auf einen weit nach hinten geschobenen Bastkorb. ‚Bügelwäsche’ erklärte eine bunte Aufschrift. Tessy zog den Korb hervor und öffnete ihn: Blusen, zwei Hosen, darunter Tischdecken. Eine Studentin, die Tischwäsche bügelte, war verdammt ungewöhnlich. Selbst meine Mutter hat sich bereits vor zwanzig Jahren bügelfreie Decken zugelegt, dachte Tessy, und das will was heißen.
Sie nahm die Decken heraus. In die unterste war etwas eingeschlagen. Ein Schminkkoffer. Tessy öffnete ihn nur der Vollständigkeit halber und entdeckte ein Netbook. Ihr Herzschlag beschleunigte sich abrupt.
Jetzt wird es interessant, dachte sie und zögerte nur einen Moment. Dirk wird mich auffressen, dass ich nicht sofort bei ihm auf der Matte stehe. Ich liebe es, wenn Dirk mich auffrisst …
Natürlich war der Zugang mit einem Passwort geschützt. Alles andere hätte Tessy auch ziemlich gewundert. Seit ihrer Rückkehr vor zwei Stunden tat sie nichts anderes, als darüber nachzugrübeln und auszuprobieren, welchem Wort Rhea getraut haben mochte, ihre Geheimnisse zu schützen – dass es Geheimnisse waren, davon ging sie aus. Niemand versteckte und sicherte ein Netbook so gut, um dann lediglich Allerweltskram darauf zu speichern.
Schließlich war sie mit ihrer Weisheit am Ende und hatte alle Namen und Bezeichnungen durch, die ihr im Zusammenhang mit der Studentin einfielen, sowie mehr oder weniger phantasievolle Kombinationen aus beidem. Da sie keinen Zugang zur Polizeiakte hatte, die ihr unter Umständen weitere Anregungen beim Rätseln hätte geben können, und Dirk aus nahe liegenden Gründen im Augenblick nicht befragen wollte, darüber hinaus aber viel zu wenig über Computer wusste, brauchte sie Hilfe. Perfekterweise von jemandem, der deutlich mehr Ahnung hatte als sie und dem sie absolut vertrauen konnte.
Gertrud wäre genau die Richtige, die hier weiterhelfen könnte, überlegte sie, aber ihre Geliebte war immer noch in Frankreich unterwegs und gönnte sich ein Sexabenteuer nach dem anderen. Außerdem hatte sie im Urlaub meist ihr Handy ausgeschaltet … meist hieß nicht immer. Es wäre einen Versuch wert.
Gertruds Mobilbox meldete sich mit der süffisanten Ansage, dass sie gerade viel Besseres zu tun hatte und nicht gewillt sei, sich davon abhalten zu lassen, wie eine Göttin in Frankreich zu leben. Tessy verdrehte die Augen und hinterließ dennoch eine Nachricht:
„Wenn du aus welchem Schoß auch immer wieder aufgetaucht bist, sei so gut und ruf mich an. Ich versichere dir, dass ich dich nicht stören würde, wenn es nicht wirklich sehr, sehr wichtig wäre.“
Sie rechnete nicht damit, dass Gertrud darauf reagieren würde, doch eine gute halbe Stunde später, als sie gerade dabei war, sich ein fetttriefendes Omelett mit Schinken, Käse und aufgebackenem Baguette einzuverleiben, rappelte ihr Handy, und auf dem Display erschien das Foto von Gertrud in ihrem freizügigsten Lederdress.
„Wenn das nicht absolut wichtig ist, bist du mir fünf Höhepunkte im voraus schuldig“, knurrte Gertrud mit verschlafener Stimme. „Ich hatte gerade den besten Sex seit …“
Tessy atmete hörbar tief ein. „So genau will ich es gar nicht wissen.“
„Nur keine Eifersüchteleien!“
„Nein, nein, ich gönn’s dir ja.“
„Umso besser. Also, was ist los? Und bitte keine langen Geschichten, die irgendwo mitten im Urschleim anfangen und in der nächsten Zeitgalaxie enden. Die Lady nebenan macht nur ein kleines Nickerchen, um sich zu erholen, und sie ist scharf wie ein junger Rettich …“
„Ich hab’s verstanden“, versicherte Tessy eilig und berichtete in Kurzform von ihrem Fall und dem passwortgeschützten Netbook.
„Wenn die Studentin sich Mühe gegeben hat und pfiffig ist, kann ich aus der Ferne gar nichts machen“, entgegnete Gertrud nach kurzem Überlegen. „Dann musst du wohl oder übel den guten Hanter und seine Leute einschalten.“
Tessy seufzte. „Scheiße, das hatte
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