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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Störungen mit der Ziolkowski-Station in Verbindung treten –, aber erstens hatte man dort keine Signale empfangen – auch keine entstellten –, und zweitens war die Aufnahme einer Verbindung kurz vor Eintritt der Morgendämmerung nahezu unmöglich. Um diese Zeit waren die Störungen am stärksten, und Savage wußte das genauso gut wie Challiers.
      Savage versuchte also, mit Challiers Funkverbindung aufzunehmen, und als das mißlang – Challiers lebte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr –, lief er in die Dunkelheit hinaus und begann, seinen Gefährten zu suchen.
      Vielleicht verirrte er sich, weil er über das unbegreif iche Schweigen Challiers’ erregt war, vielleicht riskierte er zuviel – er war ja der erfahrenere und geschicktere Bergsteiger –, jedenfalls stürzte er bei seiner halsbrecherischen Suche, und dabei zerbrach das Glas des Helms. Er preßte die Hand auf die Öf nung, erreichte mit letzter Kraf die Station und kletterte zur Klappe. Bevor er jedoch die Klappe schließen und Luf in die Kammer lassen konnte, war der Rest des Sauerstof s entwichen. Savage verlor das Bewußtsein, stürzte von der letzten Sprosse der Leiter und erstickte innerhalb weniger Sekunden.
      Diese Auslegung der doppelten Tragödie war für Pirx wenig überzeugend, und deshalb begann er, sich mit den charakteristischen Wesenszügen und Eigenheiten der beiden Kanadier vertraut zu machen. Sein besonderes Interesse galt Challiers, der – dem Bericht der Kommission zufolge – seinen eigenen Tod und den Tod seines Gefährten verursacht hatte. Challiers, fünfunddreißig Jahre alt, war ein bekannter Astrophysiker, aber auch ein gewandter Alpinist. Er erfreute sich bester Gesundheit – er war nie krank, er kannte keine Schwindelanfälle. Früher hatte er auf der »irdischen« Hemisphäre des Mondes gearbeitet, er war der Begründer der Akrobatischen Gymnastik, dieser besonderen Mond-Sportart, deren Adepten bei einem Absprung zehn Salti vor der Landung auf gekrümmten Bei nen vollführen – oder eine Pyramide von fünfundzwanzig Menschen auf ihren Schultern halten können! Und dieser Challiers hatte plötzlich, ohne jede Ursache, einen Schwächeanfall erlitten, hundert Schritt von der Station entfernt? Er war nicht imstande, über den breiten, leicht abschüssigen Hang zur Station zurückzukehren, aber er war kräf ig genug, in die entgegengesetzte Richtung zu klettern? Um den Teil des Weges zu erreichen, der erhalten geblieben war, mußte er nämlich Felsbrocken überwinden, die sich an dieser Stelle auf ürmten – und das bei völliger Dunkelheit!
      Dann gab es noch eine Einzelheit, die nach Pirx’ Meinung – aber nicht nur nach seiner – zu der of ziellen Version im Widerspruch stand. Auf der Station herrschte Ordnung, aber es gab einen Gegenstand, der nicht an seinem Platz war: das Klischeepäckchen in der Küche. Challiers schien nicht nur hinausgegangen zu sein, um die Klischees auszuwechseln, sondern er schien sie tatsächlich ausgewechselt zu haben. Anschließend – so überlegte Pirx – war er keineswegs in die falsche Richtung gelaufen und über den Geröllwall geklettert, sondern in die Station zurückgekehrt. Das bewiesen die Klischees. Er hatte sie auf den Küchentisch gelegt. Warum gerade dorthin? Und wo war Savage? Die Kommission behauptete, daß die belichteten Klischees, die in der Küche lagen, aus der vorherigen, der morgendlichen Exposition stammten. Einer der Wissenschaf ler habe sie zufällig auf den Tisch gelegt. Bei Challiers Leiche wurden allerdings keine Klischees gefunden. Die Kommission erklärte zu dieser Tatsache, daß Chal liers das Päckchen of enbar verloren habe, als er in die Tiefe stürzte. Sicherlich sei es in eine der tausend Spalten des Gerölls gerutscht und spurlos verschwunden.
      Pirx vermochte sich nicht des Eindrucks zu erwehren, daß die Kommission nicht die Hypothesen den Tatsachen, sondern die Tatsachen der Hypothese angepaßt hatte. Er steckte die Protokolle in die Schublade, denn er kannte sie nun auswendig. Er sagte sich – und er kleidete diesen Gedanken nicht in Worte, denn er war sich seiner Sache sicher –, daß die Lösung des Geheimnisses nicht in der Psyche der beiden Kanadier zu suchen sei.
      Einen Schwindelanfall hat es nicht gegeben …, überlegte er. Von Ohnmacht oder Geistestrübung kann genausowenig die Rede sein … Die Tragödie hat andere Ursachen – das Geheimnis ist irgendwo innerhalb oder außerhalb der Station verborgen … Pirx begann,

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