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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Pirx schwitzte.
      »Da der Mond weder eine Atmosphäre noch eine Ionosphäre besitzt, wird die Verbindung durch Ultrakurzwellen aufrechterhalten. Zu diesem Zweck wurden Ketten von Schaltstellen gebaut, die denen der Fernsehrelais gleichen.«
      Der Chef hatte sich mit dem Ellenbogen auf den Schreibtisch gestützt und spielte mit dem Kugelschreiber. Er wollte Pirx zu verstehen geben, daß er unendliche Geduld habe und so lange zuhören wolle, bis sich ein Erfolg einstelle. Pirx ließ sich nämlich über Dinge aus, die jedes Kind kannte – er näherte sich Gef lden, in denen sein Wissen so manches zu wünschen übrigließ.
      »Derartige Übermittlungslinien gibt es sowohl auf dieser als auch auf der ›anderen Seite‹«, sagte Pirx. Er geriet in Fahrt, denn nun segelte er auf heimischen Gewässern. »Auf dieser Seite sind es acht. Sie verbinden Luna-Hauptstation mit den Stationen Sinus Medii, Palus Somnii, Mare Imbrium …«
      »Das kannst du weglassen«, unterbrach ihn der Chef großzügig. »Auch die Hypothesen über die Entstehung des Mondes. Ich höre …«
      Pirx blinzelte. »Empfangsstörungen entstehen, wenn die Kette der Übermittlungsstationen in die Zone des Terminators gerät … Ja, wenn ein Teil der Übermittlungsstationen in die Zone des Terminators gerät … Das heißt, wenn ein Teil der Übermittlungsstationen noch im Schatten ist, während über den anderen die Sonne aufgeht …«
      »Ich weiß, was ein Terminator ist. Du brauchst es nicht zu erklären«, sagte der Chef herzlich.
      Pirx hustete, schneuzte sich. Das kann doch nicht ewig dauern … »Da eine Atmosphäre fehlt, ruf die Korpuskularstrahlung der Sonne, wenn sie die Mondscheibe beschießt … äh … Störungen der Funkwellen hervor. Diese Strahlungen verhindern gerade …« Er stockte.
      »Die Störungen stören – ganz richtig!« versetzte der Chef. »Aber worauf beruhen sie?«
      »Das ist die sekundär erregte Strahlung, der Ef ekt von No … No …«
    »No …?«
      »Nowiłski!« platzte Pirx heraus. Nun war es ihm doch eingefallen. Aber auch das genügte nicht.
      »Worauf beruht dieser Ef ekt?«
      Genau das wußte Prix nicht. Das heißt, er hatte es vergessen. Es war ihm zwar gelungen, die erworbenen Kenntnisse bis zur Schwelle des Prüfungssaales zu schleppen, so wie ein Jongleur eine Pyramide unwahrscheinlicher Gegenstände balanciert – aber das Examen war vorbei … Er begann ein verzweifeltes Gefasel über Elektronen, über erzwungene Strahlung und Resonanz, ein Gefasel, das der Chef mit einem Kopfschütteln unterbrach.
      »Nanu?« sagte der rücksichtslose Mensch. »Professor Merinus hat dir doch eine Zwei gegeben … Sollte er sich geirrt haben?«
      Der Sessel unter Pirx begann sich in einen Vulkan zu verwandeln.
      »Ich möchte dem Kollegen Merinus keine Unannehmlichkeiten bereiten. Er braucht nichts davon zu erfahren …«, Pirx atmete auf, »… aber ich werde Professor Laab bitten, daß er bei der Diplomprüfung …«
      Er unterbrach sich vieldeutig. Prix erstarrte. Nicht die Worte erschreckten ihn, sondern etwas anderes. Die Hand des Chefs begann langsam die Papiere einzusammeln, die er mit seiner Mission empfangen sollte.
      »Warum wird keine Kabelverbindung benutzt?« fragte der Chef, ohne ihn anzusehen.
      »Wegen der Kosten. Ein konzentrisches Kabel verbindet vorläuf g nur Luna-Hauptstation mit Archimedes. In den nächsten fünf Jahren ist eine Kabelnetzverbindung geplant«, sagte Pirx eifrig.
      Der Chef grif f nster das T ema auf.
      »Nun ja. Praktisch ist Mendelejew in der Nacht von der Welt abgeschnitten. Bisher verlief dort die Arbeit normal. Im vergangenen Monat meldete sich die Station nach der üblichen Funkverkehrunterbrechung nicht auf die Anrufe von Ziolkowski. Die Besatzung auf Ziolkowski rückte im Morgengrauen aus und fand die Hauptklappe geöf net vor, in der Kammer fand man einen Menschen. Die Kanadier hatten Dienst gehabt, Challiers und Savage. Savage lag in der Kammer. Er hatte eine geborstene Helmscheibe. Er war erstickt. Challiers wurde erst nach vierundzwanzig Stunden gefunden, auf dem Grunde der Schlucht unter dem Sonnentor. Er war durch einen Unfall umgekommen. Sonst herrschte Ordnung auf der Station, die Apparatur arbeitete, die Vorräte lagen unberührt da, ein Schaden konnte nicht aufgedeckt werden. Hast du darüber gelesen?«
      »Ja«, antwortete Pirx. »Aber in den Zeitungen hat doch gestanden, daß es ein Unfall gewesen sei.

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