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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauritius Much
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hört Johann zu. So möchte er auch sein, wenn er mal alt ist.
    Doch eine Sache beschäftigt ihn die ganze Fahrt über. Hat sie ihr Testament im Handschuhfach liegen oder nicht? Vorsichtig tastet sich Johann voran. »Sagen Sie, was ich mich frage …«, beginnt er. »Haben Sie Ihren Letzten Willen da drin?«, fragt er und deutet auf das Handschuhfach. Oma Müller beginnt herzhaft zu lachen. »Nein nein, so alt bin ich nun auch wieder nicht, dass ich schon ein Testament bräuchte.« Da hat sie recht, gibt Johann zu. Sie sieht zwar aus wie 70, verhält sich aber nicht so. »Aber warum haben Sie dann den Aufkleber hinten auf dem Kofferraum?« Sofort prustet Oma Müller wieder los, sie kann gar nicht zu lachen aufhören. »Ach der, wissen Sie, den hat mir mein Enkel geschenkt. Er findet nämlich, dass ich viel zu schnell Auto fahre. Er glaubt, dass mich die Raserei irgendwann ins Grab bringt!«

Ein schicker, silberner Mercedes C-Klasse hält neben Kathrin. Heraus springt ein gut aussehender Typ Ende 20. Thorsten. Klasse Auto, hübscher Mann. ›Das ist ja mal ne coole Mitfahrgelegenheit‹, freut sich Kathrin, die Mittzwanzigerin mit den langen, blonden Haaren. Sie setzt sich neben Thorsten, auf der Rückbank nimmt ein anderes Mädel Platz.
    Sofort fangen Thorsten und Kathrin an zu quatschen. Er arbeitet bei einer Bank in Frankfurt, der Mercedes ist sein Firmenwagen. Sie macht ein Praktikum bei einer Werbeagentur, war übers Wochenende bei ihren Eltern und ist auf dem Weg zurück nach Düsseldorf. Es ist ein Sonntagabend Ende November.
    Hinter Frankfurt durchquert die A3 den Taunus. Es geht immer wieder bergauf und bergab. Plötzlich beginnt es zu schneien. Erst einzelne, große Flocken, die kaum auf der Straße liegen bleiben. Dann werden die Flocken kleiner, aber der Schneefall nimmt stark zu. Die Scheibenwischerblätter schaffen es kaum, die Scheibe frei zu halten. »Oh shit«, sagt Thorsten. »Ich habe keine Winterreifen drauf.« Kathrin starrt ihn an. Der fährt einen Mercedes, hat aber keine Winterreifen?! Kathrin wird nervös.
    Es schneit immer stärker. Der Scheibenwischer nützt wenig, Thorsten sieht fast gar nichts mehr. Nur die großen, roten Rücklichter verraten ihm, dass vor ihm ein langsamerer Lkw fährt. An dem müssen sie vorbei. Thorsten bremst, aber nur ganz sachte. Trotzdem fangen die Hinterreifen an zu schliddern. Warum müssen wir auch mit einem Auto mit Heckantrieb fahren?, schießt es Kathrin durch den Kopf. Thorsten versucht, nicht mehr direkt auf die Bremse zu steigen, sondern auszunützen, dass der Motor von selbst abbremst, wenn man in einen niedrigeren Gang schaltet. Er fährt nicht mehr schneller als 50 km/h.
    Mit einem Mal ist es vollkommen ruhig im Auto. Vorhin hatten Thorsten und Kathrin noch drauflosgeplappert, doch die schlechte Sicht lässt beide verstummen. Vor ihm wird der LKW immer langsamer, es geht bergauf. Thorsten blinkt links und schert auf die Überholspur aus. Scheiße, denkt sich Kathrin. Warum muss der Typ mit Sommerreifen bei dichtestem Schneetreiben überholen?
    Der silberne Mercedes ist noch nicht ganz auf der Überholspur, da blendet von hinten ein anderes Auto auf und hupt. Es ist viel schneller und will vorbei. Thorsten versucht, den Mercedes auf die rechte Spur zurückzulenken. Doch da haben die vorausfahrenden Autos und der LKW lediglich zwei schmale Fahrrinnen in die Schneedecke gegraben. Und die sind schon spiegelglatt. Als der Mercedes die erste Fahrrinne kreuzt, kommt er ins Schleudern. Der ganze Wagen rutscht erst und dreht sich nach links.
    »Scheiße, scheiße«, brüllt das Mädchen hinter Thorsten. Kathrin ist starr vor Angst, bringt keinen Ton heraus. Der Mercedes dreht sich weiter. Schon schauen seine Scheinwerfer frontal zur Mittelleitplanke. Die Mitfahrerin schreit, der Wagen schliddert weiter. Sekundenbruchteile später kommt er zum Stehen. Der Mercedes hat sich um 180 Grad gedreht. Wie ein Geisterfahrer steht er entgegen der Fahrtrichtung. Thorsten und Kathrin schauen direkt in die Scheinwerfer der herannahenden Autos.
    Jetzt ist alles vorbei, schießt es Kathrin durch den Kopf. Die Scheinwerfer der Autos kommen immer näher. Ich sterbe. Mit 25. Im Schneesturm. Auf einer Autobahn. Keine Winterreifen. »Scheiße, scheiße, was machen wir jetzt?« Das Mädchen brüllt vor Schreck. Versteinert sitzt Thorsten hinter dem Lenkrad. Die Autos kommen immer näher. Sie hupen. Gleich kracht’s – und dann ist’s aus.
    Doch irgendwie schaffen es die

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