Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
gar selbst am Steuer gesessen. Und jetzt bucht sie eine Mitfahrgelegenheit – und ihr Fahrer kommt mit einem 911er. Wie geil ist das denn? Ihre Angst vor einem wilden Raser ist wie weggeblasen. Soll der junge Schnösel doch ruhig aufs Gas drücken. Mal sehen, was der Porsche so alles kann.
Schon das Einsteigen ist ein Erlebnis: Als Johanna sich in den schwarzen Ledersitz fläzen will, hat sie das Gefühl, dass sie bis zur Fahrbahn runterplumpst – so tief liegt das Auto. Das ist ja wie beim Gokart-Fahren. Dann das Aufheulen des Motors beim Anfahren. Normalerweise interessiert sich Johanna nicht sonderlich für Autos, aber das tiefe Röhren des 911ers hört sich schon geil an. Dann fährt Erik los. Er gibt gar nicht viel Gas, trotzdem wird Johanna in den Sitz gepresst. Wow, der Wagen hat definitiv Power unter der Haube.
Mit amüsiertem Gönnerblick grinst Erik, als er merkt, wie sein Porsche auf Johanna wirkt. Er kennt das. Passiert ihm jedes Mal, wenn er Leute mitnimmt. Denn kaum einer ist jemals in einem Porsche gesessen. Die Reaktionen sind immer die gleichen. Er traut sich wetten, dass Johanna ihn bald bitten wird, doch mal ordentlich Gas zu geben. »Na, bist du schon mal Porsche gefahren?«, fragt er und grinst Johanna an.
Johanna guckt uninteressiert zum Fenster raus und meint »Ja, irgendwann mal.« Was für ein Angeber. Sie verlassen den Berliner Ring und biegen auf die A9 in Richtung Leipzig. Mit läppischen 120 km/h – in einem Porsche. »Hat dir dein Papa nicht beigebracht, wie man ordentlich aufs Gas drückt?« Johanna grinst. Wollen doch mal sehen, wie der arrogante Schnösel darauf reagiert. »Tja«, grinst Erik. »Er hat’s probiert, aber sein alter Golf fährt nicht schneller als 120.« Nicht schlecht, zumindest schlagfertig. »Mal im Ernst«, fügt Erik hinzu. »Mit dem Wagen könnte ich 285 km/h fahren, das habe ich aber erst einmal kurz probiert, als ich alleine auf der Autobahn war. Ansonsten ist mir das zu gefährlich.«
Hm. Erik sieht zwar aus wie ein schnösliges Söhnchen, aber er scheint ganz vernünftig zu sein. Ein bisschen enttäuscht ist Johanna aber doch. Jetzt, wo sie einmal in einem Porsche sitzt, würde sie’s gerne krachen lassen. »Ich kann mal kurz 220 fahren, dann bekommst du ein Gefühl für das Auto«, sagt Erik, wieder mit dem blöden Grinsen, weil ihm Johannas Enttäuschung nicht entgangen ist. »Danach fahre ich maximal 170. Das ist wesentlich angenehmer.« Johanna nickt. Klingt gut, auf eine Raserei über mehrere Stunden hatte sie ohnehin keine Lust.
Erik überholt einen LKW, dann ist die Strecke frei. Er drückt aufs Gas. In ein paar Sekunden ist er auf 200 km/h, einen Augenblick später sind es schon 220. Wahnsinn, wie schnell das geht. Der Motor brummt lauter, und Johanna drückt es etwas mehr in den Sitz – sonst merkt sie keinen Unterschied. »Hmm«, sagt sie zu Erik. »Fühlt sich ja an, als würde ich mit dem Polo von meiner Mutter 120 fahren.« Der Fahrer lacht, dann nickt er. »Genau das ist der Unterschied. Bei einem Porsche merkst du die Geschwindigkeit nicht. Du meinst, du fährst 100, dabei sind es über 200.«
Sachte bremst Erik runter, danach pendelt er die Geschwindigkeit zwischen 160 und 170 km/h ein. Genau so muss eine Mitfahrgelegenheit sein, denkt sich Johanna. Zögerlich kommt die Unterhaltung in Gang, sie finden heraus, dass sie in derselben Branche arbeiten. Johanna ist freiberufliche Fernsehjournalistin, gerade entwickelt sie ein Konzept für eine Fernsehshow. Solche Sendungsprofile hat auch Erik schon erstellt, bevor er in die USA ging. Was für ein netter Zufall.
Johanna erzählt ihm von einer Idee. Sie möchte eine Castingshow für Gourmetköche auf die Beine stellen. Ähnlich wie bei Deutschland sucht den Superstar kann sich jeder bewerben, eine Jury aus Spitzenköchen bewertet dann die Kochkünste. Übrig bleibt ein Sieger, der bei einem französischen Gourmetkoch ein Jahr lang in die Lehre gehen darf. »Hey, hört sich toll an«, sagt Erik, »Wenn in Deutschland schon DSDS einschlägt wie eine Bombe, dann klappt eine Castingshow mit Köchen bestimmt auch.«
Johanna nickt erleichtert. Von ihrer Idee hatte sie bisher noch niemandem erzählt. Und Erik ist vom Fach. Wenn ihm das gefällt, warum nicht auch den Chefs einer Produktionsfirma? »Eine Sache würde ich aber noch ergänzen«, sagt Erik. »Ja?« Neugierig schaut Johanna ihn an. »Die Ausbildung bei dem Gourmetkoch ist schon sehr gut, aber ich würde dem Gewinner danach auch
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