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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Das war eine normale Erscheinung. Weniger normal war die Tatsache, daß der Prüf ing keine der Fragen nach genaueren Einzelheiten beantwortete.
    »Haben Sie dort gelegen?« entgegnete Pirx nur.
    »Nein«, sagte Dr. Grotius erstaunt. »Wieso?«

  »Dann machen Sie es mal«, schlug Pirx vor. »Sie sehen dann selbst, wie das ist.«
      Am zweiten Tag war sein Bef nden bereits so gut, daß er sogar Witze über das »Irrsinnige Bad« reißen konnte. Seitdem ging er ständig in das Hauptgebäude, wo im verglasten Schaukasten Listen mit dem Nachweis der Praktika aushingen. Aber er konnte seinen Namen nicht f nden. Dann kam der Sonntag. Um am Montag ließ ihn der Chef rufen.
      Anfangs war Pirx gar nicht besorgt. Er rechnete zuerst mit seinem Gewissen ab. Darum, daß sie in Ostensos Rakete eine Maus versteckt hatten, konnte es sich nicht handeln – erstens war es schon lange her, und zweitens war die Maus klein gewesen. Nein, die ganze Sache war nicht der Rede wert. Dann gab es noch die Geschichte mit dem Wekker, der Maebius’ Bett automatisch unter Strom setzte. Aber auch das war nur ein dummer Scherz gewesen. Mit zweiundzwanzig Jahren stellt man eben solche Dinge an, und der Chef war nicht kleinlich, wenn die Späße im Rahmen blieben. Sollte er von dem »Geist« erfahren haben? Der »Geist« war Pirx’ eigener origineller Einfall, die Kollegen hatten ihm nur geholfen – schließlich hat man ja Freunde. Aber Barn hatte wirklich eine Abreibung verdient. Die Operation »Geist« verlief wie am Schnürchen. Pulver hatten sie in der Tüte, dreimal wurde rund um das Zimmer ein Steg damit gezogen, der unter dem Tisch endete. Vielleicht hatten sie tatsächlich zuviel von diesem Pulver dort ausgeschüttet. Der Pulversteg führte bis in den Korridor, durch eine Ritze unter der Tür, und schon war Barn »geschaf « – die ganze Woche hindurch wurde von nichts anderem als von Geistern geredet. Pirx war ja kein Schwachkopf, er hatte die Rollen gut verteilt: Einige seiner Kameraden erzählten gruselige Geschichten, die anderen mußten ungläubig zuhören, damit Barn die List nicht zu schnell durchschaute. Barn beteiligte sich nicht an diesen metaphysischen Erörterungen, er spöttelte nur über die eifrigsten Anhänger des »Jenseits«, aber sein Spott sollte ihm vergehen. Es war ein unbeschreiblicher Anblick, als er gegen Mitternacht aus seinem Zimmer stürzte, brüllend wie ein Ochse, der von einem Tiger verfolgt wird. Die Flamme drang durch die Ritze unter der Tür, kreiste dreimal um das Zimmer und explodierte unter dem Tisch mit einem Knall, daß die Bücher herunterf elen. Aber Pirx hatte den Spaß zu weit getrieben, denn es f ng an zu brennen. Ein paar Eimer Wasser löschten zwar das Feuer, ein Loch war jedoch eingebrannt, und außerdem stank es nach Kordit. In gewissem Sinne war es also ein Mißerfolg gewesen, denn Barn wollte auch nach der Aktion nicht an Geister glauben. Ja, es wird sich um die »Geist«-Af äre handeln, sagte sich Pirx, als er am frühen Morgen aufstand. Er zog sich ein sauberes Hemd an, warf für alle Fälle noch einen Blick in die Bücher und trat den schweren Gang an.
      Das Arbeitszimmer des Chefs war prunkvoll ausgestattet – Pirx kam es wenigstens so vor. Die Wände waren mit Himmelskarten behängt; Sternbilder, gelb wie Honigtropfen, hoben sich leuchtend vom dunkelblauen Hintergrund ab. Auf dem Schreibtisch stand ein kleiner Mondglobus; überall Bücher, Diplome und ein zweiter riesiger Globus am Fenster. Dieser zweite war ein wahres Wunder; ein Knopfdruck genügte, und jede gewünschte Satellitenbahn f ammte auf – nicht nur die neuen künstlichen Erdtrabanten waren berücksichtigt, sondern auch die ersten, historischen aus dem Jahre siebenundfünfzig.
      An diesem Tage hatte Pirx jedoch kein Auge für den Globus. Der Chef schrieb, er bot Pirx einen Platz an und bat ihn um ein wenig Geduld. Endlich nahm er die Brille ab – er trug sie erst seit einem Jahr – und betrachtete den Studenten, als sähe er ihn zum erstenmal. Das war nun mal seine Art. Selbst ein Heiliger, der nichts auf dem Gewissen hatte, konnte unter diesem Blick die Ruhe verlieren. Pirx war kein Heiliger, er hielt es in seinem Sessel nicht aus. Mal lehnte er sich zurück, f äzte sich ungezwungen hin wie ein Millionär an Deck einer eigenen Jacht, dann wieder rutschte er nach vorn, auf die eigenen Fersen zu. Der Chef ertrug das Schweigen.
      »Was gibt’s Neues, mein Junge?« fragte er schließlich.
      Wenn er

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